Schweden macht in diesen Tagen
die Bekanntschaft mit Deflation.
Die Kerninflation ist niedriger als im Euro-Raum.
Wie kommt es? Schliesslich hat Schweden
die Finanzkrise und die schweren Folgen daraus relativ gut überstanden.
Die parlamentarische Monarchie in
Nordeuropa gehört nicht dem Euro-Raum an und ist daher nicht Restriktionen im
Zusammenhang mit einer Währungsunion ausgesetzt. Schweden ist Mitglied der EU,
hat aber seine eigene Landeswährung wie Grossbritannien.
Trotzdem ist Stockholm in die
Deflationsfalle gerutscht. Wie ist es möglich?
Die schwedische Zentralbank (Riksbank) hat trotz der niedrigen Inflation
und dem schwachen Verlauf der Wirtschaft die geldpolitischen Zügel angezogen,
mit der Begründung, dass die Inflation sonst ansteigen würde. Die Verfechter
der tight-money-Politik haben die
Oberhand behalten.
Lars Svensson hatte die Riksbank mehrmals davor gewarnt, die Zinsen frühzeitig
zu erhöhen. Nun ist Schweden das erste Land in Nordeuropa, welches sich ernsthafte Probleme eingehandelt
hat. Der ehemalige Wirtschaftsprofessor
an der Princeton University legt der
Riksbank deshalb nahe, eine „gross angelegte QE-Politik“ vorzubereiten.
Schweden in Deflation, Graph: Statistics Schweden (SCB)
Die privaten Haushalte in
Schweden sind hoch verschuldet: 170% des verfügbaren Einkommens. Deflation
erhöht die reale Last der Schulden. Es ist daher ironisch, wie Paul Krugman in seinem Blog zum Ausdruck
bringt, sich zu vergegenwärtigen, dass die Riksbank versucht hat, die
Zinserhöhung mit dem Hinweis auf die hoch verschuldeten Konsumenten zu
rechtfertigen.
Nun räumt die schwedische
Zentralbank in ihrem aktuellen geldpolitischen Bericht
ein, dass etwas Grundsätzliches schief gelaufen ist.
Welche Lehren sind aus der
fatalen Wende der schwedischen Geldpolitik zu ziehen?
Es ist die Macht des
Sado-Monetarismus, wie Krugman es formuliert, die sich wider besseren
Wissens durchgesetzt hat, obwohl das ökonomische Lehrbuch sagt, dass es ein
falscher Zeitpunkt wäre, die Zinsen zu erhöhen, während die Arbeitslosigkeit auf
einem hohen Niveau verharrt und die niedrige Inflation anhält.
Die schwedische Erfahrung
beleuchtet zugleich eine historische Kontroverse über die Geldpolitik in den
USA. Die Fed-Kritiker behaupten immer wieder, dass die Fed Schuld sei, was den bubble-bust-Zyklus in der US-Wirtschaft
betreffe. Die US-Notenbank habe die Zinsen „zu lange zu niedrig“ gehalten.
Die Fed befand sich 2003-2004 in
einer ähnlichen Situation wie die Riksbank. Die Arbeitslosigkeit war hoch und
die Inflation niedrig. Die Fed hat dem politischen Druck aber nicht nachgegeben
und die eigene Linie fortgesetzt. Die US-Wirtschaft ist damit von der Deflation
verschont geblieben.
Dasselbe gilt im Grunde genommen
auch für die Schweiz. Die Schweiz ist nicht in der EU und hat eigene
Landeswährung. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wurde im Sog der
Finanzkrise ständig aufgefordert, den Mindestkurs aufzugeben. Die Geldmenge sei zu hoch.
Langfristig drohe Inflation.
Die konservativen Kräfte haben
eine billige Kampagne gegen die SNB geführt. Die Kompetenz des SNB-Direktoriums
wurde in Frage gestellt. Die SNB ist aber prinzipientreu und unbeugsam
geblieben und hat nach dem Lehrbuch gehandelt. Und sie lag damit bisher genau
richtig.
Hätte sie SNB die Geldpolitik auf
die Linie von Goldbugs umgeschwenkt, hätte sie die Preisstabilität gefährdet
und der konjunkturellen Entwicklung nicht Rechnung tragen können. Fazit: Die
Schweiz hat Schwedens Fehler nicht gemacht. Und es ist das Verdienst der standfesten SNB, die
die orthodoxe Ökonomie widerlegt hat.
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