Freitag, 4. April 2014

Warum ist die linke Wirtschaftspolitik so erbärmlich?

Warum sieht die von den Linken verfolgte oder vorgeschlagene Wirtschaftspolitik so erbärmlich aus, fragt Simon Wren-Lewis in seinem Blog. Als eindeutiges aktuelles Beispiel deutet der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor v.a. auf Frankreich hin.

Die linke (im April 2012 gewählte) Regierung unter François Hollande hat die Gürtel-enger-schnallen-Politik fortgesetzt: Die Staatsausgaben wurden gekürzt und die Steuern erhöht.

Im Januar dieses Jahres hat Hollande dann Steuersenkungen für Unternehmen und Ausgabenkürzungen im öffentlichen Sektor angekündigt. „Wenn Ihre makroökonomischen Aussagen von Deutschlands Aussenminister als mutig gelobt werden, sollten Sie wirklich sehr besorgt sein“, fügt Wren-Lewis ironisch hinzu.

Alle Hoffnungen, dass Hollande einen Kampf gegen die harschen Sparmassnahmen (fiscal austerity) im Euro-Raum ansagen würde, sind damit endgültig verflogen.

Schlimmer ist zudem, dass Hollande öffentlich ein Loblied auf angebotsorientierte Wirtschaftspolitik gesungen hat.

Das ist nicht anti-Links, sondern viel mehr anti-Wirtschaft, so Wren-Lewis. Das sagt uns, dass es in Europa in jeder Hinsicht keine linke Politik gibt, wie Kevin O' Rourke ergänzt.

Kurzum: Wren-Lewis vertritt die Ansicht, dass das Ganze mit Ressourcen und Institutionen zu tun hat, warum die linke Wirtschaftspolitik in Europa so pathetisch ist: Guter Rat ist teuer oder kostet viel Zeit. Eine etablierte Regierung findet ihn viel einfacher als eine Opposition oder eine neue Regierung.

Paul Krugman hingegen ist der Meinung, dass es mit Very Serious People (VSP) zu tun hat. So bezeichnet Krugman die Meinungselite, die der Wirtschaftspolitik im Allgemeinen den Weg theoretisch starr und einseitig vorgibt. Es handelt sich dabei um Ansichten, die weitgehend von der Finanzindustrie verbreitet und vertreten werden.

Auch der Schwenk von Präsident Obamas von Stimulus zu Austerity ist vor diesem Hintergrund zu verstehen. Obama hat im Fox-TV einmal mit allem Nachdruck gesagt, dass das übermässige Haushaltsdefizit eine immense Gefahr (double-dip recession) darstellt.

Zu dem Zeitpunkt gab es sogar Gerüchte, wonach der Finanzminister Tim Geithner demnächst durch Jamie Dimon ersetzt würde.

Und es waren die Leute aus der Finanzindustrie, die Obama rieten, sich vor unsichtbaren Bond Vigilantes zu hüten.

Und Hollande bekommt Ratschläge von Bankers, die erzählen, dass fiskalpolitische Geradheit in Sachen Wirtschaftspolitik alles ist. Frankreich mag auf der linken Seite der USA in den meisten Punkten stehen. Es hat aber laut Krugman keine intellektuelle Infrastruktur wie die amerikanische progressive Bewegung, um der angeblichen Weisheit des Big Money zu trotzen.

Aus europäischer Sicht bietet in diesem Zusammenhang vor allem das im Jahr 2009 geschriebene Buch "Gescheitert" von Heiner Flassbeck eine besonders informative Analyse. Der ehemalige Chef-Ökonom von UNCTAD beschreibt, wie die Sozialdemokratie durch die Übernahme der herrschenden ökonomischen Lehre, die nichts anderes als simple Unternehmenslogik bietet, scheitert und sich um jede Chance und jede Perspektive bringt.

Für führende Sozialdemokraten sei jeder, der Unternehmen widerspreche, gleich ein Gegner der Wirtschaft, so Flassbeck. Das Unternehmendenken und damit auch die Unternehmenspolitik werden auf die gesamte Wirtschaft übertragen. Die einzelwirtschaftliche Logik wird der gesamtwirtschaftlichen Logik vorgezogen.






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