Samstag, 29. März 2014

Modellierung der Wirtschaft und Fakten

Es waren damals die Keynesianer, die in der Great Depression sagten, dass wir einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage haben und der Staat daher die hohen Ersparnisse von Unternehmen und privaten Haushalten aufnehmen und investieren muss. Ansonsten würde die Wirtschaft völlig zusammenbrechen.

In der Great Recession sagten die Ökonomen, die mit einem einfachen IS-LM Modell arbeiten, dass viele der gewöhnlichen ökonomischen Sachverhalte nicht mehr gelten, wenn die Wirtschaft in einer Liquditätsfalle (liquidity trap) steckt.

Das ist eine Situation, in der Unternehmen und private Haushalte nach dem Platzen einer Spekulationsblase versuchen, ihre Schulden zurückzufahren (deleveraging).  Auch wenn die nominalen Zinsen nahe Null (zero lower bound) liegen, ist niemand bereit, Kredit aufzunehmen.

Weiter legen Keynesianische Prämisse nahe, dass die Vorausgabung  von öffentlichen Haushaltsmitteln (deficit spending) zur Konjunkturbelebung (stimulus) in Zeiten von Depression nicht zu einem Anstieg der Inflation führen würde. Die Zinsen würden trotz der erhöhten Staatsausgaben niedrig bleiben.

Doch die herrschende neo-klassische Lehre hat von Anfang an der Finanzkrise galoppierende Inflation und durch die Decke schiessende Zinsen vorausgesagt. Der von Verfechtern der östereichischen Schule (austerians) geforderte Schwenk von Konjunkturprogramm (fiscal stimulus) zu harschen Sparmassnahmen (fiscal austerity) hat die Wirtschaftskrise inzwischen weiter vertieft und verschlimmert.


Schweizer Notenbankgeldmenge (monetary base), Graph: SNB in Quarterly Bulletin 1/2014, March
Die drastischen Kürzungen der Staatsausgaben haben die gesamtwirtschaftliche Nachfrage reduziert und zu einem Rückgang in Produktion (output gap) und Beschäftigung geführt.

Trotzdem gibt es heute noch seriöse Leute, die das IS-LM Modell als einen „brillant dummen Apparat“ bezeichnen, der die Funktionsweise der modernen Marktwirtschaft nicht anmessen widerspiegeln könne. Das Modell hat aber ganz im Gegenteil seit 2008 ausgezeichnet funktioniert.

Es ist aber bloss ein Modell, welches zur Vereinfachung der Realität entwickelt worden ist, um nützliche Einblicke in spezifische Fragen zu bekommen. IS-LM ist also kein Modell des Lebens, des Universums und von allem. Es ist ein minimalistisches Gadget, welches dazu dient, sich über die Interaktionen des Geldes, der Anleihemärkte und der realen Wirtschaft Gedanken zu machen, wie Paul Krugman in seinem Blog darlegt. Und es hat in Zeiten der Not sehr gut funktioniert.

Dass der Anstieg der Notenbankgeldmenge (base money = Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank + Noten im Umlauf) nicht inflationär ist, wenn die nominalen Zinsen nahe Null liegen, veranschaulichen die hier angegebenen zwei Abbildungen aus der Schweiz ziemlich deutlich. Die jährliche Teuerung der Konsumentenpreise (CPI) verläuft in der Schweiz seit zwei Jahren unter Null. Auch die Kerninflation (core inflation) ist negativ.




Schweizer Inflation, Graph: SNB in Quarterly Bulletin 1/2014, March

Noch einmal: Der Erfolg des IS-LM Modells bedeutet nicht, dass man das Modell immer an den Tag legen kann, um alles in der Wirtschaft zu rationalisieren. Aber diejenigen, die Ende 2008 und Anfang 2009 mit dessen Hilfe vorausgesehen hatten, was auf uns kommt, lagen richtig mit der Erwartung und der Prognose, dass der massive Anstieg der Notenbankgeldmenge unter den gegebenen Konditionen nicht zu einem starken Anstieg der Zinsen führen und keine galoppierende Inflation auslösen würde. Und das zählt.


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