Montag, 10. März 2014

Gleichheit und Effizienz

Die meisten Menschen würden, wenn sie darauf gedrängt werden, zu antworten, sagen, dass extreme Einkommensungleichheit eine schlechte Sache ist, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Liberty, Equality, Efficiency“) am Montag in NYTimes.

Was kann man aber dagegen tun?

Die Standard-Antwort in der amerikanischen Politik ist: „nicht viel“. Vor fast 40 jahren hat Arthur Okun ein klassisches Buch mit dem Titel „Equality and Efficiency. The Big Tradeoff“ veröffentlicht.

Prof. Okun argumentiert, dass die Umverteilung von Einkommen von den Reichen zu den Armen auf dem Wachstum lastet. Sein Buch hat fast alles für die heutige Debatte vorgelegt, wonach die Sozialdemokraten (liberals) sagen würden, dass die Effizienz-Kosten von Umverteilungsmassnahmen klein sind, während die Konservativen die Ansicht vertreten, dass die Umverteilungskosten gross sind.

Jeder wusste aber, dass etwas zu unternehmen, die Ungleichheit zu reduzieren, zumindest einige negative Auswirkungen auf das BIP entfalten würde, bemerkt Krugman.

Aber es scheint, dass jeder wusste, dass es nicht wahr ist. Massnahmen zu ergreifen, um die extreme Ungleichheit Amerika des 21. Jahrhunderts zu reduzieren, würde das Wirtschaftswachstum erhöhen, nicht verkleinern.

Wie sieht die Evidenz aus? Beeinträchtigen Umverteilungsmassnahmen das Wirtschaftswachstum? Nicht, wenn man zwei aktuelle Studien des IWF zurate zieht.

Kurz gesagt: Das von Okun beschriebene „big trade-off“ gibt es allem Anschein nach überhaupt nicht.

Krugman legt zudem Wert darauf, dass es nicht darum geht, „equality of outcomes“ anzustreben, sondern „equality of opportunity“, d.h. Chancengleichheit. Das hört sich zwar gut an. Aber es ist, wenn man Sinn für die Realität hat, ein grausamer Witz. 

Denn fast 40% der amerikanischen Kinder leben in Armut oder nahe Armut. Denken Sie wirklich, dass sie den gleichen Zugang zu Bildung und Beschäftigung haben wie die Kinder der wohlhabenden Familien?“, so Krugman weiter.

In der Tat ist die Wahrscheinlichkeit für die Kinder aus einkommensschwachen Familien geringer als die Kinder aus wohlhabenden Familien, einen College-Abschluss zu schaffen. Und das ist nicht nur einfach schlecht für diejenigen, die Pech im Leben haben, zu falschen Eltern geboren zu werden, sondern es deutet auf eine grosse und wachsende Verschwendung des menschlichen Potentials hin. Eine Verschwendung, die sicherlich als eine machtvolle und unsichtbare Last für die Wirtschaft fungiert.

Krugman will nicht behaupten, dass es jedermann helfen würde, wenn man die Einkommensungleichheit anpacken würde. Die sehr wohlhabenden Menschen würden aus höheren Steuern mehr verlieren als sie aus dem Anstieg des Wirtschaftswachstum gewinnen würden. 

Aber es ist ziemlich klar, dass es eine gute Sache ist, sich Ungleichheit entgegenzustellen, nicht nur für die Armen, sondern v.a. für die Mittelschicht.

Kurzum: Was für die 1% gut ist, ist nicht gut für Amerika. „Und wir müssen nicht in einem neuen „Goldenen Zeitalter“ (Gilded Age) leben, wenn wir es nicht wollen“, so Krugman als Fazit.

Keine Kommentare: