Auf Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien lasten immer schwerer zu tragende öffentliche und private Schulden, schreiben Nouriel Roubini und Stephen Mihm in einem lesenswerten gemeinsamen Artikel („A Loan and a Prayer“) in Project Syndicate. Griechenland ist eindeutig insolvent. Portugal erlebt ein fiskalische Zugunglück. In Irland und Spanien wird die Überführung der riesigen Verluste des Bankensystems in die staatliche Bilanzen letzlich in die staatliche Zahlungsunfähigkeit führen, bemerken die Autoren.
Der offizielle Ansatz, Plan A, bestand bisher darin, so zu tun, als ob diese Volkswirtschaften statt unter einem Solvenzproblem unter einer Liquiditätsverknappung leiden würden. Die Bereitstellung von Rettungskrediten zusammen mit Sparmassnahmen (fiscal austerity) und Strukturreformen würde die Tragbarkeit von Schulden und den Marktzugang wiederherstellen. Dieser Ansatz („verlängern und so-tun-als-ob“) wird zwangsläufig scheitern. Die meisten Optionen, die die verschuldeten Länder in der Vergangenheit genutzt haben, um sich vor Überschuldung zu befreien, nicht durchführbar, unterstreichen Roubini und Mihm.
(a) Inflation: Die Option, Geld zu drucken und mittels Inflation Schulden loszuwerden, steht nicht zur Verfügung, weil (i) die Volkswirtschaften in der Zwangsjacke Eurozone gefangen sind, und (ii) die EZB sich auf eine Monetarisierung der Haushaltsdefizite niemals verlegen würde.
(b) Wachstum: Die Option, sich durch ein hohes BIP-Wachstum zu retten, ist genauso wenig verfügbar. Die Schuldenlast der Volkswirtschaften an der EU-Peripherie ist so hoch, dass eine robuste Wirtschaftsentwicklung nahezu unmöglich ist.
(c) Währungsabwertung: Die Option, eine reale Abwertung der Währungen herbeizuführen und so die Handelsdefizite in Überschüsse zu verwandeln, wird durch eine verfrühte Straffung der Geldpolitik durch die EZB vereitelt. Ein steigender Euro impliziert eine neue reale Aufwertung, die die Wettbewerbsfähigkeit weiter unterminiert.
Die deutsche Lösung für dieses Problem, das Lohnwachstum niedriger zu halten als die Produktivät und so die Lohnstückkosten zu reduzieren, würde mehr als ein Jahrzehnt erfordern, bevor sie Resultate zeigen würde.
Eine Lohn- und Preisdeflation geht mit einer sich stetig vertiefenden Rezession einher. Die reale Abwertung ist aber erforderlich, um das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen.
(d) Sparen: Die Option, den privaten und öffentlichen Verbrauch zu reduzieren, um private Ersparnisse zu vermehren und die Umsetzung von fiskalischen Sparmassnahmen (fiscal austerity) zu verwirklichen, stellt keine Alternative dar. Begründung: Sparparadoxon („paradox of thrift“) à la Keynes. Der private Sektor kann weniger ausgeben und mehr sparen, aber das würde unmittelbare Kosten nach sich ziehen: Rückgang der Wirtschaftsleistung und Anstieg der Schulden (als Anteil vom BIP).
Eine Erhöhung der Steuern, Verringerung der Subventionen und Reduzierung der Staatsausgabven würden das Wachstum kurzfristig abwürgen und das Schuldenproblem verschärfen.
Wenn Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien ihre Probleme nicht durch Inflation, Wachstum, Währungsabwertung und Sparen lösen können, ist der Plan A gescheitert. Die einzige Alternative ist, schnell auf Plan B umzusteigen, heben Roubini und Mihm hervor.
Eine geordnete Umstrukturierung und Verringerung der Schulden der Regierungen, Haushalte und Banken.
Dies kann auf verschiedene Weise geschehen, beschreiben Roubini und Mihm: Eine geordnete Umschuldung der öffentlichen Schulden der genannten Länder kann durchgeführt werden, ohne tatsächlich das Schuldenkapital selbst zu reduzieren. Das bedeutet, dass man (I) die Fälligkeitsdaten verlängert und (II) die Zinsen der Neuschulden senkt, und zwar auf ein erheblich niedrigeres Niveau als die derzeitigen, nicht zu bewältigenden Marktzinsen.
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