Sonntag, 19. April 2015

IWF und warum Investitionen so schwach sind

Im aktuellen World Economic Outlook nimmt sich der IWF des Themas an, warum Investitionen so schwach sind. Es ist eine Frage, worüber in den Nachwirkungen der Finanzkrise immer noch kontrovers diskutiert wird.

Es gibt im Wesentlichen zwei Ansichten: Die eine besagt, dass es mit Vertrauen zu tun hat, weshalb zu wenig investiert werde. Es mangelt an Vertrauen, weil die öffentliche Verschuldung so hoch ist, so die Behauptung. Notwendig seien daher Strukturreformen.

Die andere Ansicht legt dar, dass Investitionen so schwach sind, weil die Wirtschaft so schwach ist. Die privaten Haushalte sind mit dem Schulden-Abbau (deleveraging) beschäftigt, während die Haushaltskonsolidierung auf dem Wirtschaftswachstum laste, womit Anreize zur Kapazitätserweiterung verloren gehen. Der Akzelerator-Effekt führt zu geringeren Investitionen, die das Wachstum weiter reduzieren.

Der IWF unterstützt im Chapter 4 die zweite Ansicht, ohne mit der Wimper zu zucken.

Um mit dem Problem der umgekehrten Kausalität (schwache Investitionen führen zum schwachen Wachstum und umgekehrt) fertig zu werden, verwendet der IWF einen „instrumental variables“-Ansatz, wie Paul Krugman  in seinem Blog erläutert.

Das heisst, dass der IWF die  Episoden mit Wachstumsschwäche unter die Lupe nimmt, die eindeutig von anderen Faktoren verursacht sind, sodass sicher gesagt werden kann, dass fallende Investitionen ein Effekt, nicht eine Ursache sind.

Und dieses Instrument ist Haushaltskonsolidierung (fiscal consolidation). Das sind Fälle, wo die Ausgabenkürzungen und/oder Steuererhöhungen die Nachfrage drosseln und damit schwache Investitionen auslösen.

Was in der IWF-Analyse explizit nicht zum Ausdruck gebracht wird, ist die Tatsache, dass damit insgesamt der falsche Glaube in Sachen Haushaltsdefizit wiederlegt und die umstrittene keynesianische Theorie darüber bestätigt wird.

Der falsche Glaube sieht nämlich so aus: Haushaltsdefizite verdrängen private Investitionen (der sog. crowding-out Effekt), sodass Haushaltskonsolidierung zu höheren Investitionen führt. Der IWF sagt aber, dass dem nicht so ist: Wenn die Regierung Massnahmen trifft, um das Haushaltsdefizit zu verringern, fallen Investitionen.

Wenn die öffentliche Hand Austeritätspolitik durchführt, versucht sie damit, Netto-Kreditaufnahme zu reduzieren. In der Tat erhöht die Regierung aber ihre Sparquote. Versuche, die Ersparnisse zu erhöhen, führen also zu weniger Investitionen. Und das ist die empirische Bestätigung der Existenz des Sparparadoxon (paradox of thrift).

Das ist bemerkenswert. Jemand soll es Wolfgang Schäuble erzählen, stichelt  Krugman am Schluss als Fazit, völlig zu Recht. 

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