Donnerstag, 25. Juli 2013

Warum redet die EZB so gern über die Fiskalpolitik?

Ben Bernanke hat vergangene Woche bei der Vorlage seines Rechenschaftsberichts (Semiannual Monetary Policy Report) vor dem US-Repräsentantenhaus u.a. darauf hingewiesen, dass die restriktive Fiskalpolitik auf dem Wirtschaftswachstum laste, und zwar mehr als derzeit erwartet.

Die Debatte über andere fiskalpolitsche Fragen wie z.B. Schuldengrenze (debt ceiling) könnte die wirtschaftliche Erholung verhindern, hält US-Notenbankpräsident fest.

Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wie viel die Notenbanker sich über die Fiskalpolitik äussern sollen. Eine Antwort lautet: überhaupt nicht. Da fiskalpolitische Massnahmen Auswirkungen auf die Geldpolitik entfalten können, ist es schwierig, sich lange in Schweigen zu hüllen. Warum sollen im Übrigen wichtige Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten werden?

Es liegt auf der Hand, dass die Austeritätspolitik, wenn die nominalen Zinsen nahe null (zero lower bound) liegen, die Arbeit der Geldpolitik erschweren, wie Simon Wren-Lewis in seinem Blog hervorhebt.  Wenn ein Notenbanker dies vor der Öffentlichkeit klar darstellt, kann er sich davor schützen, wenn später etwas schief geht, Vorwürfen ausgesetzt zu werden.

Es sollte also kein Tabu für die Zentralbanker geben, über die Fiskalpolitik zu reden, wenn ihre Fähigkeit, die Arbeit zu tun, beeinträchtigt wird, wie der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht.



Kommunikation über die Fiskalpolitik, Graph: ECB in: “Central Bank Communication on Fiscal Policy”, Working Paper Series N0 1477, Sept 2012


Die politischen Entscheidungsträger in der EZB reden besonders gern über Fiskalpolitik und Strukturreformen. Hier ist ein aktuelles Beispiel, wie die EZB in einem Working Paper (“central bank communication on fiscal policy“) bestätigt, dass sie über die Fiskalpolitik intensiv kommuniziert, sowohl im positiven als auch im normativen Sinne.
Andere Zentralbanken beziehen sich auf die Fiskalpolitik i.d.R. dann, wenn es um die Beschreibung von makroökonomischen Entwicklungen geht, als Input für die eigene Prognosen oder wenn es um die Verwendung von staatlichen Schuldtiteln in geldpolitischen Operationen geht.

Warum ist die EZB ein Teil der Troika? Ist sie hineingezogen worden oder hat sie sich einladen lassen?, wie Carl Whelan fragt.

Während Fed-Chef Bernanke von einer übermässig restriktiven Fiskalpolitik warnt, fordert die EZB von den europäischen Regierungen Tag ein Tag aus, die Fiskalpolitik restriktiver zu gestalten. Die EZB hat entweder eine völlig andere Sicht über die makroökonomische Entwicklung oder sie glaubt an expansionary austerity („expansive Sparpolitik“). Oder es gibt einen anderen Grund: fiscal dominance, wie Wren-Lewis betont. Aber die EZB braucht weniger Angst vor fiscal dominance zu haben als jede andere Zentralbank auf der Welt. Die Abneigung der EZB, als lender of last resort zu agieren, ist ein offenes Geheimnis. Auch das OMT-Programm wurde erst zwei Jahre nach dem Ausbruch der Eurokrise nolens volens vorgestellt. Die EZB ist ziemlich einzigartig im Hinblick auf die Wahrnehmung ihres Mandats. Die Entscheidungsträger der EZB nehmen zu wirtschaftspolitischen Fragen hemmungslos Stellung, auch wenn die Geldpolitik davon nicht betroffen (oder irgendwie beeinträchtigt) ist.


PS:

Ben Bernanke in “Semiannual Monetary Policy Report to the Congress”, July 17, 2013:


“The risks remain that tight federal fiscal policy will restrain economic growth over the next few quarters by more than we currently expect, or that the debate concerning other fiscal policy issues, such as the status of the debt ceiling, will evolve in a way that could hamper the recovery”.

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