Montag, 28. Juli 2014

Unternehmen: Listige Schlitzohre und Steuerumgehung

Paul Krugman vertritt in seiner lesenswerten Kolumne („Corporate Artful Dodgers“) am Montag in NYTimes die Meinung, dass der US-Kongress gegen die „mehr denn je aggressive Steuervermeidung“ der Unternehmen etwas unternehmen soll.

Der im in New York angesiedelten Luxembourg Income Study Center forschende Wirtschaftsprofessor nimmt dazu das aktuelle Urteil des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten (Supreme Court) zum Anlass, wonach Unternehmen Menschen seien, mit allen damit verbundenen Rechten.

Es gibt aber einen grossen Unterschied, zwischen juristischen Personen und Personen wie Ihnen und mir, so Krugman: Der aktuelle Trend läuft auf eine Welt hinaus, wo nur menschliche Wesen Steuern zahlen.

Wir sind noch nicht so weit: Die US-Regierung bekommt ein Zehntel der Steuereinnahmen aus der Besteuerung der Unternehmensgewinne. Die Quote lag aber in der Vergangenheit viel höher. Ein Drittel der Einnahmen stammten in den früheren 1950er Jahren aus Gewinnsteuern.

Ein Teil des Rückgangs ist auf den Rückgang der Steuerquote zurückzuführen. Hauptsächlich reflektiert die Entwicklung aber die „mehr denn je aggressive Steuervermeidung“: Steuerumgehung, wogegen die Politik so gut wie nichts unternommen hat, erklärt der am Graudierten Zentraum der City University of New York (CUNY) lehrende Ökonom.



Steuereinnahmen der öffentlichen Hand aus Unternehmen in den USA, Graph: Danielle Kurtzleben, July 25, 2014 in „Corporations used to pay almost one-third of federal taxes. Now it’s one-tenth” via vox.

Die Steuervermeidungsstrategie nennt Krugman „inversion“, welche sich auf ein legales Manöver bezieht, wo ein Unternehmen erklärt, dass seine Geschäfte im Besitz seiner ausländischen Tochtergesellschaft seien, nicht anders herum, und das Unternehmen verwendet diesen Rollentausch, um die gemeldeten Gewinne aus der amerikanischen Gerichtsbarkeit zu einem anderen Ort mit einem niedrigen Steuersatz zu bringen.

Das wichtigste über die inversion ist zu verstehen, dass es in keinem bedeutsamen Sinne „Amerikas Unternehmen wandern nach Übersee“ beinhaltet. Alles, was Unternehmen tun, ist, Steuervermeidung auf erzielte Gewinne. Der US-Kongress könnte im Grunde genommen durchgreifen.

Die Gegner der Aufhebung der inversion argumentieren i.d.R., dass wir anstatt die Schlupflöcher zu schliessen, das ganze System reformieren sollen, wo wir aufhören sollten, die Gewinne insgesamt zu besteuern. Die Argumentation lautet also, dass die Besteuerung von Unternehmensprofiten Investitionen beeinträchtigt und Arbeitsplatzbeschaffung erschwert. Das sind natürlich sehr schlechte Argumente gegen die Beendigung der inversion-Praxis.

Zur Reform des Systems meint Krugman, dass es ja eine gute Idee ist. Aber es gibt grosse, langanhaltende Debatten über die Form der Reform, die Jahre in Anspruch nehmen würden, umgesetzt zu werden. Warum soll man aber Unternehmen  Jahre lang gewähren lassen, Steuern zu vermeiden, während wir warten, bis die Blockade zu Reformen durchbrochen wird?

Nichts davon hat schliesslich mit Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun. Falls Walgreen seine „Staatsbürgerschaft“ wechselt, kann es mehr von seinen Gewinnen zurückbehalten. Aber es wird keinen Anreiz haben, diese zusätzlichen Gewinne in seine Geschäfte in den USA zu investieren, so Krugman.

Mit allen Mitteln soll eine Debatte darüber stattfinden, wie und wie viel die Gewinne besteuert werden sollen, hält Krugman als Fazit fest: In der Zwischenzeit soll das ungeheuerliche Schlupfloch geschlossen werden.

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