Sonntag, 7. Juli 2013

Austerität funktioniert nicht, wenn das Dach undicht ist

“Austerity Fatigue” ist das Wort der Woche in Europa. Denkt die EU über eine Änderung der Haushaltspolitik nach? Während über eine Entspannung des harschen Kurses der Austeritätspolitik Überlegungen angestellt werden, berichtet Robert Frank in einem lesenswerten Artikel („Austerity Won’t Work if the Roof is Leaking“) in NYTimes von seinem einwöchigen Aufenthalt in Berlin.

Die ganze Stadt scheint sich im Bau befinden, bemerkt der an der Cornell University, Johnson Graduate School of Management lehrende Wirtschaftsprofessor. In jeder Richtung dominieren Kräne und andere schwere Ausrüstung die Landschaft. Obwohl viele Projekte im privaten Sektor laufen, werden unzählige andere Projekte einschliesslich von Brücken und Autobahn-Reparaturen, neuen U-Bahn-Stationen und anderer Infrastruktur durch die Steuerzahler finanziert.

Aber Moment mal! War es nicht Deutschland die ganze Zeit der entscheidende Befürworter von Sparmassnahmen nach der Finanzkrise? Ja, aber sie verstehen auch zwischen Konsum und Investitionen zu unterscheiden, legt Frank dar. Durch die Kreditaufnahme haben sie Investitionen getätigt, die mit dem in Zukunft anfallenden Nutzen die Kosten bei weitem überwiegen werden. Es gibt nichts Tollkühnes darüber.

Die Deutschen haben sich in der Debatte über die Stimulus-Politik nicht festgefahren. Und sie bezeichnen ihre Investitionen in Infrastruktur nicht explizit als Stimulus. Aber das hindert sie nicht daran, ihre Strategie mit bemerkenswerten Wirksamkeit durch die Beschäftigung von Menschen durchzusetzen, argumentiert Frank weiter.

Es ist lachhaft, dass die Befürworter der Austeritätspolitik fordern, die Reparaturen an der Infrastruktur zu verschieben, bis die Staatshaushalte ins Gleichgewicht kommen. Würden sie aber einer Familie mit Schulden auch raten, die Festsetzung eines undichten Dachs zu verschieben? Wegen der Verzögerung würde nicht nur die Reparatur teuer zu stehen kommen, sondern auch der Wasserschaden inzwischen enorm steigen. Es ist dieselbe Logik für die Infrastruktur.

Die Vertreter der Austerität, die praktisch ständig falsch lagen, werden wahrscheinlich ihre Meinung über die Stimulus-Politik nicht ändern. Aber die beste verfügbare Option ist soweit, die zerfetzte Infrastruktur wieder aufzubauen, und zwar zu Ausverkaufpreisen (nach einem Brandschaden). Wenn die Anhänger der Austerität damit nicht einverstanden sind, dann sollen sie es in einfachem Englisch erklären, fasst Frank als Fazit zusammen.

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