Sonntag, 24. April 2011

Banken dürfen mit Geld der Steuerzahler nicht zocken

Die USA befinden sich im Prozess der Umsetzung der Dodd-Frank Wall Street Reform und des Verbraucherschutzgesetzes. In Grossbritannien hat die Vickers-Kommission in einem Zwischenbericht Empfehlungen im Hinblick auf die Umzäunung (ring-fence) von Retail-Geschäft und Investment-Banking Aktivitäten der Banken veröffentlicht. Der Vickers-Bericht ist ein Modell zur Klarheit und wenn die „ring-fence“-Vorschläge umgesetzt werden, werden sie greifen, bemerkt Roger E. A. Farmer in einem lesenswerten Beitrag („Don’t let banks gamble with taxpayer money“) in FT Forum. Es gibt aber bereits einen Druck von Lloyds, die Vorschläge der Zwischenberichts zu schwächen. Der Druck von Finanzinstituten für lasche Regulierung wird intensiver. Diesem Druck sollte entgegengesetzt werden, argumentiert Distinguished Professor an der University of California Los Angeles (UCLA).

Die vorgeschlagenen Reformen (sowohl Dodd-Frank als auch Vickers-Bericht) fordern eine Steigerung der Höhe des Eigenkapitals von Finanzinstituten durch die Reduzierung der Hebelwirkung (leverage). „Erhöhte Eigenkapitalanforderungen verringern die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Institution scheitert, aber sie beseitigen das Moral-Hazard Problem nicht, welche durch die implizierte Staatsgarantie für grosse Finanzinstitute geschaffen wird“, legt Farmer dar. Das erfordert eine grundlegende Art von Reform, die Farmer bereits an anderer Stelle vorgetragen hatte.

Aktuelle Meinung unter Aufsichtsbehörden ist, dass das Problem der finanziellen Instabilität durch höhere Eigenkapitalanforderungen an Banken gelöst werden kann. Aber höhere Eigenkapitalanforderungen können die Banken daran nicht verhindern, übermässige Risiken einzugehen. In der Krise von 2008 haben sich Geschäftsbanken im US-Immobilienmarkt durch den Kauf von mit minderwertigen Hypotheken verbrieften Wertpapieren verspekuliert, welche von Ratingsagenturen fälschlicherweise mit dem Rating „AAA“ bewertet wurden. Jemand war am Steuerrad eingeschlagen, beschreibt Farmer.

Farmer ist nicht dagegen, dass die Finanzinstitute Risiken eingehen. Risiko ist ein integraler Bestandteil des kapitalistischen Wachstums, legt er dar. Aber Barclays und andere Einlagen-Institutionen dürfen mit privaten Einlagen (deposits), die staatlich geschützt werden, nicht zocken, hält er fest. Seiner Ansicht nach ist eine wirksame Reform für die vollständige Trennung von Retail- und Investment-Banking notwendig.

Diese Trennung soll durch eine Beschränkung der Vermögenswerte, die von Banken, die auf staatliche Garantien angewiesen sind, gehalten werden, begleitet werden. Einschränkungen dieser Art waren Teil des Glas-Steagal-Act, welches zu 60 Jahre relativer wirtschaftlichen Stabilität geführt hat, argumentiert Farmer. Dodd-Frank und Vickers-Bericht tun bedeutende Schritte in Richtung Wiederherstellung der Schutzvorkehrungen der Depression-Ära Gesetzgebung. Aber sie gehen Farmers Ansicht nach nicht weit genug.

Mark Thoma ist auch der Ansicht, dass höhere Eigenkapitalanforderungen allein, wie vorgeschlagen, nicht ausreichen, um Bankpleiten und Drohungen von systemischer Kernschmelze zu stoppen. Thoma glaubt zudem auch nicht, dass eine Abwicklungsbehörde (resolution authority) einen der wichtigsten Kanäle, durch die ein systemischer Zusammenbruch auftritt, vollständig schliessen kann. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor denkt, dass die Unsicherheit darüber, ob die Abwicklungsbehörde (resolution authority) einen systemischen Zusammenbruch stoppen kann, zu Runs auf das Schatten Bankensystem führt, sobald die ersten Anzeichen von Schwierigkeiten sich verbreiten.

Höhere Eigenkapitalanforderungen können das Ausmass des Schadens in einem Crash reduzieren, z.B. durch die Reduzierung der Hebelwirkung (leverage), aber Abstürze wird es immer geben, beschreibt Thoma weiter. Aus diesem Grund ist der einzige wirksame Weg Runs im Schatten Bankensystem zu stoppen, eine Art Einlagensicherung mit strengen Auflagen bereitzustellen, wie viel Risiken durch die Institutionen eingegangen werden kann, entlang der Linien, wie Einlagen im traditionellen System bereits geschützt werden, so Thoma. Wir können Retail- und Investment-Banking trennen, höhere Eigenkapitalanforderungen durchsetzen und Firmen zwingen, explizite Auflösungspläne (resolution plan) für den Fall des Scheiterns zu haben. Das wird helfen. Aber diese Massnahmen können nicht immer Bank-Runs und systemische Versagen im Investment-Banking Sektor verhindern, und damit die Notwendigkeit für eine Rettungsaktion (bailout) beseitigen.

Um Bank-Runs in diesem Sektor zu stoppen, gibt es hauptsächlich zwei Arten von Vorschlägen, legt Thoma dar: (1) Verbesserung der Qualität der Sicherheiten (collateral), die gegen Einlagen im Schatten- bzw. Investment-Banking System gehalten werden. Da der Wert der Vermögenswerte nicht a priori garantiert werden kann, kann ein umfassender Schutz nicht garantiert werden, sodass Bank-Runs immer noch ein Problem darstellen. (2) Bereitstellung einer ausdrücklichen staatlichen Garantie für Einlagen (deposits) im Schatten Bankensystem mit strengen Beschränkungen der Risikobereitschaft. Das hat im traditionellen Bankensystem funktioniert. Und es kann auch hier funktionieren. Das Gegenargument ist, dass es die Aktivitäten im Schatten Bankensystem so einschränkt, dass das Wirtschaftswachstum reduziert wird. Diese Befürchtungen sind allerdings laut Thoma übertrieben.

Die Realität ist aber, dass der Staat nicht eine explizite Einlagensicherung im Schatten Bankensystem bereitstellen wird. Und trotz der Abwicklungsbehörde (resolution authority) werden Bank-Runs, die zu systemischen Kollaps führen, eine Möglichkeit bleiben, legt Thoma dar.

Da Abstürze (crashes) immer noch möglich sind, müssen wir sie laut Thoma so mild wie möglich machen. Und ein Weg dafür ist, die Nutzung von Hebelwirkung (leverage) zu reduzieren und Eigenkapitalanforderungen, die wesentlich höher sind als das, was derzeit vorgeschlagen wird, aufzuerlegen. Die Anforderungen in ihrer jetzigen Zusammensetzung sind zu klein und kommen zu langsam voran und bieten den Schutz nicht, der notwendig ist. Thoma hat jedoch Zweifel daran, dass wir eine Erhöhung der Anforderungen sehen würden. Mit der politischen Macht der Banken wären wir glücklich, die Erhöhungen, die vorgeschlagen wurden, beizubehalten, fasst Thoma zusammen.


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