Die auf die Finanzkrise von 2008
folgende schwere Rezession ist in gewisser Hinsicht mit der Great Depression in den 1930er Jahren
vergleichbar, weshalb viele Ökonomen heute von Great Recession sprechen, was langanhaltende hohe Arbeitslosigkeit
und aussergewöhnlich niedrige Nominalzinsen auch nahelegen.
Wenn die Nullzinsgrenze (zero lower bound) erreicht wird, kann
die Notenbank die Geldpolitik mit konventionellen Mitteln nicht mehr weiter
lockern. Extremsituationen erfordern ausserordentliche Massnahmen.
Die führenden Notenbanken haben
daher auf unkonventionelle Instrumente wie z.B. QE-Politik (quantitative easing) zurückgreifen
müssen, um die Finanzstabilität zu gewährleisten und umfangreiche
Liquiditätshilfe zu gewähren.
Weltweit wurden neue Werkzeuge entwickelt und sog. makroprudenzielle Massnahmen getroffen.
Der Einsatz der neuen Instrumente
(wie z.B. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik durch Anleihe-Käufe am
offenen Markt) hat u.a. zu einem massiven Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary
base) geführt.
Die Anhänger der neoklassischen
Lehre wurden in den vergangenen fünf Jahren trotzdem nicht müde, mit Hinweis auf die massive Ausdehnung der Notenbank-Bilanzen einen kräftigen
Anstieg der Inflation vorauszusagen.
Geldmultiplikator
kommt zum Erliegen, wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) prallen, Graph: Morgan Stanley
Die Meinungselite lag von Anfang
an falsch. Nun argumentieren sie, dass die
Inflation nicht gestiegen sei, weil die US-Notenbank auf die Reserven
der Geschäftsbanken einen Zins (*) zahle. Die Fehlprognose sei deswegen
verzeihlich, zumal die Weltwirtschaft seit den 1930er Jahren so etwas nicht
erlebt habe. Es sei quasi eine vollkommen neuartige Situation.
Das ist auch falsch. Japan hat in den frühen 2000er Jahren
die Notenbankgeldmenge (=Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Noten im Umlauf) massiv erhöht. Und es kam nicht
zu Inflation. Ganz im Gegenteil ringt die japanische Notenbank (Bank of Japan) seither mit Deflation.
Die orthodoxe Ökonomie scheint
sich, zu weigern, den Realitätstest anzuerkennen. Die Neoklassiker haben weder
die theoretische noch die empirische Basis ihrer Behauptungen stützen können.
Andererseits hat ein Verfechter
der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik schon 1998 anhand eines einfachen IS-LM-Modells erklärt, warum die expansive
Geldpolitik nicht inflationär wirkt, wenn die Wirtschaft in einer
Liquiditätsfalle steckt.
In der Abbildung, die in einer
Analyse von Morgan Stanley gestern
vorgelegt wurde, ist es schön zu sehen, wie der Geldmultiplikator
nicht funktioniert, wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen, während die
Wirtschaft aufgrund der fehlenden Nachfrage in einer tiefen Krise steckt. Das
ist damit auch der Grund, warum es einer expansiven Fiskalpolitik bedarf, wenn
die Geldpolitik nicht mehr greift.
(*) Das Argument ist natürlich
unglaubwürdig, wenn man nicht erwartet, dass die Verzinsung der Reserven mit
0,25% über 3‘000 Mrd. USD sterilizieren kann.
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