Mittwoch, 19. März 2014

Bank of England erklärt, wie Geld geschöpft wird

Die britische Zentralbank (Bank of England) hat vergangene Woche einen viel beachteten Artikel (“Money creation in the modern economy“)
veröffentlicht.

Die Mitarbeiter der BoE erklären im „Quarterly Bulletin 2014 Q1“ die Geldschöpfung auf eine Art und Weise, die einigen herkömmlichen und bewährten Lehrbüchern der Ökonomie im krassen Widerspruch steht.

Die Autoren beschreiben, dass das meiste Geld in der modernen Wirtschaft durch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken geschaffen wird. Die Banken agieren nicht einfach als Vermittler (intermediaries), die die Einlagen, die die Sparer bei den Banken hinterlegen, als Kredit weiter geben. Und sie „vermehren“ auch nicht die Notenbankgeldmenge (monetary base), um neue Kredite und Einlagen zu schöpfen.

Die Menge des Geldes, die in einer Wirtschaft geschaffen wird, hängt letztlich von der Geldpolitik der Zentralbank ab. In normalen Zeiten geschieht dies durch die Festlegung der Zinsen. Die Zentralbank kann also auf die Menge des Geldes direkt Einfluss nehmen, indem sie Vermögenswerte (assets) im Markt aufkauft oder „QE-Politik“, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik betreibt.

In der modernen Wirtschaft erfolgt das meiste Geld in Form von Bank-Einlagen. Wie diese Bank-Einlagen geschaffen werden, wird aber zumeist missverstanden, unterstreichen die Verfasser des Artikels. Der wichtigste Weg geht durch die kommerziellen Banken, die Kredite vergeben. Wann immer eine Bank ein Darlehen gibt, schafft sie gleichzeitig eine entsprechende Einlage im Konto des Kreditnehmers bei der Bank. So wird Geld geschöpft.



Wie Geldschöpfung geschieht, Graph: Bank of England (BoE) in: Quarterly Bulletin 2014 Q1

Die Realität der Geldschöpfung unterscheidet sich heute von der Beschreibung in einen Ökonomielehrbüchern. Es ist nicht so, dass die Banken unbedingt auf die Einlagen von privaten Haushalten (die sparen und damit bei den Banken Ersparnisse hinterlegen), angewiesen sind, um Kredit zu vergeben. Nein. Die Banken schaffen Einlagen durch die Kreditvergabe. Gibt die Bank einen Kredit, wird auf diese Weise Einlagen geschaffen.

In normalen Zeiten legt die Zentralbank die Menge des Geldes im Umlauf (money in circulation) nicht fest. Die Notenbankgeldmenge (=Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Notenumlauf)  „multipliziert“ sich auch nicht in mehr Darlehen und Einlagen.

Obwohl die Geschäftsbanken durch Kreditvergabe Geld schöpfen, können sie es nicht freizügig ohne Limit tun. Banken sind eingeschränkt, wie viel Kredit sie vergeben, wenn sie in einem wettbewerbsfähigen Banken-System profitabel bleiben wollen. Aufsichtsvorschriften wirken als Einschränkung für die Aktivitäten der Banken, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten.

Und die privaten Haushalte und Unternehmen, die das durch die Kreditvergabe geschaffene Geld kriegen, mögen auch etwas unternehmen, was auf den Geldbestand (stock of money) Einfluss hat. Das Geld können sie nämlich rasch wieder „vernichten“, wenn sie z.B. damit ihre bereits bestehenden Schulden zurückzahlen.

Zudem wirkt Geldpolitik als die ultimative Einschränkung für die Geldschöpfung. Die BoE strebt beispielsweise an, dass die Höhe der Geldschöpfung in der Wirtschaft mit einer niedrigen und stabilen Inflationsrate im Einklang steht.

In der Regel führt die BoE die Geldpolitik durch die Festlegung des Zinssatzes für die Zentralbank-Reserven durch. Dieser wirkt sich dann auf eine Reihe von Zinsen in der Wirtschaft aus, einschliesslich der Zinssätze für Bank-Darlehen.

In Ausnahmefällen, wenn die Zinsen z.B. nahe Null-Grenze (zero lower bound) liegen, kann es vorkommen, dass die Geldschöpfung in der Wirtschaft weiterhin zu niedrig ist, was die geldpolitischen Zielsetzungen der Zentralbank betrifft.

Eine Möglichkeit, darauf zu antworten, ist, eine Reihe von Asset-Käufen zu tätigen. Zum Beispiel in Form von quantitative easing (QE policy), d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik. Mit QE will die Zentralbank die Menge des Geldes in der Wirtschaft direkt durch den Kauf von Assets (hauptsächlich von Nicht-Banken-Finanzunternehmen) erhöhen.

QE erhöht zunächst die Menge an Einlagen bei den Banken von denjenigen Unternehmen, die die Assets verkaufen. Diese Unternehmen sind dann bestrebt, ihre Asset-Portfolio wieder ins Gleichgewicht zu bringen, dadurch dass sie Assets, die höhere Erträge abwerfen (high-yielding) kaufen, und damit den Preis dieser Assets in die Höhe treiben und damit die Ausgaben in der Wirtschaft ankurbeln.

Als ein Nebenprodukt von QE werden neue Bank-Reserven geschaffen. Aber diese sind nicht ein wichtiger Teil des Transmissionsmechanismus. Diese Reserven können nicht in mehr Kredite und Einlagen „multipliziert“ werden. Die Autoren lehnen damit das geld-theoretische Modell von Geldschöpfungsmultiplikator ab.

Fazit: Wenn eine Bank ein neues Darlehen gewährt, schafft sie damit gleichzeitig auch Einlagen. Die Bank schöpft also (in einem modernen fiat-money System) aus dem Nichts („from thin air“) Geld. Das heisst, dass die Banken nicht die Einlagen der Sparer als Kredit vergeben. Wenn eine Bank an jemanden, der ein Haus kaufen will, Darlehen gibt, wird im Moment der Kreditvergabe dem Konto des Kreditnehmers in Höhe des Darlehens Einlagen gutgeschrieben. Damit wird Geld (new money) geschöpft. Es gibt Ökonomen wie z.B. Steve Keen, die sich in den vergangenen Jahren mit der „endogenen Geldschöpfung“ intensiv beschäftigt haben.

Keine Kommentare: