Wir befinden uns mitten in der schlimmsten Finanzkrise seit 1929. Die US-Notenbank (Fed) hat darauf reagiert und ihren Leitzins seit August 2007 um insgesamt 300 Basispunkte (d.h. 3,0%) auf mittlerweile 2,25% gesenkt. Auch die amerikanische Regierung blieb nicht untätig. Die US-Administration hat ein milliardenschweres Konjunkturpaket aufgelegt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat davor gewarnt, dass der Schaden der Krise sich auf fast 1'000 Mrd. Dollar belaufen könnte. Die Europäische Zentralbank (EZB) dagegen behält ihren Leitzins seit Juni 2007 unverändert bei 4,0% und verlässt sich auf die Selbstheilungskräfte des Marktes ein.
Nicht nur die Lagebeurteilung, sondern auch der Lösungsansatz der beiden führenden Notenbanken liegt eindeutig diametral. Besonders in der Frage, wie das Finanzsystem die Realwirtschaft beeinflusst, gehen die Meinungen von Experten auseinander. Das ist ein Novum. Denn nach bisherigen Erfahrung kam es zunächst zu einem Abschwung und dann wurde die Finanzbranche davon betroffen. Nun ist der Fall umgekehrt. Inzwischen nimmt die Kritik an Alan Greenspan, den ehemaligen Fed-Chef augenfällig zu. Es zeichnet sich unter den einstigen Notenbank-Präsidenten ein ungewöhnlicher Dissens ab. Paul Volcker (80), der die Fed zwischen 1979 und 1987 führte, wirft Greenspan (82) in aller Deutlichkeit vor, mit einer zu lockeren Geldpolitik die gegenwärtige Finanzkrise ausgelöst zu haben. Auch die Rettungsaktion der US-Investmentbank Bear Stearns durch die Fed mit dem derzeitigen Chef Ben Bernanke missbilligt Volcker ausführlich. Die in der Öffentlichkeit bitter geführte Debatte über die Fehler in der Vergangenheit ist in diesem Ausmass völlig ungewöhnlich.
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