Donnerstag, 6. September 2012

US-Staatsverschuldung über 16 Billionen Dollar


John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses beklagt, dass die Staatsverschuldung die 16 Billionen-$-Schwelle überschritten hat, und dass die Verschuldung seit Obamas Amtsantritt um 5 Billionen $ zugenommen hat.

Boehner stellt zwei Behauptungen auf: (1) die Verschuldung ist das Ergebnis der Wirtschaftspolitik Obamas, und (2) die Verschuldung lastet auf dem Wirtschaftswachstum.

Ad 1) Es ist wahr, dass die Staatsverschuldung gestiegen ist. Obamas Politik hat jedoch rund 1‘440 Mrd. $ dazu beigetragen, und die Hälfte davon entfällt auf das Konjunkturprogramm (stimulus), bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („National debt passes $16 trillion: Should you worry?“) in CBS Money Watch.

Die Steuersenkungen, Kriege und andere politische Massnahmen, bevor Obama das Amt übernahm, haben im Gegensatz im Haushalt eine Lücke von 5‘000 Mrd. $ geöffnet. Das heisst mehr als dreimal so viel. Wenn es eine Schuldzuweisung geben soll, dann geht ein guter Anteil auf die Kappe von Präsident Bush.

Wie kann es aber sein, dass Obamas Wirtschaftspolitik 1‘440 Mrd. $ dazu beiträgt, obwohl die Verschuldung seit seinem Amtsantritt um rund 5‘000 Mrd. $ geklettert ist? Die Antwort ist die Rezession. Während einer Rezession fallen die Einnahmen der öffentlichen Hand, weil Einkommen fallen und die Ausgaben für bestehende Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Essensmarken steigen. Das Ergebnis ist ein höheres Haushaltsdefizit. Obama hat aber die Rezession nicht verursacht. Die Rezession war bereits auf dem Weg, als Obama das Amt antrat. Präsident kann also dafür nicht verantwortlich gemacht werden, dass die Staatsverschuldung gestiegen ist, legt Thoma dar.


Abschwung und Vermächtnis der Wirtschaftspolitik von Bush, Graph: CBPP, Center on Budget and Policy Priorities


Ad 2) Die 1’440 Mrd. $ Schulden, die Obamas Wirtschaftspolitik dazu beigetragen hat, beinträchtigt die Erholung der Wirtschaft. Es ist genau das Gegenteil richtig, hebt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Das Stimulus-Paket hat nicht aus der Krise geführt, weil die Probleme viel zu gross gewesen sind. Aber das Konjunkturprogramm hat verhindert, dass die Dinge sich verschlimmert haben.

Es bedeutet nicht, dass die Verschuldung harmlos ist. Die grösste Gefahr ist, wenn die Verschuldung zunimmt, dass die Zinsen steigen und Investitionen zurückgehen und das Wirtschaftswachstum beinträchtigt wird. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie es passieren kann. (i) wenn der Staat versucht, einen Anstieg der Verschuldung durch die Kreditaufnahme zu finanzieren. Die erhöhte Nachfrage nach Darlehen würde den Preis von Darlehen, d.h. die Zinssätze höher treiben.

Aber wenn die Produktionsfaktoren in einer Volkswirtschaft nicht ausgelastet sind, wenn also eine negative Produktionslücke (output gap) vorherrscht, wo Banken und Unternehmen Geld aufstapeln, gibt es wenig, wenn überhaupt, einen Druck auf die Zinssätze, d.h. den Preis von Darlehen, wenn der Staat Kredit aufnimmt, um die Schulden zu finanzieren. Das heisst, dass sich, anders als bei Vollbeschäftigung, aus Deficit Spending netto positive Effekte ergeben, erläutert Thoma.

(ii) Die zweite Möglichkeit, dass höhere Schulden die Zinsen höher treiben, ist, wenn die Verschuldung einen kritischen Grenzwert überschreitet und die Kreditgeber, was die Rückzahlung der Kredite betrifft, nervös werden. Derzeit gibt es aber keine Anzeichen, dass die Menschen, die an die USA Geld leihen (d.h. US-Staatsanleihen kaufen) sich Sorgen über die Zahlungsfähigkeit der USA machen, legt Thoma dar.

Fazit: Sprecher Boehners Warnung vor steigender Verschuldung ist auf lange Sicht richtig. Das Kostenproblem im Gesundheitswesen muss gelöst werden, um einen weiteren Anstieg der Schulden auf riskante Höhen zu vermeiden. Aber auf kürzere Sicht, wie in der Gegenwart, sind die Bedenken falsch, da die gesamtwirtschaftlichen Produktionsfaktoren nach wie vor unter Vollbeschäftigung verbleiben. Deficit Spending belastet die Wirtschaft nicht, solange die Schulden die kritische Schwelle nicht übersteigen, wo die Investoren sich um die  Zahlungsunfähigkeit (default) sorgen.

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