Dienstag, 25. August 2015

China: Mindestreservesatz und Geldmultiplikator

Die chinesische Notenbank (PBoC: People’s Bank of China) hat heute auf die Abkühlung der Wirtschaft mit Zinsenkungen reagiert: Der einjährige Kreditzinssatz wurde um 25 Basispunkte auf 4,6% gesenkt.

Der Einlagensatz wurde um 0,25% auf 1,75% gekürzt. Chinas Währungshüter haben auch den Mindestreservesatz (RR-Satz) um 0,50% auf 18% zurückgezogen.

Da Peking befürchtet, dass die RMB-Abwertung zu einem verstärkten Abfluss des ausländischen Kapitals führen kann, ist es vernünftig, den RR-Satz zu senken. Die RRR-Kürzung reduziert nämlich die Notenbankgeldmenge (monetary base) und kurbelt den Geldmultiplikator (money multiplier) an.

Wenn die Banken die Sichteinlagen, die sie bei der PBoC deponieren, wieder zurückziehen, nimmt die Notenbankgeldmenge (Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Noten im Umlauf) ab.

Angesichts der aktuellen Grössenordnung der Einlagen im Banking-Sektor, lässt jede RRR-Reduzierung um 100 Basispunkte (1%) im Durchschnitt 1’200 Mrd. RMB Liquidität frei, wie FTAlphaville berichtet.

Da in der zweiten Jahreshälfte genau soviel Kapital abfliessen könnte wie in der ersten Jahreshälfte, kann der RR-Satz im Grunde genommen bis auf 6% gesenkt werden, um Kreditschöpfung anzuregen.


China; Notenbankgeldmenge und M2, Graph: CEIC, HSBC via FTAlphaville


Chinas Führung scheint anzuerkennen, dass sie ein freischwankendes Wechselkurssystem braucht, um geldpolitische Unabhängigkeit in Anspruch zu nehmen. Peking hat bisher, um dem “Impossible Trinity”- Phänomen vorzubeugen, auf einen freien internationalen Kapitalverkehr “verzichtet”.

Da die Kapitalbilanz sich heute mit einem schnelleren Tempo (zumindest seit dem letzten Jahr) öffnet, benötigt die PBoC einen flexibleren Wechselkursmechanismus, wenn sie eine unabhängige Geldpolitik führen will.

Der aktuelle Prozess ermöglicht der PBoC mehr Spielraum, monetäre Bedingungen im Land zu entspannen. Es ist daher damit zu rechnen, dass China mit der Lockerung der Geldpolitik weiter fortfahren wird. Weil der Realzins aufgrund der anhaltenden Deflation gemessen am Erzeugerpreisindex (PPI) nach wie vor hoch ist und daher dazu beiträgt, die monetären Rahmenbedingungen zu verschärfen.



China; PPI-Deflation, Graph: Morgan Stanley

Exkurs:

M1= Bargeldumlauf + Sichteinlagen
M2= M1 + Spareinlagen
M3= M2 + Termineinlagen


1 Kommentar:

Michael Stöcker hat gesagt…

Der sogenannte Geldmultiplikator bzw. Geldschöpfungsmultiplikator stammt noch aus der Zeit, als die Bundesbank den Geldschöpfungsprozess falsch dargestellt hatte (bis zum Jahre 2008): http://blogs.faz.net/fazit/2015/04/17/wenn-ungleichheit-zur-wachstumsbremse-wird-5696/#comments. Dieser Multiplikator wurde mittlerweile aus dem Glossar der Bundesbank entfernt, da er auf einer fehlerhaften exogenen Geldtheorie basiert.

LG Michael Stöcker