Montag, 18. April 2011

Brent und WTI: Spread zwischen zwei Ölsorten

Der WTI-Preis lag zwar vergleichsweise etwas niedrig, aber es gab in den vergangenen Jahren kaum Preisunterschiede zwischen den wichtigsten Ölsorten North Sea Brent (Europa) und WTI (USA, Cushing, Oklahoma). Doch seit Ende Januar 2011 ist der Spread auf 10-15$ angestiegen. Die neue Lücke rührt im Wesentlichen aus einer geographischen Differenz zwischen dem Preis für Öl in den Zentral USA und dem Preis, der an der Küste der USA und anderswo auf der Welt bezahlt wird, her, erklärt James Hamilton in seinem Blog. Chevron beispielsweise bietet derzeit 123,25$ für ein Barrel Light Sweet Louisiana, d.h. 17$ mehr als Oklahoma Sweet. Vor einem Jahr betrug die Preisdifferenz nur 3$. Diese Lücke bedeutet, dass die US-Raffinerien an der Küste einen enormen Aufschlag zahlen, um importiertes Öl zu kaufen, während es viele inländische Hersteller gibt, die das Produkt ihnen gern zu einem erheblich niedrigen Preis verkaufen würden. Der niedrigere Preis am Knotenpunkt Oklahoma resultiert zum Teil durch den Druck der neuen Lieferanten aus North Dakota und Canada. Aber es ist dennoch rätselhaft, woher die Verletzung des Law of One Price (wonach jede Arbitrage auf dem ökonomischen „Gesetz des einheitlichen Preises“ beruht) kommt, betont der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor.


Spread zwischen Brent und WTI, Graph: Prof. James Hamilton, in: Econbrowser.

Warum verkaufen Hersteller ihre Produkte in Oklahoma, wenn es einen viel besseren Preis am Golf zu erhalten gilt? Der billigste Weg, um Öl aus Cushing zu Chevrons (oder jemand anderem) Raffinerie am Golf von Mexiko zu transportieren, ist Pipeline. Die Seaway Pipeline hat die Kapazität, 430'000 Barrel am Tag zwischen dem Golf und Cushing zu transportieren. Aber die Pipeline transportiert zur Zeit Öl aus der Golfregion, wo das Öl teuer ist, zu Cushing, wo das Öl billig ist.

Wenn wir annehmen, dass ein Transport via Pipeline ungefähr 1$ pro Barrel (Fass) kostet und die Umkehrung der Pipeline bei voller Auslastung gerade genug wäre, den Spread zu beseitigen, würde der Verlauf der Pipeline in die umgekehrte Richtung einen kombinierten Überschuss für Ölhersteller und Verbraucher von (1/2) (17-1) (430'000) = 3,4 Mio. $ pro Tag erzeugen, rechnet Hamilton. Sollte der zusätzliche Fluss auf der anderen Seite noch nicht genug sein, um den Spread zu verringern, könnte der Gewinn an Überschuss bis zu doppelt so gross ausfallen: 6,8 Mio. $ am Tag.

Warum sagt aber ConocoPhillips, Miteigentümer von Seaway, dass die Verwendung der Pipeline zum Öltransport von Cushing zum Golf nicht in seinem Interesse ist? Das Unternehmen erklärt es wie folgt: Das Problem sei, dass das Unternehmen ein „Mid-Continent Raffinerie-Zentrum“ in Ponca City, Oklahoma habe und die Umkehrung der Pipeline einen Zeitrahmen von 6 bis 12 Monaten in Anspruch nehmen würde. Und das Ganze kostet Geld, hebt das Unternehmen hervor. Vermutlich schützt der Verlauf des Rohöls von der Golfregion zu Cushing die Rentabilität von ConocoPhillips aus den Raffinerie-Tätigkeiten durch das günstige Rohöl im Inland, argumentiert Hamilton.

Eine Alternative ist eine neue Pipeline durch TransCanada, welche das Öl aus dem kanadischen Ölsand den ganzen Weg bis zum Golf tragen würde. Das ist eine andere Option, die den Brent-WTI-Spread abbauen würde, was aber auf die Zulassung der Behörden angewiesen ist.

Wenn man das Produkt via Pipeline nicht transportieren kann, ist die nächstbeste Alternative die Bahn, bekräftigt Hamilton. Es sollte möglich sein, das Öl den ganzen Weg von North Dakota zu einer Golf-Raffinerie für 7 Dollar je Barrel zu bringen, was einen sehr guten Gewinn pro Barrel abwerfen würde. Das Problem hier ist anscheinend die Infrastruktur via Tankwaggons und Verladeanlagen, die notwendig sind, das Volumen zu bewältigen, legt Hamiton dar.

Auch der Transport per LKW dürfte sich bei aktuellen Spreads profitabel erweisen, so Hamilton. Er würde, wenn er könnte, in jeder erdenklichen Weise versuchen, das North Dakota Öl in den Märkten mit höheren Preisen zu verkaufen, fasst Hamilton zusammen.

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