Dienstag, 25. März 2014

Lohnstückkosten im Euro-Raum: Problem?

In diesen Tagen macht ein neues Meme die Runde. Auf beiden Seiten des Atlantiks ist plötzlich von Lohnwachstum die Rede. Eine Ungeheuer? Eine Bestie?

Der ehemalige SNB-Präsident Phillip Hildebrand spricht in diesem Zusammenhang in einem Meinungsartikel in FT von Warnsignalen in den USA: Die Stundenlöhne steigen wieder.

In Europa ist das jährliche Wachstum der Arbeitskosten in aller Munde, obwohl die beiden Hauptkomponenten der Arbeitskosten (Löhne & Gehälter und Lohnnebenkosten) noch meilenweit entfernt von dem Vorkrisenniveau sind.

Trotzdem schlägt die deutsche Wirtschaft Alarm: Die Arbeit verteuere sich. Die Export-Industrie fürchtet um ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Als ein nachhaltiges Problem deutet Steven Rattner in NYTimes auf das Wachstum der Arbeitskosten in Frankreich und Italien hin.

Zugleich wird der Eindruck hinterlassen, wie wenn fallende Lohnstückkosten immer eine gute Sache wären. Das ist natürlich nicht wahr. In der Praxis steigen die Lohnstückkosten in etwa dem gleichen Aussmass wie die Inflation.



Lohnstückkosten im Euro-Raum, Graph: Prof. Paul Krugman

Ideal wäre, wenn die Löhne im Euro-Raum entsprechend dem nationalen Produktivitätswachstum plus dem gemeinsamen Inflationsziel steigen würden, wie Heiner Flassbeck in seinen zahlreichen Schriften erläutert.

Tatsache ist, dass der Euro-Raum derzeit kein übermässiges Wachstum der Arbeitskosten hat. Die Inflation ist zu niedrig. Die EZB unterläuft ihren Zielwert um fast 100 Basispunkte, und zwar seit bereits mehreren Monaten.

Die Lohnstückkosten in Frankreich sind nur im Einklang mit dem europäischen Durchschnittswert angestiegen. In Italien sind die Arbeitskosten stark gestiegen. Der Grund ist die schreckliche Produktivitätsleistung, wie Paul Krugman in seinem Blog bemerkt.

Das Land, das aus der Reihe tanzt ist, Deutschland, wo die Lohnsstückkosten viel zu wenig gestiegen sind. Frankreichs Arbeitskosten stellen kein Problem dar. Problem ist, dass die Löhne in Deutschland zu niedrig sind (Lohn-Dumping).

Die Frage, die sich stellt ist, ob die EZB fähig ist, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln, während die nominalen Zinsen nahe null (zero lower bound) verharren? Kann sie die Nachfrage wiederbeleben, kann sie auch die Deflation und die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Die EZB muss sich daher fragen, wie Stimulus generiert werden kann, während die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.

Lohnwachstum scheint irgendwie ein beliebtes Motiv der herrschenden Meinungselite unter Austerians zu sein.


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