Die auf dem Spiel stehende Dodd-Frank Finanzreform will die OTC-Derivate (OTC: over-the-counter) über eine Clearing-Stelle verrechnen lassen, um (a) die Preistransparenz und (b) die Sicherheit zu erhöhen.
Es sind nicht nur die Händler, die die Finanzreform zurückdrängen, sondern auch die Europäische Kommission und das US-Finanzministerium, wie die FT (vgl. auch hier) aus London berichtet. Perry Mehrling befasst sich vor diesem Hintergrund mit der Frage, was los ist. Der an der Barnard College, Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor erklärt in seinem Blog zu Beginn, wie ein Swap funktioniert.
In seiner Essenz ist das ganze Bankwesen nichts anderes als ein Tausch von Schuldscheinen (IOU: I Owe You). Ich gebe meinem Banker ein Bündel Papier, welches im Wesentlichen besagt, dass „ich Ihnen 100’000$ schulde“. Und mein Banker gibt mir ein Sparkonto, welches dasgleiche besagt. Das Ergebnis ist eine alchemische Umwandlung meiner ungewissen künftigen Ertragsperspektiven in aktuell aufwendbares Bargeld, beschreibt Mehrling.
Obwohl der aktuelle Wert der beiden IOU’s der selbe ist, ist der zukünftige Wert nicht. Die Differenz ist die Quelle des erwarteten Gewinns meines Bankers und auch des Risikos meines Bankers, was durch diesen Gewinn kompensiert wird.
Es gibt das Liquiditätsrisiko, da ich wahrscheinlich meine Einlagen an jemanden anderen übertragen werde, was einen Abfluss der Reserven meines Bankers bedeutet. Langfristig gibt es zudem auch ein Bonitätsrisiko, da mein Banker wegen der Übertragung meiner Einlagen zappelt, selbst wenn ich meinen Kredit nicht zurückzahlen kann oder wenn die Zinssätze steigen, sodass mein Kredit an Wert verliert.
Die Kunst des Bankwesens ist traditionell die Kunst des Risikomanagements, indem z.B. das Kreditrisiko mit Hilfe von Diversifizierung verwaltet wird oder mit Hilfe von Anpassung von Laufzeit der Wertpapiere (duration), um das Zinsänderungsrisiko zu managen. Im modernen Bankwesen werden Swap-Kontrakte für denselben Zweck verwendet. Ein Credit Default Swap (CDS) kann eingesetzt werden, um Kreditrisiken abzusichern und ein Zinsswap, um ein Zinsrisiko zu hedgen.
Das Schatten Bankensystem hat von Swap-Kontrakten umfangreich Gebrauch gemacht. Aus diesem Grund steht die Reform der OTC-Derivate im Mittelpunkt eines jeden Versuchs, das Problem der Regulierung des Schatten Bankensystems ernsthaft anzugehen, legt Mehrling dar.
Und es ist daher eine definitiv bedeutende Nachricht, dass Tim Geithners Schatzamt die Devisen-Swaps aus der Dodd-Frank-Finanzreform herausnimmt. Mary Miller, Assistant Treasury Secretary drückt es etwas unaufrichtig aus: „Die Devisen-Swaps und die Terminmärkte haben während der Finanzkrise weiterhin funktioniert“. Jeder wird sich aber erinnern, dass der Markt dank der Zusammenarbeit der Zentralbanken funktioniert hat, z.B. dank Liquiditätsspritzen.
Die Protagonisten im Schatten Bankensystem verwenden den Interbankengeldmarkt (wholesale money market), um private Kredite zu finanzieren. Aber sie benutzen auch die Derivate-Märkte, um das Risiko dieser Kredite zu managen. Aus dieser Sicht ist die Rolle der Derivate-Händler entscheidend gewesen.
Die CDS-Dealer, wie die Händler im allgemeinen in anderen Wertschriften, verdienen Geld, indem sie einen Preis stellen (Market-Making), zu dem sie zu kaufen bereit sind und einen anderen Preis, zu dem sie zu verkaufen bereit sind. Und sie nehmen den daraus resultierenden Auftragsfluss auf ihre Bücher auf.
Das ideale, sog. „matched book“ (gedeckte Position) bezieht sich auf eine Bilanz, in der Short- und Long-Positionen genau ausgeglichen sind, sodass das Risiko eliminiert wird und aus der Differenz zwischen dem Verkaufs- und Kaufpreis Gewinn stammt.
In einem dezentralen Markt traden die Händler mit einem anderen Markt, um die Bücher auszugleichen, die sich aus dem Auftragsfluss der Kunden ergeben. In einer zentralisierten Clearingstelle (clearing house) ist die Gegenpartei die Clearingstelle (central counterparty clearing) selbst. Transparenz für die Händler bedeutet vermutlich Transparenz auch für die Zentralbank, fasst Mehrling zusammen.
Hat tip to Mark Thoma.
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