Samstag, 15. September 2012

Einfache Regulierung bedeutet grössere Stabilität


Seit der Finanzkrise findet eine Debatte darüber statt, was das richtige Modell für die Regulierung der Finanzmärkte ist. Während die einen behaupten, dass das Finanzwesen kompliziert geworden ist, und die Regulierung mit komplizierten Richtlinien darauf reagieren muss, vertreten die anderen die Ansicht, dass es klare und wirksame Methoden gibt, um die Regulierung zu vereinfachen.

Der Schlagabtausch setzt sich inzwischen unerbittlich fort. James Kwak hält im Blog The Baseline Scenario fest, dass die Finanzmarktregulierung in den vergangenen Jahrzehnten sagenhaft komplex geworden ist. Kwak verweist vor diesem Hintergrund auf die unterdessen viel zitierte Analyse („The dog and the frisbee“) von Andy Haldane, dem Executive-Direktor der britischen Zentralbank (Boe) für Finanzmarktstabilität. Seit es Basel II gibt, dürfen Banken ihre eigenen Risikomangementmodelle für die Berechnung von „risk weighted assets“ verwenden. RWA bezeichnet die Summer aller Aktiven, multipliziert mit ihrer jeweiligen Risikogewichtung.

Haldane hebt hervor, dass die Regulierung nun durch Modelle entwickelt werde, die potenziell Millionen von Parametern enthalten, die geschätzt werden müssen. Aber diese Parameter werden durch relativ kurze historische Proben geschätzt, z.B. von einer Zeitperiode, die möglicherweise für die Zukunft nicht repräsentativ sei.

Hier stossen wir auf eine Tatsache der Statistik: wenn man eine begrenzte Menge von Probedaten hat, haben einfache Modell eine grössere Aussagekraft als komplexe Modelle, ergänzt Kwak.



Durchschnittliche Quote für die Zahlugnsfähigkeit der grossen globalen Banken, Graph: Andrew Haldane, Bank of England, in: „The dog and the frisbee“, August 31, 2012.

Balken: blau: Banken, die überlebt haben, rot: Banken, die gescheitert sind.

Haldane analysiert verschiedene Daten von Banken vor der Finanzkrise und von Banken, die während der Krise gescheitert sind (oder gescheitert wären, wenn der Staat nicht unter die Arme gegriffen hätte).

Die Schlussfolgerung ist, dass risiko-basierte Kapitalquoten, wenn man die Banken mit einem Vermögen von mehr als 100 Mrd. $ Ende 2006 berücksichtigt, fehlschlagen, vorherzusagen, welche Banken scheitern würden, wenn eine Krise einträte. Einfache Leverage Ratios ohne risiko-gewichtete Aktiven beliefen sich statistisch signifikant auf 1 Prozent. Das gilt aber nicht für kleinere Banken, wie die Daten der von der FDIC versicherten Banken belegen.

Die Schlussfolgerung ist laut Kwak, dass die Banken mit dem System gut spielen können: je komplizierter die Regeln sind, desto mehr Möglichkeiten haben die Banken, damit zu spielen. Soll also die Anzahl der Regulierungsbeamte gesteigert werden, um damit Schritt zu halten, wie die Banken und Anwaltskanzleien mit den Regulierungsmassnahmen umgehen? Das ist im heutigen Umfeld des Markets nicht möglich. Das eigentliche Problem ist nicht, dass mit eigen entwickelten Risikomangementmodellen gezockt werden kann, sondern dass sie nicht funktionieren, wenn die Komplexität der Modelle die verfügbaren Daten, woraus die Modelle Schätzungen herleiten,  in den Schatten stellen.

Haldanes Fazit lautet daher, dass das Problem die Komplexität ist und die Komplexität abgebaut werden muss. Eine Möglichkeit ist Besteuerung, argumentiert Kwak. Die andere ist darauf zu bestehen, dass die komplexen Finanzinstitutionen strukturell reformiert werden.

Bis dahin werden alle Modelle auf der Welt falsche Eindrücke vermitteln, dass die Regulierungsbehörden alles unter Kontrolle hätten. Ein einfaches und transparenteres Regulierungssystem würde auf alle Fälle zu mehr Kreditvergabe und zu grösserer Finanzstabilität führen.

PS:

(Meine Erläuterung):

Risk-based capital ratio d.h. risikogewichtete Eigenmittelquote wird aus dem verlustabsorbierenden Kapital und den risikogewichteten Aktiven gemäss den neuen Eigenkapitalvorschriften von Basel III berechnet.

Leverage-ratio gibt das Verhältnis des Kernkapitals zu einer angepassten Bilanzsumme wider.


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