Dienstag, 1. März 2016

Negative Renditen und Mythen der Krise

Japan hat am Dienstag zum ersten Mal eine Staatsanleihe mit 10 Jahren Laufzeit mit einer Negativ-Rendite verkauft: -0,024%.

Auf der Versteigerung, wo das Verhältnis der Gebote zum Angebot mit mehr als das 3-fache auffiel, wurden 19,4 Mrd. USD (2'200 Mrd. JPY) zugeteilt.

Die Kommentare meinen, dass es sich dabei um eine Deckung von Short-Positionen (in Erwartung von Negativ-Renditen) handelt, da in erster Linie Händler und Spekulanten an der Auktion teilgenommen hätten.

Interessant ist aber die Beobachtung, dass Japan mit einer Verschuldung im Verhältnis zum BIP von 250% (debt-to-GDP ratio) überhaupt eine Staatsanleihe mit Negativ-Rendite verkaufen kann.

Die konservativen Anhänger der neoklassischen Lehre erzählen uns zumindest seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 tagein tagaus, dass die Confidence Fairy (Vertrauen Fee) die Regierungen, die ihre Haushaltsdefizite abbauen, durch die Ankurbelung des privaten Verbrauchs belohnen würde.

Sonst würden die sog. Bond Vigilantes solche Regierungen, die mit hohen Haushaltsdefiziten arbeiten, bestrafen, sodass die Renditen durch die Decke schiessen würden.



Negativ-Rendite auf der Versteigerung von japanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: FT

Der Versuch, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft durch Sparpolitik einen Aufschwung herbeizuführen, ist aber kläglich gescheitert, was ohnehin von Anfang an klar war. Der Euro-Raum kann ein Lied davon singen.



Japans Rendite-Kurve (yield curve) wird flacher, Graph: Bloomberg

Die europäische Krise war nicht durch eine verschwenderische Haushaltspolitik verursacht worden. Spanien beispielsweise hatte am Vorabend der Krise einen Überschusss im Haushalt.

Die europäischen Entscheidungsträger diktierten jedoch aus ideologischen Gründen Ausgabenkürzungen, um eine Austeritätspolitik durchzusetzen. Das erklärte Ziel war, durch sparsame Haushaltsführung das Vertrauen der Marktteilnehmer (v.a. von Unternehmen) zu gewinnen, um via erhöhte Investitionen den Konsum zu animieren.

Das Ergebnis liegt nun auf der Hand: hohe Arbeitslosigkeit, Niedriginflation, Negativ-Renditen, wachsende Ungleichheit und soziale Spaltung der Gesellschaft.



Japan, die Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit sinkt auf der Auktion von heute unter null, Graph: Bloomberg

Moral der Geschichte: Austeritätspolitik funktioniert in einem Abschwung nicht. Das einzelwirtschaftliche Denken für die Gesamtheit ist falsch („Paradox of thrift“).



PS: Die Preissteigerung in der Eurozone ist im Februar erstmal seit September 2015 wieder in den Minusbereich gefallen: -0,2%.




Der Wert der Staatsanleihen mit einer negativen Rendite weltweit beläuft sich derzeit nach Angaben von JPMorgan auf rund 5'900 Mrd. EUR, Graph: FT







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