Mittwoch, 12. März 2014

Euro-Raum nahe bei säkularer Stagnation

Die Enttäuschung, dass die EZB am vergangenen Donnerstag die Zinsen unverändert belassen hat, wirkt in den Märkten immer noch nach. Zumal EZB-Präsident Mario Draghi zudem keine Anstalten gemacht hat, den geldpolitischen Kurs weiter zu lockern.

Wenn die EZB sich weigert, die Geldpolitik weiter zu lockern (z.B. via quantitative easing), ist im Angesicht des trägen Wirtschaftswachstums und des fehlenden Preisdrucks zu erwarten, dass Draghi den „akkommodierenden geldpolitischen Kurs“ für einen längeren Zeitraum beibehält als die US-Notenbank.

Die OECD schätzt die Produktionslücke (output gap) im Euro-Raum für 2015 doppelt so gross wie in den USA und Grossbritannien.

Auch eine aktuelle Schäzung durch Morgan Stanley gestützt auf die 10y10y Real-Zinsen legt nahe, dass das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum (gemessen am Markt für inflationsgeschützte Staatsanleihen) für eine bestimmte Zeit deutlich tiefer liegt als in den USA.

Der Euro-Raum ist m.a.W. secular stagnation (langanhaltende Stagnation) näher als bisher im Allgemeinen angenommen wird.



Produktionslücke (output gap) im Euro-Raum ist doppelt so gross wie die in der amerikanischen und britischen Wirtschaft, Graph: Morgan Stanley

Die Zinsstrukturkurve am Rentenmarkt für reale Renditen im Euro-Raum ist bemerkenswert flach im Vergleich zu der Laufzeitstruktur der Zinssätze in den USA.

Die Markterwartungen sind derzeit so verlagert, dass die EZB gleichzeitig zu Normalisierung der Geldpolitik übergehen würde wie die Fed. Das kann aber nicht sein. Da die EZB bisher weniger akkommodierende Massnahmen getroffen hat als die Fed und/oder die BoE, verbleiben die Inflationserwartungen in Europa auf kurze Sicht flach, während die für die lange Sicht fallen.

Deswegen ist es für die realen Zinsen schwer, ins Negative zu fallen. Die EZB war nämlich in der Vergangenheit tendenziell weniger accommodative als die Fed und die Bank of Englang (BoE).

Doch die langfristigen realen Zinsen, die mit einem stabilen Wachstum und einer stabilen Inflationsrate im Einklang stehen, entsprechen der langfristigen Wachstumsrate der Wirtschaft.

Das alles deutet darauf hin, dass die EZB hinter der Kurve ist und die Geldpolitik später als die Fed und die BoE „normalisieren“ dürfte.


Zinsstrukturkurve am Rentenmarkt, Graph: Morgan Stanley

Der Terminkurs für 1 Jahr (im Euro-Raum, in Grossbritannien und in den USA) reflektiert die risiko-neutralen Erwartungen im Markt für den weiteren Pfad der akkommodierenden Geldpolitik.


M.a..W. geht es bei der Abbildung um den Zusammenhang zwischen Zinssätzen  und Laufzeiten von Null-Kuponanleihen (ohne Kreditausfallrisiko)

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