Dienstag, 5. Juli 2016

Nachfrage nach sicheren Kapitalanlagen

Fazit, das Wirtschaftsblog der Frankfurter Allgemeine Zeitung befasst sich mit dem Thema Negativ-Renditen.

Die Nachfrage nach sicheren Anlagen v.a. durch internationale Kapitalanleger ist ein wesentlicher Grund, warum die Renditen von Bundesanleihen in den vergangenen Jahren so stark gefallen und heute negativ sind, wird im Beitrag erklärt. 

Das wesentliche Argument lautet demnach, dass der starken Nachfrage ein zu kleines Angebot entgegensteht.

Der Autor deutet zur Erläuterung auf das „Entstehen einer breiten Schicht von Sparern in Schwellenländern, darunter nicht zuletzt China“ hin, als einen wichtigen Grund für das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. „Viele dieser Anleger suchen Sicherheit und stürzen sich auf sichere Kapitalanlagen in Industrieländern“, so die Begründung.

Warum aber in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.

Ein Blick auf die Finanzierungssalden der Wirtschaftssektoren in Deutschland zeigt, dass private Haushalte, Unternehmen und der Staat einen positiven Wert aufweisen, das heisst, dass alle gleichzeitig sparen. Nur das Ausland hat einen negativen Saldo, d.h. es verschuldet sich, um z.B. deutsche Güter und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Mit anderen Worten wird nicht nur in den sog. Schwellenländern die Gürtel enger geschnallt, sondern auch hierzulande.

Warum ist das Angebot an Staatsanleihen aber so gering? Weil das Bundesfinanzministerium eine „Schwarze Null“-Politik verfolgt, und zwar in einem schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft. Welchen Sinn macht es aber? Dass es im Euro-Raum an Nachfrage mangelt, betont Peter Praet, EZB-Chefvolkswirt seit mehreren Monaten in einer Reihe von öffentlichen Referaten unermüdlich.




Finanzierungssalden der Wirtschaftssektoren Deutschlands, Graph: Martin Wolf in: FTGermany is the eurozone’s biggest problem“.


Der Hinweis im Blog-Eintrag auf die Knappheit von sicheren Kapitalanlagen ist zwar richtig, aber nicht ausreichend, weil der Grund dafür nicht genannt wird: Die Haushaltskonsolidierung (fiscal austerity). 

Ob der harsche Sparkurs in einer Wirtschaft, die in der Liquiditätsfalle steckt, vernünftig ist, ist höchst zweifelhaft, wie jedes Lehrbuch der Volkswirtschaftslehre bestätigen würde.

Zu tadeln ist also die anhaltende Kürzung der Ausgaben im privaten und öffentlichen Sektor. Die Zinsen sind nicht "künstlich" niedrig; sie sind niedrig, weil die bestehenden wirtschaftspolitischen Massnahmen disinflationär ausgerichtet sind.

Die EU-Kommission drängt nämlich alle Mitgliedsländer der Eurozone seit mindestens fünf Jahren in eine Austerität-Zwangsjacke, die bisher nichts anderes als wirtschaftliche Stagnation und steigende Arbeitslosigkeit hervorgebracht hat, wie Paul De Grauwe in einem lesenswerten Beitrag in seinem Blog bemerkt.

Nicht nur die Haushaltsregeln, sondern auch die Strukturreformen, die von den gleichen EU-Institutionen auferlegt werden, sind für die Ablehnung der EU von Millionen von Menschen verantwortlich. Das ist der Grund, warum das britische EU-Referendum zum „Leave“ geführt hat, erklärt der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor u.a. weiter.

Ein Anstieg der öffentlichen Investitionen kann nur durch eine Änderung des Fiskalpaktes (fiscal compact), der für die Mitgliedsstaaten einen ausgeglichenen Haushaltssaldo vorschreibt, herbeigeführt werden. 

Wächst die Wirtschaft, steigen auch die Zinsen, weil die Nachfrage wiederbelebt wird. Der Fiskalpakt hat aber die unglückliche Implikation, dass öffentliche Investitionen nur von laufenden Einnahmen finanziert werden können. So eine zerstörerische Regel für das Wirtschaftswachstum wird selten verhängt, hält De Grauwe zu Recht fest.



Der schwache Verlauf der Investitionen Deutschlands, Graph: Martin Wolf in: FT

Ferner: Die Kritiker verwechseln Brutto- und Netto-Grössenordnung, wenn es im Allgemeinen um Schulden geht, wie Heiner Flassbeck neulich in seinem Blog hervorgehoben hat.

Wenn produktive öffentliche Investitionen getätigt werden, durch die Ausgabe von Anleihen, wird die künftige Generation nicht nur Wertpapiere übernehmen, sondern auch produktive Anlagen beerben.

Die Kosten zur Ausgaben von Staatsanleihen liegen heute in vielen Eurozone-Ländern nahe Null. Wenn die Regierungen es schaffen, das aufgenommene Geld in produktive Vermögenswerte anzulegen, die einen Ertrag von mehr als Null erbringen, dann wird die künftige Generation ein Sachvermögen übernehmen, das Einnahmen generiert, die die Kosten der Kreditaufnahme übersteigen. Im Ergebnis wird die Netto-Lasten der Schulden abnehmen. Sonst wäre der Vorwurf der künftigen Generation, warum die heutige Generation zu Null-Zinsen keine öffentlichen Investitionen getätigt hat, nicht schwer zu verstehen.

Fazit: Es ist eine ziemlich oberflächliche Erklärung für die Niedrigzinsen, nur darauf hinzuweisen, dass das Angebot kleiner ist als die Nachfrage. Die „Knappheit an sicheren Anlagen“ ist die unmittelbare Konsequenz der verfehlten ideologischen Wirtschaftspolitik der EU-Behörden.





12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Wenn produktive öffentliche Investitionen getätigt werden, durch die Ausgabe von Anleihen, wird die künftige Generation nicht nur Wertpapiere übernehmen, sondern auch produktive Anlagen beerben."

Wiso hat Japan in den langen Jahren in den die Anleihen ausgegeben haben und tüchtig in Infrastrukur investiert haben kein Wachstum gehabt und immer noch Deflation?

Acemaxx-Analytics hat gesagt…

Die öffentlichen Ausgaben sind in Japan nach 1996 stark zurückgegangen und die Regierung hat die Steuern erhöht und damit die Erholung der Wirtschaft abgewürgt. Das war ein Riesenfehlschlag. Die japanische Fiskalpolitik hat nicht viel zustande gebracht, um das Wachstum zu fördern. Und die BoJ hat 2000 die Zinsen erhöht.

2014 hat Japan die Konsumsteuern von 5% auf 8% erhöht. Was wir in Japan beobachten ist, dass die Geldpolitik an ihre Grenzen gestossen ist. Die nachteiligen Auswirkungen der restriktiven Fiskalpolitik können nicht mehr durch die Geldpolitik aufgefangen werden. Japan hat ausserdem Probleme mit einer alternden Bevölkerung.

Anonym hat gesagt…

1996 sind die öffentl. Ausgaben auf 0 gesunken nach 10,7bln Yen 1992, 19,2bln 1993, 15,3bln 1994 und 21,2bln 1995.
Schon im nächsten Jahr - 1997 betrugen sie 40,6bln Yen, 1998 24,5bln und 1999 "nur" noch 14,9bln Yen.

Staatsschuldenquote stieg von 47,7% BIP 1991 auf 101,8% im Jahr 2000 da Japan in den 90-er für uns heute unvolstellbere Rekorddefizite gefahren hat.

Das alles finanziert durch Ausgabe neuer Anleihen!
Was wurde damit wohl bewisen?

Acemaxx-Analytics hat gesagt…

Was damit bewiesen worden ist:
Den geldpolitischen Kurs nicht zu früh straffen,
Die hohe debt-to-GDP rate stellt bisher überhaupt kein Problem dar;
siehe die Renditen der JGB; meistens im negativen Bereich, d.h. no Bond Vigilantes,
Steckt die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle, kann der neutrale Zinssatz lange unter Null verweilen,
eine anhaltende Deflation ist sehr schädlich; das Problem muss von Anfang an ernst angepackt werden,
vor diesem Hintergrund ist eine konventionelle Wirtschaftspolitik unzureichend, es bedarf mehr Massnahmen,
Eine anhaltende Nachfrageschwäche kann zu Stagnation und Deflation führen (Stichwort: secular stagnation),
usw.

Anonym hat gesagt…

Was ich damit sagen wollte:
grob gesagt sowohl Geld-(Nullzins), wie Finanzpolitik haben eindeutig in Japan versagt bei den Bemühungen die Wirtschaft auf Wachstum zu bringen. Bewiesen ist damit Sinnlosigkeit der Nachfragepolitik, die auf Basis von statsanleihenfinanzierten Defiziten basiert. Die bewirken nur Transfers innerhalb der VW (Verschuldung in eigener Währung) und stellen keinen Wachstumsimpulse dar.
Frage: warum sollen die gleichen Maßnahmen woanders wirken? "mehr Massnahmen"? vielleicht besser andere-richtige Massnahmen

Acemaxx-Analytics hat gesagt…

Bei allem Respekt; was Sie mit Ihren Argumenten bieten, ist ein Zirkelschluss.
Denn was in Japan geschieht, sollte uns eine Lehre sein, es nicht so zu tun, wie die japanischen Entscheidungsträger es getan haben.
Der Fall Japan zeigt, dass es einer entschiedenen Fiskal- und Geldpolitik bedarf. Japan gilt nicht als Paradebeispiel einer nachfrageorientierten Wirtschaftskonzeption in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft. Ganz im Gegenteil: Japan ist eine Art „basket case“.

PS: Sie deuten auf die hohe debt-GDP-ratio von Japan hin. Wenn es so problematisch wäre, würden die Renditen der Staatsanleihen nicht fallen, sondern stark steigen. Heute ist sogar die Rendite der 20-jährigen JGB zum ersten Mal in der Geschichte unter die Null-Marke gerutscht.

Anonym hat gesagt…

Nach meinem Verständnis ist Ihre Argumentation ein "Zirkelschluss". Mehr Konjunkturprogramme als in Japan geht nicht. Sinkende und niedrige Zinsen über sehr lange Zeit bewirken auch kein Wachstum. Das beweist eben der "Fall" Japan.
Zinsen folgen dem Wachstum nicht umgekehrt. Die Zinsen sind heute so niedrig weil Wachstum und Wachstumserwartungen so niedrig sind.
Falsch finanzierte Konjunkturprogramme, egal wie hoch sie sind, sind auch nicht automatisch wachstumsfördernd. Für einen positiven Impuls braucht man mehr Kaufkraft. Bei Ausgabe von Staatsanleihen entsteht aber keine (oder nur ganz geringe) neue Kaufkraft. Die Mittel werden nur verschoben von den Privaten zu dem Staat (der "Kuchen" wird nicht größer) und bewirken Transfers innerhalb der VW - Stichwort Ungleichheit,Zinseszins usw.
"hohe debt-GDP-ratio" ist unproblematisch wenn es hohe Wachstumsraten gibt oder der Staat direkt durch die ZB finanziert wird. Sonst wird sofort der Ruf laut: Steuern müssen erhöht und Defizite verringert werden.
Die herschenden Theorien sind eindeutig falsch und es wird nicht helfen die gleiche "Medizin" in höherer Dosis und "richtig" zu verabreichen.

Hardy hat gesagt…

@anonym

"Mehr Konjunkturprogramme als in Japan geht nicht." - Doch.
"Sinkende und niedrige Zinsen über sehr lange Zeit bewirken auch kein Wachstum. Das beweist eben der "Fall" Japan." - Das tut er nicht. Speziell bei Effekten "über sehr lange Zeit" kann kaum noch eine Korrelation gefunden werden, im Positiven wie im Negativen.
"Die Zinsen sind heute so niedrig weil Wachstum und Wachstumserwartungen so niedrig sind." - Und woran liegt das? An der erwarteten geringen Nachfrage.
"Falsch finanzierte Konjunkturprogramme, egal wie hoch sie sind, sind auch nicht automatisch wachstumsfördernd" - Was sind denn "falsch finanzierte Programme? Oder aber anders: Wenn die aktuellen "falsch finanziert" sind, wie sollen dann "richtig finanzierte" aussehen? Bei Nullzins gibt es keine bessere Maßnahme als schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme, um aus einer Krise herauszufinden. Inzwischen ist es ja so, dass Schäuble Geld verdienen würde mit der Schuldenaufnahme; man muss schon ein ganz großer Ideologe sein, um das nicht zu nutzen. Zudem ist auch die zweite Aussage falsch – jedes Konjunkturprogramm in der Depression ist wachstumsfördernd. Es existiert kein Crowding-Out. Die Auslastung der Industrie ist zu gering für eine Inflationssteigerung.
"Bei Ausgabe von Staatsanleihen entsteht aber keine (oder nur ganz geringe) neue Kaufkraft." Unsinn. So der Staat das geschöpfte Geld in Umlauf bringt, entspricht die "neue" Kaufkraft der Konsumquote der Volkswirtschaft. Und die ist für Japan rund 70%.
"Die Mittel werden nur verschoben von den Privaten zu dem Staat (der "Kuchen" wird nicht größer) und bewirken Transfers innerhalb der VW"
1. Durch neue Schulden entsteht Kaufkraft wenn die Sparquote der Privaten <1 (aktuell: <2%)
2. Die Schuldentragfähigkeit (in eigener Währung) eines Staates bei Nullzins ist unendlich groß; dies hat nichts(!) mit der Art der Finanzierung zu tun.
3. Was ist gegen eine Verschiebung einzuwenden? Nur in D. glaubt man, dass Staatsschulden grundsätzlich etwas Schlechtes sind. Dabei bewirkt jede Schuldentilgung, dass das Vermögen des Staates sinkt. Nur bekommt man das nicht immer mit - die Infrastruktur verrottet langsam.
""hohe debt-GDP-ratio" ist unproblematisch wenn es hohe Wachstumsraten gibt oder der Staat direkt durch die ZB finanziert wird." Nein, siehe vor. Bei Null- oder Negativzins ist die Schuldentragfähigkeit einer VW unendlich. Bei Japan gilt dies umso mehr, als das Land eine starke (Export)industrie besitzt sowie hohe Netto-Auslandspositionen. Im Übrigen: Guck Dir an, was die großen Experten Issing et al vor 10, 15 Jahren über den Schuldenstand Japans in die Öffentlichkeit gerülpst haben. Heute sind die Schulden locker doppelt so hoch und ich habe irgendwie nicht den Eindruck, dass es den Japanern (AL: 4%) schlechter ginge als den Europäern (AL: >10%).
"Sonst wird sofort der Ruf laut: Steuern müssen erhöht und Defizite verringert werden." Von wem? Von den Ahnungslosen kack-medien wie der großen faz? Die der Zombie-Ideologie "Ordoliberalismus" anhängt? Oder von Experten wie Straubhaar, der für die Zeit nach 2010 "mindestens 5% Inflation" vorhergesagt hat, ohne dafür geteert und gefedert zu werden oder zumindest seine Professur wegen offensichtlicher Unfähigkeit abgeben zu müssen?
"Die herrschenden Theorien sind eindeutig falsch und es wird nicht helfen die gleiche "Medizin" in höherer Dosis und "richtig" zu verabreichen."

Stimmt: Der Ordoliberalismus (oder die gesamte Angebotspolitik) ist eine zu verschrottende Ideologie, keine Theorie. Was den (Neo)Keynesianismus betrifft - dieser hat sich bewährt und bestätigt. Im Guten (USA) wie im Schlechten (Südeuropa).
Mehr dazu z.B. hier: http://www.bradford-delong.com/2016/03/ordoliberalismus-and-ordovolkismus.html

Anonym hat gesagt…

- für Wirtschaftswachstum braucht man zusätzliche Kaufkraft (Nachfrage)

- neue Kaufkraft entsteht bei Kreditvergabe der Banken (Giralgeld, Geldschöpfung, Bankgeld)

- Staatsanleihen werden am Primärmarkt durch ausgewählte Banken gekauft (neue Kaufkraft entsteht) und dann weiter veräußert (in dem Moment wird die neue Kaufkraft wieder vernichtet) und behalten nur ein kleines Teil der ursprunglichen Volumens der Neuzeichnung (ca. 10 - 20%)

-wenn das so ist dann sind nach meinem Verständnis Konjunkturprogramme die durch Staatsanleihen finanziert werden eben „falsch finanziert“ weil sie wenig neue Kaufkraft schaffen und deshalb die Erwartungen an die positive Wirkung der Konjunkturprogramme nich erfüllen können

- Staatsanleihen müssen in laufe der Zeit bedient werden und zwar aus Steuern und das sind ja reine Transferzahlungen innerhalb der VW

- Schäuble ist ein Jurist und Politiker und hat andere Ziele als Wohlstand und Gerechtigkeit


- mit Zinsen kann man keine Geldpolitik betreiben weil sie positiv mit Wachstum korreliert sind und der Wachstumsrate „folgen“. Zinsen werden durch ZB gesenkt wenn Wachstum sich verringert und erhöht wenn es Aufschwung gibt. ZB bestimmt den kurzfristigen Zins (und letztendlich auch den langfristigen)

- ich habe grundsätzlich nichts gegen hohe Staatsverschuldung und wenn man ZB hat die den Staat direkt finanziert ist sie zu Nulltarif zu haben. Damit kann man alle möglichen Ziele finanzieren, Arbeitslosigkeit abschaffen uvm. Ich wollte nur darauf hinweisen das unser System sowas nicht zuläßt und man muß realistischerweise sehen daß zBsp. hohe Staatsschuld ein guter Vorwand für die Propaganda darstellt TINA für Austerität zu rufen.

Hardy hat gesagt…

"Staatsanleihen werden am Primärmarkt durch ausgewählte Banken gekauft (neue Kaufkraft entsteht) und dann weiter veräußert (in dem Moment wird die neue Kaufkraft wieder vernichtet) und behalten nur ein kleines Teil der ursprunglichen Volumens der Neuzeichnung (ca. 10 - 20%)"

Nein. Die Emission der Staatsanleihen ist die eigentliche Geldschöpfung. Wer die Papiere danach hält - Banken, Pensionskassen, Lebensversicherer, Private, Ausländer,... spielt dabei gar keine Rolle. Durch das Veräußern, den Handel, ändert sich daran gar nichts. Vergleich' es einfach mit einem Geldschein - er ist in der Welt, egal wem er gehört.

"wenn das so ist dann sind nach meinem Verständnis Konjunkturprogramme die durch Staatsanleihen finanziert werden eben „falsch finanziert“ weil sie wenig neue Kaufkraft schaffen und deshalb die Erwartungen an die positive Wirkung der Konjunkturprogramme nich erfüllen können"

Siehe oben. Es gibt mehrere Nachteile staatlicher Konjunkturprogramme; diese sind aber in der Deflation, speziell bei Nullzins, entweder nicht wirksam (Inflationssteigerung, Verdrängung privater Nachfrage, Überhitzen der Wirtschaft) oder zu vernachlässigen (Erhöhung der Staatsschulden).

"Staatsanleihen müssen in laufe der Zeit bedient werden und zwar aus Steuern und das sind ja reine Transferzahlungen innerhalb der VW"

1. Letztlich sind alle Zahlungen Transferzahlungen, das Geld wandert zwischen den Wirtschaftssubjekten hin und her
2. Bei Nullzins oder gar nominalem(!!) Negativzins würde der Staat sogar Gewinn mit Schulden machen.
3. Die Zinszahlungen des einen (Staat) sind die Einkünfte des anderen (Pensionskassen, private Rentenversicherer). Wo ist das Problem?

Du musst weg von der weitverbreiteten (mikroökonomischen) Denke, dass Schulden schlecht und Vermögen gut sind. Richtig ist: Ohne Schulden kein Vermögen.

"Schäuble ist ein Jurist und Politiker und hat andere Ziele als Wohlstand und Gerechtigkeit"

Schäuble ist ein Schwarzgeldverzinser, Schäuble ist ein Demagoge, Schäuble ist ein (geistiger) Mikroökonom. Dieser Typ ist ein zynischer Vollversager auf seinem Posten. Er wird in die Geschichte eingehen als der Zerstörer der EU.

"mit Zinsen kann man keine Geldpolitik betreiben weil sie positiv mit Wachstum korreliert sind und der Wachstumsrate „folgen“. Zinsen werden durch ZB gesenkt wenn Wachstum sich verringert und erhöht wenn es Aufschwung gibt. ZB bestimmt den kurzfristigen Zins (und letztendlich auch den langfristigen)"

Nicht ganz - im Optimalfall ist der Leitzins der Konjunktur vorlaufend. Die große Bundesbank war Meister darin, Aufschwünge durch verfrühte Zinssteigerungen bei einem nur leichten Anflug von Inflation zu kappen.

"daß zB. hohe Staatsschuld ein guter Vorwand für die Propaganda darstellt TINA für Austerität zu rufen."

Propaganda kann man nur durch Bildung begegnen. Dieser Blog ist ein Anfang davon.

Anonym hat gesagt…



- finde ich auch dass dieser Blog auch zur Aufklärung beitragen kann, mit der Voraussetzung, dass man logisch argumentiert und sich an die Fakten hält

- ich glaube wir sind uns einig, dass wir Wege suchen die zur Verbesserung oder Änderung des bestehenden Systems führen. Das beginnt immer mit Kritik und Diskussion.

Jetzt ein paar Thesen:

1- wir leben in einer Geldwirtschaft - Geld ist also etwas Besonderes

2- wenn Geld so wichtig ist, dann muß man übers Geld Bescheid wissen, und die Fragen beantworten können: was ist Geld? wie entsteht es und wo? welche Formen des Geldes gibt es?

3- wenn Geld die Wirtschaft steuert, dann muß man wissen welche Mechanismen die Steuerung bewirken

-zu 1: glaube unbestritten

-zu 2: Bargeld oder ZB-Geld (gesetzliches Zahlungsmittel ca. 2-3% des Geldes) + Buchgeld (Giralgeld - „restliche“ 97%) + ZB-Reserven: 2-ter Geldkreislauf nur zwischen ZB und und denjenigen die ein Konto bei der ZB haben - v.a. Banken (Stichwort QE) - Reserven können nicht in Umlauf kommen!
Giralgeld ist also die „Masse“ die relevant ist für die Wirtschaft
Geld ist also ein Steuerungsmittel (Schmierstoff)
Buchgeld entsteht, wie der Name schon sagt, „in den Büchern“ der Bank also heute in der Exel-Tabelle als Buchungsvorgang bei Kreditvergabe
Dadurch sind die Banken „etwas Besonderes“, weil sie als Einzige (ausser ZB) über die Fähigkeit verfügen neues Geld zu schaffen. Diese Fähigkeit haben nicht die anderen Finanzvermittler wie Fonds, Versicherungsgesellschaften, Finanzmärkte, Kredithaie und andere Intermädiere.


- zu 3 - Wirtschaftswachstum (= BIP-Wachstum) kann man bewirken wenn man die Nachfrage = Investitionen erhöht durch neue, zusätzliche Geldmittel die in Umlauf kommen und für BIP-relevante Transaktionen verwendet werden.
Kredite für Spekulationsgeschäfte erhöhen das BIP nicht sondern die Assetpreise (Blasenbildung), Kredite für Konsumzwecke werden zu BIP zwar gezählt,erhöhen aber tendenziell die Verbraucherpreise (Inflation), sind nicht nachhaltig und bergen hohe Risiken.
Nur Investitionen für produktive Zwecke beleben die Wirtschaft effektiv und ohne Inflationsgefahr.
Wichtigste Voraussetzung: die richtige Finanzierungsmethode durch Bankkredit




"Staatsanleihen werden am Primärmarkt durch ausgewählte Banken gekauft (neue Kaufkraft entsteht) und dann weiter veräußert (in dem Moment wird die neue Kaufkraft wieder vernichtet) und behalten nur ein kleines Teil der ursprunglichen Volumens der Neuzeichnung (ca. 10 - 20%)"
- das kann ich nur wiederholen!

„Die Emission der Staatsanleihen ist die eigentliche Geldschöpfung“
- die Aussage ist eindeutig falsch!

Bei der Emission von Staatsanleihen entsteht „neues Geld“ am Primärmarkt. Würden die Käuferbanken die Anleihen zu 100% behalten dann ist das Geldschöpfung. In der Praxis aber veräußern die Banken es weiter an Versicherungsgesellschaften, Fonds, Pensionskassen usw. und die "zahlen" mit schon vorhandenen Mitteln, also "tilgen" praktisch das neue Geld. Bei Tilgung der alten Kredite wird das geld "vernichtet".

- der Zins ist nicht entscheidend, man muß kein „Zinsfetischismus“ betreiben. In den Bromphasen war der Zins oft hoch und stieg weiter und es wurde trotzdem viel investiert

mfg

Hardy hat gesagt…

"Wirtschaftswachstum (= BIP-Wachstum) kann man bewirken wenn man die Nachfrage = Investitionen erhöht durch neue, zusätzliche Geldmittel die in Umlauf kommen und für BIP-relevante Transaktionen verwendet werden."

Nein. Nachfrage ist nicht gleich Investition.

Die Investitionstätigkeit folgt der Nachfrage, das wird Dir jeder Würstchenbudenbesitzer bestätigen. Was er an Steuern, Löhnen etc. zahlt, juckt ihn nicht - diese Kosten werden (wie sein Profit) auf den EK aufgeschlagen und an den Kunden weitergereicht.


"Staatsanleihen werden am Primärmarkt durch ausgewählte Banken gekauft (neue Kaufkraft entsteht) und dann weiter veräußert (in dem Moment wird die neue Kaufkraft wieder vernichtet)"

Nein, das ist und bleibt falsch. Verinnerliche Dir das Beispiel "Geldschein": Durch die Weitergabe wird er nicht entwertet. Ein Geldschein ist papiergewordenes Giralgeld. VWL = aggregierte Größen.

„Die Emission der Staatsanleihen ist die eigentliche Geldschöpfung“
- die Aussage ist eindeutig falsch!

Diese Aussage ist und bleibt zweifelsohne richtig (so die Staatsanleihen gekauft werden, was aber angenommen werden kann).

"In der Praxis aber veräußern die Banken es weiter an Versicherungsgesellschaften, Fonds, Pensionskassen usw. und die "zahlen" mit schon vorhandenen Mitteln, also "tilgen" praktisch das neue Geld."

hmmm...ich würde mich mit Dingen wie Aktiv-Aktiv-/Passiv-Passiv-/Aktiv-Passiv-Tausch beschäftigen, bevor ich Solcherlei behaupte.

"In den Boomphasen war der Zins oft hoch und stieg weiter und es wurde trotzdem viel investiert"

Siehe oben: Für ein Unternehmen zählt nur die (erwartete) Nachfrage, nicht Zinssatz, Strompreis oder Mondstand.