Montag, 4. April 2011

QE und Transmissionsmechanismus

Es wird mittlerweile weithin angenommen, dass die QE2 ein Erfolg war. Und die US-Wirtschaft, die im vergangenen Sommer in eine deflationäre Morast zu geraten schien, hat sich seither wieder aufgelebt. Vor diesem Hintergrund befasst sich Paul Krugman in seinem Blog mit der Frage, warum? In den alten Tagen, als die Dinosaurier die Erde bevölkerten und die Studenten noch Keynesianismus lernten, war viel über den Transmissionsmechanismus der Geldpolitik zu hören, wie die Fed tatsächlich dafür sorge, dass die reale Wirtschaft an Boden gewinnt, beschreibt Krugman. Sowohl der Ausdruck als auch das Thema sind indes aus der Mode gekommen. Aber es ist immer noch eine wichtige Frage, und zwar mehr denn je, schildert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) weiter. Was Sie damals lernten, war, dass der Transmissionsmechanismus weitgehend durch das Wohnungswesen (housing) funktioniert hat. Warum? Weil die langlebigen Investitionen sehr empfindlich auf Zinssätze reagieren, während die kurzlebigen Zinssätze nicht.


Wachstumskomponente im vierten Quartal 2011 (USA), Graph: Prof. Paul Krugman

Wenn ein Unternehmen über die Ausstattung seiner Mitarbeiter mit Smartphones nachdenkt, die in drei Jahren Antiquitäten wären, würde der Zinssatz wenig Einfluss auf die Entscheidung des Unternehmens haben, und so ergeht es vielen Unternehmensinvestitionen, wenn nicht ganz so extrem, legt Krugman dar. Aber Häuser halten lange Zeit und werden nicht hinfällig. Dasselbe gilt auch in gewissem Umfang für Geschäftsstrukturen. Die Geldpolitik der Fed entfaltet sich i.d.R. hauptsächlich durch das Wohnungswesen. Diesmal aber nicht, weil der Wohnungsbau zutiefst deprimiert ist und es einen riesigen Überhang an Überkapazitäten gibt. Wenn also die QE2 funktioniert  hat, wie ist es zustande gekommen?

Das Wirtschaftswachstum wurde im vierten Quartal durch den privaten Verbrauch und die Netto-Ausfuhren angetrieben. Die Daten über die Netto-Exporte sind jedoch ein bisschen komisch, beschreibt Krugman: Es gab einen grossen Rückgang der Einfuhren, welcher wahrscheinlich aus den abgelaufenen Vorräten herrührt, und daher nicht nachhaltig ist. Dennoch scheint der Handel einen positiven Beitrag geleistet zu haben. Die gewerblichen Investitionen nehmen rasch zu, aber sie stiegen auch vor der Ankündigung der QE2.

Was dürfte den Verbrauch und die Netto-Ausfuhren angetrieben haben? Krugman liefert zur Anschaulichung die folgende Abbildung:


S&P-500 Index versus US-$-Wechselkurs (handelsgewichtet), Graph: Prof. Paul Krugman

Kausale Beobachtung legt nahe, dass viel vom Wachstum des privaten Verbrauchs am oberen Ende der Einkommensverteilung stattfindet, was wiederum darauf hindeutet, dass der Aktienmarkt die privaten Ausgaben vorantreibt und der tiefere US-Dollar US-Exporteuren und Import-konkurrierenden Unternehmen deutlich geholfen hat, erklärt Krugman.

Gibt es aber weitere Auswirkungen, wenn QE wirklich durch die Aktien und den Dollar funktionieren sollte? Krugman hat Zweifel daran. Denn es wäre eine gewagte Politik, in einer tief verschuldeten Gesellschaft, den Konsum durch mehr Schulden ankurbeln zu wollen. Wenn es sich aber dabei nicht um dieselben Leute handelt, die in Schulden stecken, und der Verbrauch durch den Aktienmarkt angetrieben wird, dann wäre es OK, bemerkt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor. Was den schwachen US-Dollar betrifft: wenn die Chinesen und die Brasilianer es nicht gern haben, sind sie frei, zuzulassen, dass ihre Landeswährung sich aufwertet.

Fazit: Stimmt die kausale Argumentation von Krugman, dürfte die Erholung der Wirtschaft nicht selbsterhaltend sein.


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