Montag, 17. Juni 2013

Haushaltsdefizit vs Massenarbeitslosigkeit – Zukunft vs Gegenwart

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist i.d.R. als Zuchtmeister für die Regierungen bekannt, die mit dem Haushalt verschwenderisch umgehen.

Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington hat jedoch vergangene Woche argumentiert, dass der Sequester (Budgetkürzungen) und andere Formen von Haushaltskonsolidierung dafür verantwortlich sind, dass das US-Wirtschaftswachstum um fast die Hälfte reduziert wird, womit eine sonst ziemlich kräftige Erholung der Wirtschaft untergraben wird. Die genannten Ausgabenkürzungen sind unklug und unnötig, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Fight the Future“) am Montag in NYTimes dazu.

Leider ist es dem IWF offenbar nicht gelungen, die Gespräche über die Austeritätsmassnahmen, die als Ausdruck der Ernsthaftigkeit in der Weltpolitik betrachtet werden, zu brechen. Während uns noch nahegelegt wird, vorerst grössere Defizite einzufahren, fordert IWF-Chefin Christine Lagard, dass wir uns beeilen, einen mittelfristigen Fahrplan zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentliche Finanzen zu schmieden, legt Krugman dar.

Die Frage ist aber, warum müssen wir uns beeilen? Ist es dringend notwendig, dass wir uns jetzt schon darüber einigen, wie wir die fiskalischen Themen in den 2020er oder 2030er Jahren und darüber hinaus anpacken? Nein, es ist es nicht, unterstreicht der an der University of Princeton lehrende Wirtschafts Professor.

In der Praxis führt der Fokus auf „langfristige fiskalische Nachhaltigkeit“ hauptsächlich zu „Reformen“ über Sozialhilfen, d.h. zu Kürzungen von Social Security und anderen Programmen. Es hat mit Verantwortlichkeit nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Es ist eine Ausrede, sich davor zu drücken, die schweren wirtschaftlichen Problemen, mit denen wir heute konfrontiert sind, anzupacken.

Was ist aber das Problem, sich auf langfristige Probleme zu konzentrieren? Ein Teil der Antwort ist, dass die ferne Zukunft höchst ungewiss (Überraschung!) ist. Zum Teil basieren Projektionen der Zukunft in Bezug auf Defizite auf Annahmen in Sachen Kosten im Gesundheitswesen, die wesentlich schneller steigen als das Volkseinkommen. Doch das Wachstum der Gesundheitskosten hat sich in den letzten Jahren verlangsamt. Und das langfristige Bild sieht heute laut Krugman weniger schlimm aus.

Wann werden wir bereit sein, über langfristige fiskalpolitische Angelegenheit zu handeln? Krugmans Antwort lautet. Wenn die Wähler sich zugunsten der einen oder der anderen rivalisierenden Visionen in der aktuellen politischen Polarisierung ausgesprochen haben. Vielleicht wird Präsidentin Hillary Clinton frisch aus ihrem aufgebrachten Sieg aus der Zwischenwahl 2018 mit den zur Einsicht gebrachten Republikanern einen Kompromiss erzielen. Oder vielleicht werden die demoralisierten Demokraten dem Plan von Präsident Paul Ryan zur Privatisierung von Medicare zustimmen. So oder so. Es ist noch nicht Zeit für grosse Entscheidungen über die lange Sicht, hält Krugman als Fazit fest.

Und weil die Zeit noch nicht gekommen ist, müssen einflussreiche Menschen damit aufhören, als Entschuldigung für die Untätigkeit auf die Zukunft hinzuweisen. Die klare und gegenwärtige Gefahr ist die Massenarbeitslosigkeit und wir sollten uns darauf konzentrieren, und zwar jetzt.

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