Freitag, 21. September 2012

QE und Stock View


Abgesehen davon, was das inzwischen berühmt-berüchtigte Video über Mitt Romneys Charakter aussagt, ist es schockierend, zu erfahren, wie uninformiert der Kandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentschaftswahl 2012 zu sein scheint.

Die Prozentzahl 47% war ohnehin eine Art der Sache, was man in Yahoo-Foren gesehen und im redaktionellen Teil von WSJ gelesen hat, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Wie Kevin Drum in Mother Jones berichtet, glaubt Romney daran, dass die Fed ¾ der US-Treasury Bonds aufkauft. Und dass die Zinsen durch die Decke schiessen würden, wenn die Fed damit aufhören würde, Staatspapiere zu kaufen. Das Anleihe-Kaufprogramm (QE) der Fed sei daher zum Scheitern verurteilt, behauptet Romney.

Kauft die Fed aber tatsächlich drei Viertel der Schuldtitel, die in den USA ausgegeben werden, auf? Krugman vergleicht dazu zwei Datenreihen: der Anstieg im Wert der von der Öffentlichkeit gehaltenden Staatspapiere (was auch die Fed einschliesst) und der Anstieg der Bestände der Fed. Die Abbildung zeigt den Verlauf der beiden Grössen.


US-Staatsanleihen, Graph: Prof. Paul Krugman

Die rote Kurve: die Schuldtitel, die von der Öffentlichkeit gehalten werden und die blaue Kurve:der aktuelle Nennwert der Bestände der Fed an US-Treasury Bonds und Bills.

Es gab einen Zeitraum, wo die Fed einen grossen Anteil der neu begebenen Staatspapiere gekauft hat. Aber es hat nicht lange angehalten. Viele Menschen glaubten, dass damit ganz schreckliche Sachen passieren würden, wenn die Fed aufhören würde, Schuldtitel der öffentlichen Hand zu kaufen. Dazu zählt auch Bill Gross. Und was ist geschehen? All diese Leute, die so dachten, haben viel Geld verloren, weil die Zinsen, nachdem der Ankauf von Anleihen (QE) durch die Fed einmal zu Ende gebracht worden ist, nicht gestiegen, sondern gesunken sind.

Es ist aber nicht entscheidend. Was entscheidend ist, dass sich eine Art urbane Legende entwickelt hat, dass die einzige Sache, die die Zinsen niedrig gehalten hat, die Fed gewesen sei, schildert Krugman. Diese Legende hat sich durch Begebenheiten als falsch erwiesen. Aber Romney glaubt immer noch daran. Warum glaubt er daran? Romney ist ein Präsidentschaftskandidat und er hat Mitarbeiter, darunter einige prominente Ökonomen. Wenn er irgenwo etwas hört, angeblich von einer richtigen Person, dann glaubt er daran, ohne es für notwendig zu halten, die Fakten zu überprüfen.

Krugman verweist zu Recht auf die Unterscheidung zwischen Fluss- und Bestandsgrössen. Auch Fed-Chef Ben Bernanke vertritt die Auffassung von Bestandsgrösse (kurz: „stock view“).

Es kommt auf den Wertpapierbestand der US-Notenbank an. Die Fed legt die Erlöse aus den fälligen Wertpapieren, die sie gekauft hat, wieder in neue Wertpapiere an. Die Flussgrösse spielt dabei keine Rolle, um die Zinsen weiter nach unten zu drucken. Daher ist es nicht korrekt, anzunehmen, dass die Renditen wieder stark ansteigen würden, wenn die Fed das Anleihe-Ankaufprogramm auslaufen liesse.

Die theoretische Grundlage ist das Stock Equilibrium Rahmenwerk von Tobin. Investoren treffen demnach eine Portfolio-Auswahl, wo sie das Vermögen unter Anleihen, Aktien usw. aufteilen. Die Preise von Vermögenswerten steigen und fallen, einschliesslich des berühmten „q“, um die Portfolio-Auswahl mit den aktuellen Vermögenswerten in Übereinstimmung zu bringen. Die Asset-Käufe sind daher entscheidend, weil sie mit der Zeit die Bestände an verfügbaren Aktiven ändern.

Wenn die Fed beispielsweise langlaufende Staatsanleihen (QE) kauft, nimmt sie damit einen  Teil der Anleihen aus dem Markt, was dazu führt, dass die Preise dieser Anleihen ansteigen bzw. die Renditen dementsprechend fallen. Die Flussgrösse (d.h. die Höhe der Käufe) ist dabei nur zu einem gewissen Mass entscheidend, dass sie auf die erwarteten Erträge in Zukunf Einfluss nimmt.


Bestände der Fed an langlaufenden Staatsanleihen, Graph: Prof. Paul Krugman

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