Samstag, 21. Dezember 2013

Robert Solow analysiert die Greenspan-Ära der US-Notenbank

Alan Greenspan war 19 Jahre lang der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed). Gewählt worden ist der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler von Präsident Ronald Reagan im Jahr 1987. Der New Yorker hat insgesamt unter vier US-Präsidenten die US-Geldpolitik gestaltet. Sein Ruf als „grand maestro“ der Geldpolitik und der allgemeinen Orakel über die Wirtschaft ist jedoch seit seinem Amtsaustritt vor der Finanzkrise von 2008 stetig bergab gegangen.

Robert Solow liefert in einem langen Artikel („Alan Greenspan is still trying to justify his bad decisions“) in New Republic eine kritische Würdigung der Greenspan-Ära der Fed.

Greenspan hat die ersten beiden Herausforderungen während seiner Amtszeit meisterhaft bewältigt, schreibt der inzwischen emeritierte Professor für Wirtschaftswissenschaften am MIT.

Als der Aktienmarkt im Oktober 1987 zusammenbrach, tat die Fed das klassisch Richtige, so der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften von 1987. Die Fed hat die Bereitschaft unterstrichen, das Finanzsystem mit Liqudität zu versorgen, wo es erforderlich sein sollte, sodass jeder, der in Panik gehandelt hat, es wahrscheinlich bereuen würde. Der Finanzmarkt kam folglich nicht zum Erliegen. Die Realwirtschaft wurde vom Einbruch der Aktienkruse im Wesentlichen nicht betroffen.

Während der langen Clinton-Ära erlebte die Wirtschaft einen Aufschwung (von 1992 bis 2000). Die Fed und Greenspan standen laut Solow einem komplexen Problem gegenüber. Dennoch taten sie erneut das Richtige. Denn fast alle Experten und wahrscheinlich auch die meisten professionellen Ökonomen im Dienst der US-Notenbank glaubten, dass die „natürliche Arbeitslosigkeitsrate“ um rund 6,5-7% liege. Als der Aufschwung sich fortsetzte und der Haushalt einen Überschuss aufwies, erhöhte die Politik den Druck auf die Fed. Die Zeit sei gekommen, die Geldpolitik zu straffen. Die Zinsen müssten erhöht werden. Sonst würde Inflation ausser Kontrolle geraten.




Greenspan sah auf die Daten und die Wirtschaft um ihn herum und war davon überzeugt, dass das Wirtschaftswachstum anhalten würde, beschreibt Solow weiter. Am Ende hatte Greenspan recht: Die Arbeitslosigkeit ist unter 4% gesunken. Greenspan vertrat die Ansicht, dass die Produktivität sich schneller verbessern würde als alle anderen dachten und herkömmlichen Messwerte nahelegten. Es gab einige andere Faktoren, die dafür sprachen. Das war nach Solows Worten eine Zurschaustellung von Pragmatismus.

Das ist aber alles, was auf der Plus-Seite von Greenspan steht. Auf der Minus-Seite veranschlagt Solow zwei grosse Fehler. Das erste Versagen ist, dass Greenspan die Bedeutung der Immobilien-Blase und die gefährliche Anfälligkeit des Finanz-Mechanismus nicht erkannt hat. Hätte Greenspan das Ganze eingesehen, und die Bubble prompt durchgestochen, wären der Wirtschaft die lange Phase der Wachstumsschwäche erspart geblieben, worunter wir heute noch leiden.

Der zweite Fehler war Greenspans tiefe Überzeugung davon, dass das unregulierte Finanzsystem sich selbst stabilisiere, wonach das Eigeninteresse all dieser klugen und erfahrenen Marktteilnehmer mit viel Vermögen im Spiel für die Anhäufung des Risikos in erträglichen Grenzen sorge. So hat Greenspan die Deregulierung gefördert und zugelassen, dass das Desaster einschlug, als der einfache Glaube daran sich als falsch erwies.

Der erste Fehler ist teilweise entschuldbar. Der zweite Fehler sei aber eine Katastrophe gewesen. Und es war kein Zufall, hält Solow als Fazit fest.

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