Donnerstag, 17. März 2016

Balanced Budget als Verfassungszusatz

Die Fed hat gestern mitgeteilt, dass sie sich Sorgen um die Aussichten für die Weltwirtschaft und die globalen Finanzmärkte macht. Nach der zweitätigen Sitzung hat die US-Notenbank die eigene Zinsprognose zurückgeschraubt.

Noch im Dezember hatte Janet Yellen, Fed-Präsidentin vier Zinserhöhungen bis Ende 2016 in Aussicht gestellt. Nun signalisiert sie stattdessen nur noch zwei Erhöhungen. Am Kurs der Geldpolitik wird also nichts geändert. Der mildere Ton (dovish) von Yellen war allerdings nicht zu überhöhen.

Trotzdem rückt in den USA die krude Idee eines ausgeglichenen Haushalts als Verfassungszusatz plötzlich wieder ins Zentrum der politischen Tagesordnung.

Einige namhafte US-Ökonomen haben gestern in einem lesenswerten Brief an die Politiker unterstrichen, dass der geplante Verfassungszusatz („a balanced budget amendment“) eine „sehr unsolide Politik“ wäre, die auf der Wirtschaft lasten würde.

Die Unterzeichner des Briefs an den US-Kongress heben hervor, dass in einer Rezession Steuereinnahmen fallen und manche Ausgaben (wie z.B. Arbeitslosengeld) steigen. Solche (automatischen) Stabilisatoren würden zwar das Haushaltsdefizit erhöhen, aber zugleich einen Rückgang des Einkommens nach Steuern und die Abnahme der Kaufkraft begrenzen.


Ein ausgeglichener Haushalt als Verfassungszusatz würde die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand erschweren bzw. verhindern, Investitionen in die Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung, Umweltschutz und andere wichtige Bereiche zu tätigen.

Beliebige Deckelung der staatlichen Ausgaben (wie einige der Änderungsanträge es fordern) würde den Verfassungszusatz sogar noch problematischer machen, halten die Ökonomen fest.

Die Unterzeichner sind u.a. Nobelpreisträger Peter Diamond, Eric Maskin, Christopher Sims, Robert Solow, Alan Blinder, der ehemalige Fed-Vizepräsident.

Bemerkenswert ist, dass auf dieser Seite des Atlantiks die Verfechter der Austerität sich selbst feiern (*), nicht anerkennen zu wollen, dass die Geldpolitik an der Nullzins-Grenze (zero lower bound) an Zugkraft verliert und die Unterstützung durch die Fiskalpolitik notwendig wird, um der anhaltenden Stagnation endlich Stirn zu bieten.

Die Zentralbanken in den fortentwickelten Volkswirtschaften halten die Zinsen seit beinahe acht Jahren nahe Null. Im Rahmen der unkonventionellen Geldpolitik experimentieren sie inzwischen mit QE (quantitative easing) und sogar Negativzinsen. Es ist aber eine Tatsache, dass die Geldpolitik indes ausgelaugt ist.

Das Problem der mangelhaften Nachfrage lässt sich mit gelockerten monetären Bedingungen nicht (mehr) beheben. Erforderlich sind erhöhte Staatsausgaben, wie Barry Eichengreen in seiner aktuellen Kolumne in Project Syndicate („Confronting the Fiscal Bogeyman“) bekräftigt.

Die ideologischen und politischen Vorurteile über den Einsatz der Fiskalpolitik als Teil einer umfassenden Wirtschaftspolitik scheinen tief verwurzelt. Wenn eine längere Zeit des gedämpften Wachstums nach einer schweren Krise nicht der richtige Moment ist, sich der Herausforderung zu stellen, wann ist es dann?, so der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.




(*)

Wie am Beispiel der „schwarze Null“-Politik von Wolfgang Schäuble, dem deutschen Finanzminister deutlich zu sehen ist.





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