Samstag, 22. August 2015

Mehr Staatsausgaben wären gerade richtig

Ob Sie es glauben oder nicht: Es gibt einen vernünftigen Grund zur Annahme, dass ein Teil von dem, was die Weltwirtschaft derzeit belastet, die Tatsache ist, dass die Staaten nicht genug Schulden haben, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Debt is good”) am Freitag in NYTimes.

Das mag sich verrückt anhören. Immerhin haben wir die letzten fünf oder sechs Jahre in einem Zustand der Fiskal-Panik gelebt, wo die Very Serious People (VSP) uns erklären, dass wir das Haushaltsdefizit kürzen müssen, und zwar jetzt sofort, weil wir sonst so enden wie Griechenland, mit der Betonung auf Griechenland, hebt der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor hervor.

Die Antriebskraft des Defizit-Schimpfers bezog sich aber immer um den Siegszug der Ideologie über die Beweise. Und eine wachsende Anzahl von ernsthaften Menschen argumentiert gleichzeitig, dass wir mehr Staatsverschuldung brauchen, nicht weniger.

Warum?

Eine Antwort darauf ist, dass die USA offensichtliche Mängel in Sachen Strassen, Schienen, Wassersystemen und mehr erleiden. Unterdessen kann der Staat zu historisch niedrigen Zinsen Kapital aufnehmen. Es ist also ein sehr guter Zeitpunkt, Kredit aufzunehmen und Investitionen in die Zukunft zu tätigen.



Grossbritanniens Staatsverschuldung, Graph: Paul Krugman in NYTimes


Darüber hinaus verschaffen die Anleihen von stabilen und zuverlässigen Staaten “sichere Anlagen” (safe assets), die Investoren helfen, Risiken zu managen, Transaktionen einfacher zu bewerkstelligen und ein zerstörisches Gerangel um Cash zu umgehen.

Und wenn die Zinsen für staatliche Schuldtitel sehr niedrig sind, auch wenn die Wirtschaft so stark ist, dann gibt es nicht viel Spielraum, die Verschuldung zu senken, wenn die Wirtschaft schwach ist, was die Bekämpfung der Rezession erschwert. Auch die Stabilität des Finanzsystems ist wahrscheinlich davon betroffen: sehr niedrige Renditen auf sichere Anlagen veranlassen Anleger, mehr Risiken einzugehen.

Was kann aber dagegen unternommen werden? Einfach die Zinsen zu erhöhen, wie manche Finanztypen es ständing verlangen, würde die immer noch fragile Erholung der Wirtschaft unterhöhlen. Was wir jetzt brauchen, ist eine Politik, die einen Anstieg der Zinsen in guten Zeiten zulässt, ohne einen Abschwung auszulösen. Und eine solche Politik würde heute darauf hinaus laufen, ein etwas höheres Mass an Schulden anzustreben.

M.a.W. war die grosse Schulden-Panik sogar noch verbohrter als diejenigen von uns (anti-austerity Seite) realisiert haben, so Krugman.

Nicht nur haben die Regierungen, die auf Defizit-Schimpfer hörten, die Rezession verlängert, sondern die Wirtschaft möglicherweise künftigen Krisen ausgesetzt, durch Kürzung von Investitionen im öffentlichen Sektor, wo die Anleihe-Investoren sie praktisch anbeten, Ausgaben zu erhöhen.

Und die Ironie ist laut Krugman, dass diese törichte Politik und das ganze menschliche Leiden, die sie verursacht haben, mit Appellen an vorausschauende Klugheit und haushaltspolitische Verantwortlichkeit verkauft wurden.

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