Montag, 22. Juli 2013

Detroit: Der neue Fall Griechenland?

Die Autostadt Detroit hat in den USA Konkurs angemeldet.

Paul Krugman macht sich  in seiner lesenswerten Kolumne („Detroit, the New Greece“) am Montag in NYTimes Gedanken über die voraussichtlichen Auswirkungen auf den politischen Diskurs auf beiden Seiten des Atlantiks. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor erwartet, dass einige Beobachter nun wieder gern überall Griechenland erkennen würden.

Worum geht es? Wenn man ein paar Jahre zurück denkt, versteht man, was Krugman damit meint. Griechenland war in der Tat ein besonderer Fall, nicht geeignet als irgendwelche Lehre für die breitere Wirtschaftspolitik. Dennoch wurde der politische Diskurs in der westlichen Welt für eine Weile völlig „hellenisiert“. Alles war Griechenland. Oder alles stand kurz davor, zu einem Fall wie Griechenland zu werden. Die intellektuell falsche Abzweigung hat laut Krugman viel Schaden im Hinblick auf die Erholung der Wirtschaft angerichtet.

Nun dürften die Defizit-Schimpfer sich auf den Plan gerufen fühlen. Der Insolvenzfall von Detroit hat nichts mit einer verschwenderischen  Haushaltspolitik zu tun. Detroit hatte laut Krugman (1) eine schlechte Regierungsführung, und (2) die ganze Stadt war einfach ein unschuldiges Opfer der Marktkräfte.

Der Insolvenzfall der Heimatstadt der amerikanischen Autoindustrie scheint durch politische und soziale Dysfunktion verschlimmert, argumentiert Krugman weiter.


„Rostgürtel“ (Rust Belt) Pittsburgh (blaue Kurve) versus Detroit (rote Kurve): Beschäftigte ausserhalb der Landwirtschaft (Rust Belt: die älteste und ehemals grösste Industrieregion der USA), Graph: Prof. Paul Krugman

Seiner Meinung nach ist es jetzt Zeit, darüber zu diskutieren, wie die Städte den ökonomischen Übergang bewerkstelligen können, wenn ihre traditionelle Quellen der Wettbewerbsvorteile dahin schmelzen. Jetzt müsse man sich der Verpflichtungen als eine Nation bewusst werden, wie anderen Bürgern, die das Pech hatten, am falschen Ort zu falscher Zeit zu leben und zu arbeiten, so der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008), weil Verfall passiert, und einige regionale Volkswirtschaften am Schluss vielleicht sogar drastisch schrumpfen, egal was man macht.

Das Wichtigste ist, zu verhindern, dass die Diskussion aus dem Rahmen fällt, d.h. im Stile der Griechenland-Debatte entführt wird. Es gibt nämlich einflussreiche Leute da draussen, die glauben, dass Detroit den Niedergang dem verantwortungslosen Umgang mit dem Haushalt oder den gierigen Angestellten im öffentlichen Dienst verschuldet. Es ist aber nicht so, hält Krugman als Fazit fest. Zum grössten Teil handelt es sich dabei um Dinge, die jetzt und dann in jeder sich ständig verändernden Volkswirtschaft geschehen.

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