Freitag, 1. April 2011

Ein Streudiagramm und was hinter Investitionen steckt

In der Blogosphäre unter Ökonomen steht derzeit ein Streudiagramm (scatterplot)  im Fokus des Interesses. Der Hintergrund der Entwicklung ist, dass es sich dabei um eine auffällige Korrelation zwischen Investitionen und Arbeitslosigkeit handelt. Es war Greg Mankiw, der in seinem Blog auf das Streudiagramm aufmerksam gemacht hat. Die graphische Darstellung, die Wertepaare von zweien statistischen Merkmalen darstellt, wurde von John Taylor in seinem Blog vorgestellt. Eingetragen sind vierteljährliche, saisonbereinigte Daten aus dem I. Quartal 1990 bis zu dem III. Quartal 2010. „Die Kausalität gilt natürlich für beide Richtungen: starke Investitionen führen zu einer niedrigen Arbeitslosigkeit und zu einer stärkeren Wirtschaft, was sich in niedriger Arbeitslosigkeit widerspiegelt und Investitionen fördert“, bemerkt Mankiw dazu. „Folglich lässt sich die Auslegung des Streudiagramms diskutieren. Die Stärke der Korrelation ist aber beeindruckend“, ergänzt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor.


Streudiagramm: Arbeitslosigkeit versus Investitionen, Graph: Prof. John Taylor

Auch Paul Krugman bestätigt in seinem Blog die „eindrückliche Korrelation“ zwischen Investitionen und Arbeitslosigkeit, wie sie in dem Streudiagramm präsentiert wird. „Wenn Taylor aber von einem Punkt zum anderen springt, um uns mitzuteilen, dass wir, um die wirtschafliche Erholung voranzutreiben, die anti-business-Stimmung aus Washington aufhellen müssen, dann frage ich mich, was in seinem Kopf vorgeht“, schreibt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008). Denn Taylor präsentiert in seinem Beitrag zwei weitere Abbildungen, die einen Absturz der Anlageinvestitionen seit 2006 zeigen.


Anteil der Anlageinvestitionen am BIP versus Arbeitslosenquote, Graph: Prof. John Taylor

Es hat grösstenteils mit dem Platzen der Spekulationsblase am Immobilienmarkt zu tun. Unternehmensinvestitionen sind niedrig, aber nicht geringer als dass man angesichts der depressiven Verfasssung der Wirtschaft  annehmen dürfte. In der Tat weisen die Unternehmensinvestitionen jetzt in etwa den gleichen Prozentssatz des BIP wie während der viel milderen Rezession von 2001 auf, erklärt Krugman.

Was die Daten tatsächlich sagen, ist, dass wir einem katastrophalen Platzen einer Immobilienspekulationsblase gegenüber standen und die Unternehmen, wie vorherzusehen war, Investitionen angesichts der Überkapazitäten zurückgehalten haben. „Der Rest ist nur politisch motivierte Mythologie“, fasst Krugman mit Recht zusammen.

Mark Thoma deutet in seinem Blog auf einen Beitrag von Justin Wolfers hin. Wolfers argumentiert in seinem Blog, dass die Daten sich so einreihen, dass man glaubt, den perfekten Beweis zu sehen. Das Streudiagramm stelle genau so etwas dar. Und dann realisiere man, dass die Ausrichtung des Diagramms vielleicht einfach zu perfekt ist. Was man sieht, ist eine Überzeugungsarbeit, die als Wissenschaft verschleiert wird, erläutert Wolfers.

Warum beginnt Taylor aber mit den Daten aus dem Jahr 1990? Geht man bis 1970 zurück und zeichnet das Streudiagramm neu, dann sieht die Abbildung gar nicht so beeindruckend wie Mankiw hervorhebt aus, sondern „mit einer entschieden nicht-beeindruckenden Korrelation von Minus 0,14“, schildert Wolfers.

Seine Schlussfolgerung ist, dass der Anteil der Investitionen in guten Zeiten häufiger höher ist als sonst. Aber er sei sich nicht sicher, warum. Ist es so, wie Taylor behauptet, dass ein hoher Anteil der Investitionen gute Zeiten schaffen? Oder ist es so, dass gute Zeiten Investitionen ankurbeln? Oder gibt es einen dritten Faktor? Dass der Staat z.B. in guten Zeiten keine fiskalpolitische Impulse zu verleihen braucht, weil die Investitionen hoch sind?

Krugman liefert in einem nachfolgenden Beitrag eine veranschaulichte Form des besagten Streudiagramms nach. Angenommen, wir schauen uns gewerbliche Investitionen an und davon ausgehen, dass die Kausalität hauptsächlich von Arbeitslosigkeit zu Investitionen verläuft, als Indikator für Überkapazitäten, nicht umgekehrt. Dann entsteht das folgende Schaubild.


Streudiagramm: Arbeitslosigkeit versus Investitionen, Graph: Prof. Paul Krugman

Fazit: Die Investitionen sind im Verhältnis zum BIP gering. Das ist aber angesichts der Tatsache, wie depressiv die Wirtschaft ist, keine Überraschung. Wenn überhaupt, sind die Investitionen heute sogar etwas höher als man im Vergleich zu vergangenen Rezessionen hätte erwarten dürfen.

PS: John Taylor fühlt sich nun absichtlich für dumm verkauft. Er bekennt sich verwirrt durch die Kritik von Paul Krugman.

Krugman erklärt noch einmal, dass die Unternehmensinvestitionen in der Bush-Rezession und danach eigentlich tiefer und länger waren als diesmal. Die konjunkturelle Flaute ist heute natürlich tiefer. Warum? Weil das Wohnungswesen abgesackt ist. Die Rezession von 2001 war eine Rezession, die hauptsächlich von Unternehmensinvestitionen getrieben wurde. Die Rezession von 2007 ist auf das Wohnungswesen zurückzuführen, wobei die Unternehmensinvestitionen einen nachlaufenden Indikator darstellen. Krugman kreidet Taylor Polemik an, mit Recht. Denn gibt es irgendeinen Grund, zu glauben, dass eine anti-business-Rhetorik oder Politik an niedrigen Unternehmensinvestitionen Schuld sein sollte?

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