Jürgen Stark bricht in einem wunderlichen Artikel („Doomsayers risk a self-fulling prophecy“)
in FT eine Lanze für die Niedriginflation.
Der ehemalige Chefvolkswirt (von
2006 bis 2012) und Mitglied im Direktorium der EZB schreibt, dass die niedrige
Inflation das real verfügbare Einkommen erhöhe und damit den privaten Verbrauch
fördere.
Inflationserwartungen seien gut
verankert und es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Verbraucher und
Unternehmen die Ausgaben in Erwartung von weiter fallenden Preisen hinausschieben.
Warnungen vor Deflation und Forderungen, dass die EZB etwas unternehmen soll,
seien irreführend.
Mit dieser Aussage würde Stark an
der Uni durch die Bachelor-Prüfung durchfallen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu.
Stark scheint aber davon
auszugehen, dass die Preise weniger stark steigen als das Wachstum des Einkommens.
Was aber der deutsche Ökonom vergisst, ist, dass auch das Einkommen von den Preisen
abhängt.
Die Niedriginflation mag schon
dafür sorgen, dass der Zuwachs aus dem Einkommen steigt, und zwar bei einer
bestimmten Wachstumsrate des nominalen Einkommens. Aber die Niedriginflation
verringert zugleich auch die Wachstumsrate des nominalen Einkommens, und zwar
eins zu eins.
Was darüber hinaus nicht wahr
ist, dass die Niedriginflation keine Wirkung entfalte. Niedrige Inflation
erhöht (1) die reale Last der Schulden.
Und (2) steigen die Realzinsen, wenn die nominalen Zinsen auf der
Null-Grenze (zero lower bound) liegen.
Das sind Faktoren, die nachfrage-einschränkende Auswirkungen entfalten.
Es muss (3) gesagt werden, dass
die Situation der Schuldner-Länder an der EU-Peripherie sich verschlechtert,
wenn die Niedrigzinsen lange anhalten, worauf Stark nicht eingeht.
Wenn die nominalen Zinsen nahe
Null liegen, erhöht fallende Inflation die realen Zinsen und reduziert damit
die Nachfrage. Wenn die Finanzanlagen und Verbindlichkeiten nominal denominiert
sind, erhöht ein unerwarteter Rückgang der Preise oder der Inflation den realen
Wert der Schulden, was ein Verteilungseffekt bedeutet, legt Antonio Fatas in seinem Blog dar.
Man soll also darauf achten, die
realen und nominalen Variablen nicht durcheinander zu bringen. Fallende Inflation
kann, auch wenn die Preise und Zinsen im Einklang fallen, reale Effekte
auslösen, wenn man eine reale Veränderung in Einkommen oder in relativen
Preisen falsch interpretiert.
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