Samstag, 25. Juni 2011

Kurzfristige Defizitkürzung ist nicht expansiv

Die USA weisen ein grosses Haushaltsdefizit auf und haben eine Schuldenquote in Relation zum BIP, die in meisten Projektionen im Lauf der Zeit weiterhin steigt. Einige Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat argumentieren, dass diese Situation grosse, unmittelbare Kürzungen der Staatsausgaben fordert, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („Fiscal Contraction Hurts Economic Expansion“) in NYT.

Im Joint Economic Committee des Kongresses hat eine Anhörung stattgefunden, zu diskutieren, ob solche Kürzungen auf kurze Sicht kontraktiv oder expansiv wären. Nach der Teilnahme als sachverständiger Zeuge schliesst Johnson, dass grosse unmittelbare Ausgabenkürzungen dazu neigen würden, die Wirtschaft zu verlangsamen.

Die allgemeine Annahme ist, dass kontraktive Finanzpolitik die Wirtschaft in bezug auf das Wachstum sofort verlangsamen würde als sonst. Aber einige Studien haben herausgefunden, dass fiskalpolitische Kontraktion unter vier Bedingungen expansiv sein kann. Keine dieser Bedingungen trifft jedoch heute für die USA zu, unterstreicht der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor.

(1) Wenn es ein wahrgenommenes Länderrisiko (sovereign default risk) existiert: Aber die USA zählen derzeit zu den Ländern mit dem niedrigsten staatlichen Risiko.

(2) Es ist höchst unwahrscheinlich, dass kurzfristige Ausgabenkürzungen direkt das Vertrauen der Haushalte oder Unternehmen erhöhen würde: Die USA haben immer noch eine erhebliche Produktionslücke (output gap). Fiskalische Kontraktion würde in einer solchen Situation kaum das Vertrauen anregen.

(3) Wenn die Geldpolitik immer expansiver wird, während die Fiskalpolitik restriktiv ist: Aber es ist unklar, dass eine expansivere Geldpolitik aus Sicht der Fed ratsam oder möglich wäre, auch wenn die Arbeitslosigkeit steigt, weil eine fiskalische Kontraktion die Entlassung vieler Arbeiter im öffentlichen Sektor bedeuten würde.

(4) Restriktive Fiskalpolitik und lockere Geldpolitik können in kleinen, offenen Volkswirtschaften mit flexiblen Wechselkursen den relativen Wert der Währung nach unten drücken (Abwertung), und damit die Exporte steigern: Das ist aber im Fall der USA unwahrscheinlich, weil andere Industrieländer auch eine restriktive Fiskalpolitik betreiben.

Die verfügbare Daten, einschliesslich der internationalen Erfahrung legen nahe, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass die USA eine expansive fiskalpolitische Kontraktion (expansionary fiscal contraction) als Folge von kurzfristigen Staatsausgabenkürzungen erleben würden, fasst der ehemalige Chefökonem des IWF als Fazit zusammen.

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