Sonntag, 20. April 2014

Warum handelt die EZB nicht glaubwürdig unverantwortlich?

Die EZB ist so langweilig. Anstatt in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft die Rolle als lender of last resort zu spielen, redet sie gebetsmühlenartig von einer „verdeckten Staatsfinanzierung“, wenn es um Überlegungen in Bezug auf den Einsatz von unkonventionellen Massnahmen wie z.B. der QE-Politik (quantitative easing) geht.

Bereits der EU-Rettungsschirm ESM wurde von den Anhängern der klassischen Lehre als „monetäre Haushaltsfinanzierung“ zurückgewiesen. Während die Inflation im Euro-Raum weiter fällt, wird ein potenzielles Anleihekaufprogramm durch die EZB am offenen Markt weiterhin als Umgehung des Verbots der Staatsfinanzierung bezeichnet.

Laut einem aktuellen Bericht von Spiegel denkt die EZB nun endlich darüber nach, gegen sinkende Preise im Euro-Raum etwas zu unternehmen. Anleihekäufe gelten aber offenbar immer noch als „ultima ratio“.

Deshalb ist vorerst eine negative Verzinsung der Einlagen der Banken bei der EZB vorstellbar. Falls die EZB Staatsanleihen kauft, soll sie sich auf Anleihen mit bester Bonität fokussieren, so die Forderung der Politik.

Die EZB scheint damit dem Verdacht entgegenwirken zu wollen, dass sie eine Schuldenfinanzierung der EU-Peripherie (Vergemeinschaftung der Schulden) betreibt.



Bilanzsumme der führenden Zentralbanken seit 2007, Graph: Finanz und Wirtschaft


Das heisst konkret, dass die EZB im Falle eines Falles deutsche Staatsanleihen kaufen würde. In den USA hat die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE-Policy) durch die Fed zu einem Rückgang der Laufzeitprämie der US-Staatsanleihen geführt.

Das ist sicherlich auch im Euro-Raum zu erwarten, falls die EZB sich ein Herz fassen würde, Staatsanleihen in EUR zu kaufen. Die German Bunds weisen aber bereits seit einiger Zeit negative Laufzeitprämien (term premium) für 3, 5 und 10 Jahre Laufzeit auf. Der Spielraum in Bezug auf Deutschlands Staatsanleihen sieht also nicht allzu gross aus. Die Renditen sind bereits aussergewöhnlich niedrig.




Laufzeitprämie (term premium) für deutsche Staatsanleihen, Graph: Morgan Stanley

Die Frage ist daher, welche Auswirkungen ein Anleihekaufprogramm der EZB mit aller denkbaren politischen Restriktionen im Euro-Raum entfalten könnte, während die nominalen Zinsen nahe Null Prozent liegen und die private Nachfrage so schwach ist?

Eine mögliche Antwort ist durch die Inflationserwartungen. Die Inflationserwartungen sind aber gemessen an Inflationsswap sehr niedrig. Die Future Märkte implizieren einen Anstieg der Inflation über 2% erst in 10 Jahren.

Die Vergrösserung der Notenbankgeldmenge (monetary base) hat in anderen Ländern wie die USA, Grossbritannien und der Schweiz, die QE-Politik umsetzten, nicht zu einem Anstieg der breiten Geldaggregaten geführt.  Die privaten Haushalte haben nicht angefangen, mehr Geld auszugeben.

Zur Erinnerung: Die EZB führt die Bilanzsumme seit einer geraumer Zeit zurück, wie in der Abbildung deutlich zu erkennen ist.

Die EZB müsste daher ein gewisses Mass an glaubwürdiger Unverantwortlichkeit an den Tag legen, um den Deflationsdruck zu eliminieren. Die Begünstigung einer höheren Inflationserwartung würde sich lohnen, was v.a den Anpassungsprozess in Bezug auf die Preise und Kosten an der EU-Peripherie erleichtern würde. Das Inflationsziel müsste vorübergehend auf z.B. 4% erhöht werden. Ist die EZB aber einem solchen aussergewöhnlichen Schritt in einer Extremsituation bereit?




Future Märkte und Zinsen, Graph: Morgan Stanley

PS:

Term Premium

Die Laufzeitprämie bringt den Renditeunterschied zwischen langfristigen und kurzfristigen Anleihen zum Ausdruck. Es handelt sich dabei um einen Massstab für die von den Investoren erwartete Einschätzung des Zinsrisikos. Die Laufzeitprämie wird geschätzt.

Eine entscheidende Komponente der Laufzeitprämie ist die Erwartungen der Investoren im Hinblick auf den Verlauf der kurzfristigen Zinsen im Vergleich zum Verlauf der Zinsen am langen Ende der Ertragskurve (yield curve).

Ein Beispiel

Wenn z.B. die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit 5,5% beträgt und sich die erwartete Rendite der US-Staatspapiere mit einer Laufzeit von einem Jahr in den nächsten 10 Jahren auf 5% beläuft, dann beträgt die Laufzeitprämie (term premium) für Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit 0,5% (d.h. 50 Basispunkte).



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