Samstag, 30. Juni 2012

Was muss getan werden, um Euro zu retten?


Ein optimaler Währungsraum (OCA: optimum currency area) verlangt nach einem Kreditgeber letzter Instanz (lender of last resort) für die Mitgliedsländer und Europa hat keinen, schreibt Laura Tyson in einem lesenswerten Artikel (“What must be done now to save the Euro?”) in NY Times.

Das ist eine bedeutende institutionelle Lücke, die die Stabilität des Euro untergräbt. Aber die EZB ist befugt, die Zinssätze festzulegen. Die EZB sollte die Zinsen bis nahe Null senken, um das Wachstum in Abwesenheit von Inflationsdruck zu stimulieren, hebt die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin hervor.

Deutschland mit einem bescheidenen Haushaltsdefizit und rekordtiefen Verzinsung seiner Staatsanleihen und einem riesigen Leistungsbilanzüberschuss, v.a. mit seinen europäischen Partnern, sollte das europäische Wirtschaftswachstum durch Konjunkturmassnahmen fördern, einschliesslich der Bereitstellung von Mitteln für Infrastrukturausgaben durch die EIB und mit besonders zugehörigen Projektanleihen, erklärt Tyson.

Deutschland betont ständig die Bedeutung von Strukturreformen fürs Wachstum. Aber solche Reformen sind laut Tyson Massnahmen auf der Angebotsseite, die Zeit in Anspruch nehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint vergessen zu haben, dass es mehr als ein Jahrzehnt dauerte und rund 2‘000 Mrd.  Euro an Subventionen kostete, mit Strukturreformen die Wettbewerbsfähigkeit der früheren DDR mit dem Rest Deutschlands in Einklang zu bringen, unterstreicht die ehemalige Wirtschaftsberaterin der Regierung Clinton.

Freitag, 29. Juni 2012

Das Oberste Gericht Amerikas billigt Gesundheitsreform


Der Oberste Gerichtshof Amerikas (The Supreme Court) hat die Gesundheitsreform (Affordable Care Act) von Präsident Obama (genannt als Obamacare) gebilligt. Das heisst, dass die Gesundheitsreform, wo durch über 30 Millionen Amerikaner eine Krankenversicherung erhalten, insgesamt verfassungskonform ist.

„Es wird ohne Zweifel viele Schlagzeilen geben, die es als grossen Sieg für Präsidenten Obama erklären, was auch zutrifft. Die wirklichen Gewinner sind gewöhnliche Amerikaner“, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Real Winner“) am Freitag in NY Times.

Über wie viele Menschen sprechen wir hier? Man könnte sagen: 30 Millionen. Aber man soll dazu jeden Amerikaner addieren, der zur Zeit in einem Unternehmen arbeitet, wo eine gute Krankenversicherung geboten wird, aber deswegen Gefahr läuft, seinen Job zu verlieren. Jeder Amerikaner, der eine Krankenversicherung unerschwinglich gefunden hätte, wird jetzt entscheidende finanzielle Hilfe erhalten, und zwar jeder Amerikaner mit Vorerkrankung, der in vielen Bundesstaaten rundweg zurückgewiesen worden wäre. Kurzum: die Gewinner des Urteils des Obersten Gerichtshofes Amerikas sind Ihre Freunde, Ihre Verwandten, die Menschen, mit denen Sie arbeiten und sehr wahrscheinlich Sie, erklärt Krugman.

Wie sieht es mit den Kosten aus? Das Congressional Budget Office (CBO) schätzt die Kosten für das nächste Jahrzehnt etwa nur ein Drittel der Kosten der Steuersenkungen, die Mitt Romney befürwortet, und zwar überwiegend zu Gunsten der Wohlhabenden im gleichen Zeitraum.

Drei Governance-Fragen an die Fed


Simon Johnson, der  in den vergangenen Wochen in einer Reihe von Artikeln in NY Times sein Bedenken im Hinblick auf die Governance Regelungen bei der Fed New York zum Ausdruck gebracht hat, wiederholt in seinem aktuellen Beitrag („Three More Governance Questions for the Fed“) seine Forderung für den Rücktritt von Jamie Dimon, dem CEO von JPMorgan Chase aus dem Vorstand der New Yorker Federal Reserve Bank.

Die Begründung: grosse, unerwartete Verluste im Eigenhandel-Geschäft der Bank in London und die Tatsache, dass diese Aktivitäten und deren Offenlegung nun Gegenstand von Ermittlungen durch die Fed sind.

Darüber hinaus äussert der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor drei wesentliche Anliegen, was die Governance im Hinblick auf die Fed New York betrifft. 

(1) Warum ist Dimon aus dem Vorstand der Fed New York im März 2008 nicht zurückgetreten, als JPMorgan Chase Bear Stearns mit finanzieller Unterstützung, zum Teil, der Fed gekauft hat?
Die Behörden arbeiteten eng mit JPMorgan Chase. JPMorgans Verlustrisiko war begrenzt. Die genauen Bedingungen dieser Vereinbarung waren, angemessen, Gegenstand der detaillierter Verhandlungen. Wie war es angemessen für Dimon, im Board der Fed New York zu bleiben, während Verhandlungen liefen?

(2) Johnson stellt dann eine Frage über Stephen Friedman, der ein Class C Direktor bei der Fed New York war und Vorsitzeder während der intensiven Finanzkrise im Zeitraum von Januar 2008 bis Anfang 2009.

Nach den von der Fed getroffenen Regeln gibt es ein ziemlich umfassendes Verbot für das Halten von Aktien. Aber Friedman war zu diesem Zeitpunkt und ist ein Senior Executive bei Stone Point Capital, wo er in die Anlagestragie des Fonds involviert ist. Wie war es Friedman erlaubt, diese Aktien zu besitzen, während er ein Class C Direktor war?

Donnerstag, 28. Juni 2012

Liquidationism ist zurück!


Peter Praet, Chefökonom der EZB spricht in einem Interview mit FTD über die Grenzen der Geldpolitik.

Die Parallelen zu der im IV. Abschnitt („The limits of monetary policy“) des kürzlich vorgelegten 82. Jahresberichts der BIS (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) vertretenen Ansicht sind unverkennbar.

Praet sagt: „Es gibt Risiken und Nebenwirkungen, wenn Zinssätze lange sehr niedrig sind. Sie mindern den Anreiz für Banken und Unternehmen, ihre Bilanzen zu sanieren und zu restrukturieren. Hinzu kommt, dass die Profitabilität der Banken sehr niedrig is, da die Banken ja auch ihren Sparern etwas bieten müssen. Das heisst, sie gehen in anderen Geschäftsfeldern eher grössere Risiken ein, um ihre Profitabilität zu erhöhen“.

Und mehr bla, bla, bla.

Das Ganze erinnert an den berüchtigten Absatz einer bekannten Aussage von Joseph Schumpeter, wo der Ökonom vor jeglichen kurativen Massnahmen warnt, die die „Arbeit von Depressionen“ verhindern könnten. „In allen Fällen kam Erholung von sich“. ...... „Unsere Analyse führt zu der Annahme, dass die Erholung solide ist, nur, wenn sie von selbst kommt“.

Aber auch in der Gegenwart gibt es Ökonomen, die, wie z.B. Raghuram Rajan, vor niedrigen Zinsen warnen, die zu mehr Risiken und Asset Price Inflation führen könnten. Heute vor genau zwei Jahren hatte der an der Chicago University lehrende Wirtschaftsprofessor in einem Artikel („Bernanke must end era of ultra-low rates“) in FT seine Warnung ausgesprochen und hinzugefügt, dass die Arbeitslosigkeit nicht von der Art sei, die mit einer höheren Nachfrage gelöst werden könne.

Wann werden Grossbanken aufgespalten?


Vor 17 Jahren hatte der Fondsmanager Michael F. Price die Fusion zwischen Chase Manhattan Corp und Chemical Banking Corp angespornt und damit die grösste US-Bank geschaffen, was den Grundstein für JPMorgan Chase legte.

Heute sagt er, dass es Zeit ist, die Bank aufzubrechen, wie Christine Harper in einem lesenswerten Bericht („Breaking Up Big Banks Hard To Do As Market Forces Fail“) in Bloomberg schreibt.

Die fünf von 6 grössten US-Bank-Aktien (JPMorgan, Bank of Amerikca, Citigroup, Goldman Sachs und Morgan Stanley) schmachten um oder unterhalb des Tangible Book Value. Das  heisst, dass die Stücke mehr Wert sind als das Ganze.

Tangible Book Value ist ein Verfahren zur Bewertung eines Unternehmens auf einer pro-Aktie-Basis durch die Messung des Eigenkapitals nach Abzug von immateriellen Vermögenswerten.

Politiker und Aufsichtsbehörden haben die Aufrufe von einigen Investoren, die Konglomerate aufzubrechen, einfach ignoriert. Sanford „Sandy“ Weill, der ehemalige CEO von Citigroup und Ken Lewis, der ehemalige CEO von Bank of America zählen zu denjenigen, die für die Aufspaltung von Grossbanken plädieren.

JPMorgan und Citigroup wären mehr Wert, wenn sie aufgebrochen würden, erzählte David Trone kürzlich in einem Interview mit dem Bloomberg TV. „Das Universalbank Modell ist dahin“, legte der Analyst bei JPM Securities in New York dar. Es gibt kaum Anzeichen, dass die Marktkräfte die Universalbank-Strategie ändern, ergänzt Harper.

Einige Banken sind seit der Finanzkrise grösser geworden. Die Fed, das US-Finanzministerium und die anderen Aufsichtsbehörden  haben die Übernahme von Bear Stearns und Washington Mutual durch JPMorgan unterstützt, genauso wie die Übernahme von Countrywide Financial Corp and Merrill Lynch durch die Bank of America. JPMorgans Bilanzsumme hat seit Ende 2007 um 49% auf 2‘300 Mrd. $ zugenommen. Bank of America’s Vermögen ist in der selben Zeitperiode um 27% auf 2‘180 Mrd. $ gestiegen.

Ein Manifest für ökonomische Einsicht


Mehr als vier Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise bleiben die weltweit wichtigsten Volkswirtschaften zutiefst deprimiert, in dem Sinne, dass die 1930er Jahre in Erinnerung kommen.

Der Grund ist einfach: wir verlassen uns auf die selben Ideen, welche während dieses Jahrzehnts vorherrschten. Diese Ideen, längst widerlegt, beinhalten tiefgreifende Fehler, sowohl über die Ursachen der Krise als auch über die Natur und die angemessene Antwort, schreiben Paul Krugman und Richard Layard in einem lesenswerten Artikel („A manifesto for economic sense“) in FT.

Diese Ideen haben im Bewusstsein der Öffentlichkeit Wurzeln geschlagen, und zwar Unterstützung für die übermässige Austerität der Fiskalpolitik in vielen Ländern bereitstellend, heben die Autoren hervor.

Krugman und Layard gehen dann im Einzelnen auf die „Ursachen, die Art der Krise und die angemessene Antwort“ ein und erläutern „den grossen Fehler, das Argument von Vertrauen und das Argument von Struktur“.

Als Ergebnis ihrer falschen Vorstellungen fügen viele westliche Politiker massives Leiden ihren Völkern zu. Aber die Ideen, die sie vertreten, wie die Rezessionen zu handhaben sind, wurden, von fast allen Ökonomen nach den Katastrophen der 1930er Jahren zurückgewiesen. Es ist tragisch, dass die alten Ideen in den vergangenen Jahren wieder Fuss gefasst haben, erklären Krugman (University of Princeton) und Layard (London School of Economics).

Mittwoch, 27. Juni 2012

Kreditvergabe an Nicht-Finanzunternehmen


Die Aktivgeschäfte der Banken untereinander und die Kreditvergabe an Nicht-Finanzsektor bleiben zu schwach, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Die Zentralbanken (Fed und BoE) beginnen nun, das Augenmerk nach dem Verhalten der Banken zu richten, und zwar durch (a) die Anpassung der Regulierung, die die Kreditvergabe im Interbanken-Handel erschwert und (b) die Umsetzung von Massnahmen, die gezielt die Kreditvergabe an den nicht-finanziellen Sektor fördern sollen.

Es gibt aber Anzeichen dafür, dass die aktuellen Zinssätze für die Kreditvergabe an den nicht-finanziellen Sektor höher verlaufen als die aktuelle Geldpolitik und die Interbanksätze würden erwarten lassen, schreibt Laurence Mutkin in seiner heute vorgelegten Analyse.

Der neue Kreditzins für Nicht-Finanz Unternehmen ist im Euroraum um rund 40 Basispunkte höher als man erwarten würde, basierend auf einer einfachen Regression auf EURIBOR. Das ist das Gegenteil dessen, was man erwarten würde, wenn die Kreditnachfrage schwächer als das Kreditangebot wäre.



Kreditzinsen an Nicht-Finanz Unternehmen im Euroraum, Graph: Laurence Mutkin, Morgan Stanley
NFC: non-financial corporations

Schulden versus Schulden


Paul Krugman befasst sich in seinem Blog weiter mit der Natur der Depression und der Frage, warum die Very Serious People (VSP) entschlossen scheinen, alle nützlichen Antworten darauf zu blockieren. Wie können aber „mehr Schulden“ auf „zu viele Schulden“ die Antwort auf eine Krise sein?

Die Story geht so, um es nocheinmal deutlich aufzuzeigen: es gab eine Zeit mit zu viel Optimismus, wo die Kreditnehmer zu viel Kredit aufgenommen und viel zu ausgegeben hatten. Da die Schulden des einen die Vermögen des anderen sind, müssten die Kreditgeber veranlasst werden, über hohe Realzinsen weniger auszugeben.

Die Menschen erinnern sich plötzlich an die Risiken der Verschuldung. Dann kommt es zu einem Wandel weg von leveraging (Hebelwirkung) hin zu deleveraging (Schuldenabbau). Das Problem ist, dass der Prozess nicht symmetrisch abläuft, weil man die Realzinsen nicht niedrig genug drücken kann, um diejenigen, die nicht tief verschuldet sind, zu animieren, genügend auszugeben.

Eine Möglichkeit, die Depression zu erklären, ist laut Krugman, zu sagen, dass die Kreditnehmer (Schuldner) als eine Gruppe versuchen, zu schnell Schulden abzuzahlen, in dem Sinne, dass die kollektive Geschwindkeit, wie sie versuchen, die Schulden zurückzuzahlen, angesichts der Nullzinsgrenze (zero lower bound) nicht machbar ist.

Dienstag, 26. Juni 2012

Können Schulden Schuldenproblematik lösen?


Ja.

Ein Marktanalyst aus einer deutschen Bank hat heute morgen in einem langweiligen Interview mit dem Bloomberg TV gesagt, dass Schulden gleich Schulden sind, und es nicht darauf ankomme, von wem die Schulden gemacht werden. Der Banker liegt damit natürlich absolut falsch.  Warum?

Eines der häufigsten Argumente gegen die Fiskalpolitik in der aktuellen Situation ist, auch wenn sie vernünftig klingen mag, dass die Verschuldung das Problem ist und wie die Verschuldung hierbei die Lösung sein kann? Die privaten Haushalte haben zuviel Kredit aufgenommen. Soll sich nun auch der Staat noch verschulden?

Was mit dieser Argumentation falsch ist, hat Paul Krugman vor mehr als zwei Jahren in seinem Blog erklärt, und zwar anhand seines bekannten Beispiels von Sam und Janet. Sam und Janet sind in diesem Fall wie die Agenten im Kiyotaki-Moore Modell (dazu mehr hier) zu betrachten.

Hier ist mein Versuch einer Zusammenfassung:

Die Argumentation geht implizit davon aus, dass Schulden gleich Schulden sind, unabhängig davon, wer das Geld schuldet. Doch das kann nicht richtig sein. Wenn es dem so wäre, hätten wir heute an erster Stelle kein Problem.

In erster Näherung sind Schulden das Geld, das wir uns selbst schulden. Amerika schuldet z.B. China Geld. Aber das ist nicht der Kern des Problems. Wenn wir die Komponente im Hinblick auf das Ausland vernachlässigen oder auf die Welt als Ganzes blicken, macht das gesamte Niveau der Verschuldung keinen Unterschied in Bezug auf das gesamtwirtschaftliche Vermögen. Denn es gilt: die Schulden des einen sind die Einkommen des anderen.


Gesamtverschuldung (die blaue Kurve) und Schulden im Verhältnis zum BIP (die rote Kurve), Werte in Mrd. US-Dollar, Graph: Prof. Paul Krugman

Kein Land der unbegrenzten Möglichkeiten


Die Ungleichheit in den USA befindet sich auf dem höchsten Punkt seit fast einem Jahrhundert, schreibt Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Artikel („America is no longer a land of opportunity“) in FT.

Man könnte sich über die Ungleichheit besser fühlen, wenn es ein Körnchen Wahrheit in Sachen trickle-down Ökonomie gäbe. Aber das mittlere Einkommen der Amerikaner ist heute niedriger als vor einem Jahrzehnt.  Und die da oben haben es inzwischen nie so gut gehabt wie heute, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2001) hervor.

Die Märkte sind durch die Regeln des Spiels geprägt. Unser politisches System hat die Regeln festgeschrieben, die die Reichen auf Kosten von anderen bevorteilen. Es gibt aber eine gute Nachricht darin: durch die Verringerung von rent-seeking und die Verzerrungen, die zum Anstieg der Ungleichheit von Amerika beigetragen haben, können wird eine gerechtere Gesellschaft und eine leistungesfähigere Wirtschaft erreichen, legt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Amerika galt einst als das Land der Möglichkeiten. Heute hängen die Lebenschancen eines Kindes vielmehr von dem Einkommen seiner Eltern ab als in Europa oder in jedem anderen entwickelten Industrieland.

Schuldenabbau und Verlauf der Depression


Paul Krugman befasst sich in seinem Blog mit dem aktuellen Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS), wo die „Grenzen der Geldpolitik“ hervorgehoben wird.

Die BIS hat sich längst des Liquidationism (mehr dazu hier) angenommen, unterstreicht Krugman. Was der Träger des Wirtschaftsnobelpreises damit meint, ist die Idee, dass das Leiden gut für uns ist und dass der Versuch, den Schmerz zu mildern, irgendwie eine schlechte Sache wäre. Nun versucht die BIS in ihrem Annual Bericht, das Nichts-Tun mit zusätzlichen Argumenten zu unterstützen.

Die BIS befürwortet m.a.W. eine ununterscheidbare Position von Schumpeter in den 1930er Jahren, d.h. gegen jede monetäre Lockerung, weil sie die Depression unterbinden würde.

Krugman deutet darauf hin, wie die verschiedenen gängigen Meinungen (d.h. die Begeisterung für die Austerität) auf ein Beharren hinauslaufen, dass wir uns weigern, etwas zu unternehmen, was helfen würde, eine anhaltende Depression zu vermeiden.

Um die Geschichte, die hinter der Krise steckt, deutlicher aufzuzeigen, bietet Krugman seine bekannte einfache Geschichte von Sam und Janet an: Es gibt zu jedem Zeitpunkt einige Menschen, die zu aktuellen Zinssätzen Kredit aufnehmen würden, aber wegen Normen darüber, wie viel Schulden „zu viel“ sind, eingeschränkt sind. Wenn diese Normen gelockert würden, würden sie mehr Kredit aufnehmen, was tatsächlich zwischen 1980 und 2007 passiert ist, erklärt Krugman, als die Deregulierung, Finanzinnovationen, die niemand verstand, und die allgemeine Selbstzufriedenheit zu einer breiten Bereitschaft führten, eine höhere Hebelwirkung (leverage) zu akzeptieren.

Montag, 25. Juni 2012

Israelische Zentralbank senkt Zinsen auf 2,25 Prozent


Die Bank of Israel (BoI) hat heute den Benchmark-Zins um 25 Basispunkte auf 2,25% gesenkt.

Der Verbraucherpreis-Index (CPI) war im Mai unverändert. Was überraschend kam, war der Rückgang der Nahrungsmittelpreise um 0,4%.

Die Inflation ist damit annualisiert auf 1,6% zurückgefallen und verbleibt in der Nähe der Mitte des Inflationszielbandes von 1 bis 3%. Im April betrug die Inflationsrate 2,1 Prozent.

Die Entscheidung, die Zinsen auf 2,25% zu senken, steht im Einklang mit der Geldpolitik, die auf die Stabilisierung der Inflation innert Zielkorridor von 1-3% in den kommenden 12 Monaten ausgerichtet ist und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, erklärt die BoI.

Der Pfad des Zinssatzes in Zukunft hängt von den Entwicklungen im Umfeld der Inflation, des Wirtschaftswachstums in Israel, der globalen Wirtschaft, der Geldpolitik der grossen Notenbanken und den Entwicklungen des Wechselkurses von Schekel ab. Die Zinssenkung wird zur Stärkung der israelischen Wirtschaft beitragen, um mit den Auswirkungen der möglichen negativen Folgen aus der globalen Wirtschaft zu  handeln.


Israel, Inflation bleibt im Zielband, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley

SNB: Swap-Abkommen mit Polen


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat heute angekündigt, mit der polnischen Zentralbank (NBP) ein Schweizer-Franken/Zloty-Swap-Abkommen abgeschlossen zu haben.

Das Ziel ist, mit der Fazilität Swap-Abkommen Banken in Polen Liquidität in Schweizer Franken zur Verfügung zu stellen. Die Laufzeit der Swaps beträgt eine Woche.

Die beiden Zentralbanken gehen davon aus, dass diese vorsorglich getroffene Massnahme nicht in Anspruch genommen werden muss, heisst es laut Pressekonferenz.

Die befristeten bilateralen Liquiditäts-Swapabkommen, die die SNB im Verlauf der anhaltenden Finanzkrise 2008 abgeschlossen hat, dienen in der Linie dazu, die „Anspannungen an den Finanzmärkten zu mildern und das Wirtschaftswachstum zu stützen“. Mit Swapabkommen soll dafür gesorgt werden, dass „in allen Währungsgebieten genügend Liquidität in den benötigten Währungen zur Verfügung gestellt werden“, erklärt die SNB.

Die Devisenswaps zählen zu weiteren geldpolitischen Instrumenten, die im Sog der Krise neben Repogeschäften und Emissionen von SNB-Bills zum Einsatz kamen.


Geldpolitische Operationen der SNB, Graph: SNB, Rechenschaftsbericht 2011
Auf der x-Achse (von links nach rechts): IV. Q. 2010, I. Q., II. Q., III. Q. und IV. Q. 2011

Wie die Entscheidungsträger sich in der Krise weigern


Paul Krugman maht die politischen Entscheidungsträger in seiner lesenswerten Kolumne („The Great Abdication“) in NY Times an, aus der Geschichte zu lernen.

Unter Ökonomen, die ihre Geschichte kennen, lässt die blosse Erwähnung von bestimmten Jahren frösteln. Zum Beispiel hat Christina Romer vor drei Jahren die Politiker vor Nachspielen von 1937 gewarnt. Das ist das Jahr, wo FDR zu früh von Fiscal Stimulus zu Austerity geschwankt hat, was die Wirtschaft vor der Erholung zurück in eine Rezession schickte. Leider wurde dieser Rat ignoriert, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Nun höre er mehr und mehr von einem noch schicksalhafteren Jahr, erklärt Krugman. Plötzlich reden normalerweise ruhige Ökonomen über das Jahr 1931, wo alles auseinandergefallen ist.

Es begann mit einer Bankenkrise in einem kleinen europäischen Land (Österreich). Österreich hat versucht, mit einem Schritt die Banken zu retten. Aber die Rettung hat die Zahlungsfähigkeit des eigenen Staats in Frage gestellt. Österreichs Schwierigkeiten hätten nicht gross genug sein müssen, um grosse Auswirkungen auf die Weltwirtschaft zu entfalten. Aber in der Praxis erzeugen sie eine Panik, die sich auf der ganzen Welt verbreitet. Klingt das vertraut? Fragt Krugman.

Die wirklich entscheidende Lektion von 1931 war jedoch über die Gefahren der politischen Verzichtleistung. Starke europäische Regierungen hätten helfen können. Zentralbanken hätten mehr tun können, um den Schaden zu begrenzen. Aber diejenigen, die über die Kraft verfügen, die Krise einzudämmen, haben erklärt, dass jemand anderer dafür verantwortlich ist, schildert der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Shadow Banking System und die Gefahren


Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) liefert in ihrem gestern vorgelegten Jahresbericht eine kurze Übersicht über das Schatten Bankensystem (shadow banking system).

Dem Schatten Bankensystem wird wegen der financial intermediation und der damit zusammenhängenden politischen Massnahmen mittlerweile eine erhöhte Bedeutung beigemessen.

Die Definitionen von Schatten Bankensystem unterscheiden sich voneinander. Aber das „shadow banking“ bezieht sich im Allgemeinen auf die finanziellen Aktivitäten von Nicht-Banken-Finanzinstituten, die Hebelwirkung (leverage) erzeugen und/oder sich irgendwie für Fristen- und Liquiditätstransformation engagieren.

Schatten Banken existieren wegen historischer und institutioneller Faktoren wie z.B. des raschen Tempos der Finanzinnovationen und der Spezialisierung, die alle die Attraktivität der Durchführung von bestimmten Arten von Finanzinstrumenten ausserhalb des herkömmlichen Bankensystems erhöht haben, erklärt die BIS.

Es ist bemerkenswert, dass die BIS unterstreicht, dass das Schatten Bankensystem in normalen Zeiten die Widerstandsfähigkeit des breiteren Finanzsystems verbessere, durch die Bereitstellung von Finanzprodukten und einer Reihe von Instrumenten für die Verwaltung von Kredit-, Liquiditäts- und Fristentransformation.

Aber das Schatten Bankensystem schaffe auch finanzielle Risiken, die in Abwesenheit von aufsichtsrechtlichen Schutzmassnahmen die Stabilität des Finanzsystems untergraben, so die BIS.


Schatten Bankensystem (Shadow Banking System), Graph: BIS, The 82nd Annual Report, June 24, 2012

Fed, EZB und Staatsanleihen-Kauf


In einer selten zuvor gesehenen Weise verläuft der Spread der US High-Yield Bonds (Hochzinsanleihen) im Einklang mit dem gewichteten Durchschnitt der Rendite der italienischen und spanischen Staatsanleihen.

Obwohl es nach aktuellen Richtlinien nicht zugelassen ist, dürfte es, wenn die Fed statt US-Treasury Bonds, Staatsanleihen aus Italien und Spanien kaufen würde, wahrscheinlich mehr helfen, die US-Wirtschaft anzukurbeln, schreibt Moody’s Analytics (via FT Alphaville) in einer provokativen Forschungsarbeit.

Natürlich stellt sich die Frage, warum die EZB dem kraftvollen Ansatz der US-Notenbank nicht folgt. Die Inflationserwartungen, die die EZB und Deutschland an den Tag legen, sind derzeit angesichts des depressiven Umfelds der Wirtschaft vollkommen überzogen.

Fed-Chef Ben Bernanke hat vergangene Woche auf der Pressekonferenz des geldpolitischen Ausschusses der US-Notenbank erklärt, dass er sich mit der Idee nicht anfreunden kann.


Ein Rückgang der durchschnittlichen Rendite der italienischen und spanischen Staatsanleihen würde den Spread der US High-Yield Anleihen zurückfahren, Graph: Moody’s via FT Alphaville

Sonntag, 24. Juni 2012

Produktionslücke und Schweizer Wirtschaft


Die Auslastung der Kapazitäten in der verarbeitenden Industrie hat in der Schweiz angesichts der Depression im Euroland im ersten Quartal abgenommen. Die Kapazitätsauslastung ist auf 82,2% gesunken und bleibt damit unter dem langjährigen Durchschnitt.

Wie gut die Produktionsfaktoren einer Volkswirtschaft ausgelastet sind, zeigt die Produktionslücke (output gap), d.h. die prozentuale Abweichung des beobachteten BIP-Niveaus vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials.

Die Produktionslücke lag in der Schweiz im ersten Quartal 2012 (nach dem Ansatz von Produktionsfunktion) bei -0,7%, nach -0,1% im vierten Quartal 2011. Gemäss anderen Schätzmethoden (z.B. Hodrick-Prescott-Filter und multivarianter Filter) hat sich die Produktionslücke bereits geschlossen (0% und 0,2%). Der Produktionsfunktionsansatz berüchsichtigt allerdings auch die Arbeitsmarktsituation und den Kapitalstock der Volkswirtschaft.

Die Schweizer Wirtschaft ist gegenwärtig durch Nullzinsgrenze, Deflationsrisiko und negative Renditen gekennzeichnet. Sowohl auf dem Geld- als auch auf dem Anleihemarkt fallen negative Renditen auf.

Die Futures (Euro vs. CHF) signalisieren weitere zwei Jahre negative Geldmarkzinsen in der Schweiz. Die Renditen auf dem Geldmarkt sind seit dem III. Quartal 2011 negativ.


Schweiz Produktionslücke (output gap), Graph: SNB, Quartalsheft II, June 2012

Dysfunktionale Geldmärkte im Euroraum


(Nur für Streber)

Die Geldmärkte des Euroraums sind seit Beginn der Krise durch eine Segmentierung gekennzeichnet: Banken, die reich an Cash sind und Banken, die arm an Cash sind.

Wie können die Geldmärkte aber wiederbelebt werden, sodass sie wieder richtig funktionieren?

Wie FT Alphaville ausführlich darlegt, werden seit 2007 Interbank-Kredite (interbank lending) durch die Zentralbank-Kredite ersetzt, weil Banken angesichts der unsicheren Konditionen und der längeren Laufzeiten immer zurückhaltender werden, aneinander Geld zu leihen.

Die Kernschmelze am Hypothekenmarkt (subprime crisis) hat zuerst Kredit-Instrumente getroffen. Mit dem Überschnappen der Spannungen auf die weltweiten Geldmärkte Anfang August 2007 hat die Krise eine systemische Form erreicht.

Der Stress hat sich alsbald im massiven Anstieg der Aufschläge für unbesicherte Kredite, die am stärksten Kreditrisiken von Gegenparteien ausgesetzt sind, materialisiert.

Der TED-Spread (d.h. die Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und dem OIS-Satz), der als verlässlicher Indikator für das Risikomass am Interbankenmarkt gilt, hat sich nach der Lehman-Pleite heftig ausgeweitet. Auch der Fluss der Liquidität von Banken, die reich an Cash sind, an die Banken, die arm an Cash sind, ist zum Erliegen gekommen. Die Banken haben angefangen, das überschüssige Geld bei den Zentralbanken zu parken, anstatt es an andere Banken als Gegenleistung für Zinsen zu leihen. Die cash-armen Banken waren dadurch gezwungen, die Liquidität bei der Zentralbank zu beschaffen.


LIBOR-OIS-Spread und Euribor-Spread, Graph: Benoit Coeuré, Mitglied des Direktoriums der EZB

Produktivitätsunterschiede und optimale Währungsräume


(Nur für Streber)

Nick Rowe bemerkt in seinem Blog, dass er nicht verstehe, wenn gute Ökonomen wie z.B. Simon Johnson und Paul Krugman etwas über Produktivitätsunterschiede und optimale Währungsräume schreiben.

Vielleicht treffen sie einige implizite Annahmen, die er nicht kenne, betont der an der Carleton University, Kanada lehrende Wirtschaftsprofessor.

Er mag zwar damit falsch liegen, aber es ist folgendes, was Johnson und Krugman sagen, unterstreicht Rowe:

„Wenn zwei Länder einen dauerhaften Unterschied in bezug auf die Produktivität haben (oder einen permantenen Unterschied in Sachen Produktivitätswachstumsraten oder im Lauf der Zeit im Hinblick auf die Produktivität nicht konvergieren), dann ist es ein Grund, warum diese beiden Länder nicht zum gleichen optimalen Währungsraum (OCA: optimal currency area) angehören. Es sei denn: es gibt Fiscal Transfers vom Land mit der hohen Produktivität in das Land mit der niedrigen Produktivität“.

Das  macht aber keinen Sinn, hält Rowe fest.

Er verstehe, warum asymmetrische Schocks (einschliesslich asymmetrische Schocks in Sachen Produktivität) ein Grund sind, warum zwei Länder nicht zum selben OCA angehören. Weil die realen Wechselkurse sich als Reaktion auf die asymmetrische Schocks schnell anpassen müssen und nominale Löhne und Preise sich nur langsam angleichen und nominale Wechselkurse viel schneller einstellen.

Samstag, 23. Juni 2012

Wie entscheidend sind die Produktivitätsunterschiede?


Die politische Debatte über den Euro-Raum, was die Bedenken betrifft, dreht sich um die Austerität. Während Deutschland noch mehr Austerität verlangt, schlägt Frankreich eine expansive Fiskalpolitik vor, um die Wirtschaft anzukurbeln. Der Euro-Raum rutscht inzwischen tiefer in eine Rezession und es droht eine Auflösung.

„Aber beide Seiten verfehlen die wichtige Frage“, schreibt Simon Johnson in einem Artikel („The End of Euro Is Not About Austerity“) in NY Times.

Das zugrunde liegende Problem im Euro-Raum ist das Wechselkurssystem selbst, hebt der an der MIT Sloan School of Management lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Es ist die Tatsache, dass die europäischen Länder sich einem anfänglichen Wechselkurs, d.h. einem relativen Preis von ihren Währungen unterworfen haben, mit dem Versprechen, den Wechselkurs nie wieder zu ändern. Dies belief sich auf die Wette, dass ihre Volkswirtschaften in Bezug auf die Produktivität konvergieren würden, dass beispielsweise die Griechen in der Tat eher wie die Deutschen werden würden, beschreibt Johnson.

Wenn die Volkswirtschaften nicht konvergieren würden, wurde angenommen, würden Menschen wandern. Das heisst, dass die griechischen Arbeitnehmer nach Deutschland gehen und sich dem deutschen Produktivitätsniveau durch die Arbeit in Fabriken und Büros dort annähern würden.

Es ist aber schwer, zu sagen, welche Version von Konvergenz weniger realistisch war, hält Johnson fest. In der Tat ist das Gegenteil passiert. Die Kluft zwischen der Produktivität in Deutschland und in Griechenland (und anderen Ländern an der Peripherie) hat sich in den letzten 10 Jahren vergrössert, anstatt zu verkleinern. Und Deutschland hat einen grossen Überschuss in der Leistungbilanz angehäuft. Das heisst, dass es mehr exportiert hat als importiert.

Freitag, 22. Juni 2012

Kontraktive Fiskalpolitik ist kontraktiv


Kontraktive Fiskalpolitik ist noch kontraktiver, wenn man die spill-over-Effekte in der Eurozone berücksichtigt, hält Menzie Chinn in seinem Blog fest.

Der an der University of Wisconsin, Madison lehrende Wirtschaftsprofessor verweist auf Jonathan Portes, der in diesem Zusammenhang die Multiplikatoren und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Eurozone beobachtet hat.

Auch Dawn Holland kommt zu einem ähnlichen Schluss, dass das gewichtete Mittel der kontraktiven Fiskalpolitik, wenn man die Eurozone als eine einzelne Volkswirtschaft betrachtet, um etwa 30% zunimmt.

Die Logik ist wie folgt: Der Standard-Multiplikator nimmt an, dass jedes Land als eine relativ kleine offene Volkswirtschaft betrachtet werden kann, wo der Rückgang der Produktion Abnahme der Einfuhren induziert, was wiederum den anfänglichen Rückgang ausgleicht. Allerdings ist es so, dass, wenn die Volkswirtschaft aller Länder gleichzeitig schrumpft, die Abnahme der Importe wiederum abgeschwächt wird.


Fiskalpolitische Straffung im Euro-Raum, Graph: Prof. Menzie Chinn

Antworten auf fünf einfache Euro-Fragen


Brad DeLong fasst sich in seinem Blog ein Herz, auf „5 einfache Euro-Fragen“ Antworten zu geben.

(1) Wer sollte die Verluste aus den bestehenden Schulden Griechenlands tragen?

Die deutschen Banken, die die Kredite an die griechischen Politiker vergeben haben, die nicht über die Befugnis verfügen, die Steuern hoch genug zu erhöhen, die Schulden zu bedienen. Und die deutsche Regierung, die die Banken gestützt hat.

(2) Wie soll Griechenland in Zukunft seine Steuern und Staatsausgaben in Einklang bringen?

Das geht niemanden etwas an, nur die Griechen. Es wäre jedoch schön, wenn sie damit aufhören würden, Geld wie Wasser auszugeben, in dem Versuch, „strategische Parität“ vis-à-vis der Türkei in der Ägäis aufrechtzuerhalten.

(3) Wie soll Griechenland seine Ausgaben für Einfuhren und Ausfuhren in Zukunft ausgleichen?

Es ist nicht mehr möglich, die Lücke zwischen Einfuhren und Ausfuhren, die zu gegenwärtigen Wechselkursen und Preisen und Löhnen existieren, durch die Kreditaufnahme zu schliessen. Griechenland hat eine Wahl zwischen (a) einer tiefen lang anhaltenden Depression, was Griechen zu arm machen würde, um sich Einfuhren zu leisten, (b) dem Grexit, Abwertung, und einem anschliessenden Export-Boom und (c) der Öffnung des Geldhahns durch die Deutschen, um eine höhere Inflation in Nordeuropa zu erzeugen und in der Zwischenzeit Griechenland eine zusätzliche Chance zu geben, die Schmerzen niedrig genug zu halten, um die Anpassung im Rahmen der Eurozone zu verwirklichen.

Privatisierung und Vetternwirtschaft


Was steckt hinter den Bemühungen, den Staat zurückzudrängen?

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („Prisons, Privatization, Patronage“) am Freitag in NY Times mit der Frage, welche Absichten mit dem Versuch, die Dienstleistungen der öffentlichen Hand zu privatisieren, verfolgt werden.

In den vergangenen Tagen hat NY Times mehrere erschreckende Berichte über das System von New Jerseys Übergangsheime veröffentlicht. Das Schrecken, das beschrieben wird, ist Teil eines breiter angelegten Musters, in welchem wesentliche Funktionen des Staates privatisiert und abgebaut werden.

Es ist eine schreckliche Geschichte, schildert Krugman: „Aber man muss es wirklich in einem breiteren Zusammenhang eines landesweiten Laufwerks der amerikanischen Rechten sehen, die staatlichen Aufgaben zu privatisieren“. Was verbirgt sich hinter diesem Laufwerk?

Man könnte versucht sein, zu sagen, dass es den konservativen Glauben an den Magie des Marktes widerspiegelt. Und dass es sicherlich die Art und Weise ist, wie die rechten Politiker das Thema angehen.

Aber wenn man eine Minute darüber nachdenkt, lässt sich realisieren, dass die Unternehmen, die die Gefängnisanlagen (prison-industrial complex) bilden, bestimmt nicht in einem freien Markt konkurrieren. Sie leben stattdessen von staatlichen Aufträgen. Es gibt keinen Markt hier. Und es gibt daher keinen Grund, magische Gewinne aus Effizienz zu erwarten. Und die Privatisierung von Gefängnissen wird tatsächlich, trotz vieler Versprechen, sicherlich zu hohen Kosteneinsparungen führen.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Kerninflation bleibt in der Schweiz negativ


Die Kerninflation verharrt in der Schweiz den 8. Monat in Folge negativ. Im Mai belief sich die Inflation (ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe) auf Minus 1,2%.

Wie dem von der SNB heute vorgelegten Monatsheft (June 2012) zu entnehmen ist, verbleibt auch der getrimmte Mittelwert (TM15), der wie die Kerninflation ein geeigneteres Bild der Entwicklung der allgemeinen Inflation liefert, unter der Null Marke: Minus 0,1%. Der TM15 notiert damit den vierten Monat in Folge einen negativen Wert.

Die Schätzungen der Kerninflation sind nützlich, weil die am Konsumentenpreisindex (CPI) gemessene Teuerung kurzfristigen Schwankungen unterliegt.

Gemessen am Produzenten- und Importpreisindex betrug der Preisrückgang in der Schweiz im Mai 2012 innert Jahresfrist Minus 2,3%.



Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert, Graph: ACEMAXX ANALYTICS

PS: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrhythmus der Preise für Bekleidung und Schuhe zurückzuführen.

Fed und EZB in Twist


Die US-Notenbank hat gestern auf ihrer Sitzung beschlossen, das „Operation Twist“ genannte Programm bis Ende Jahr 2012 fortzusetzen. Die „Operation Twist“, die Ende Juni ausgelaufen wäre, wird um 267 Mrd. $ aufgestockt. Dabei verkauft die Fed kurzlaufende US-Staatspapiere und kauft mit dem Erlös langlaufende US-Staatspapiere.

Die Fed hat darüber hinaus die Leitzinsen zwischen 0% und 0,25% unverändert belassen. Die US-Notenbank will zudem die angeschlagene US-Wirtschaft weiter unterstützen und gegebenfalls weitere Stimulierungsmassnahmen treffen. Die Fed hat die Wachstumsprognose für das laufende Jahr nach unten korrigiert.

Tim Duy bringt seine Frustration über den Ausgang der Fed-Sitzung in seinem Blog zum Ausdruck. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor bemerkt, dass es so aussehe, als ob Fed-Chef Ben Bernanke sich auf dem halben Weg bewegen würde, um eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik anzukündigen, aber einfach dort nicht ankommt. Vielleicht wird Bernanke es nächstes Mal schaffen, wenn die Beschäftigungsdaten sich noch mehr verschlechtern. Und Bernanke glaubt, dass QE wirksam sein wird. Und wenn ein Segen von Einhörnern durch Constitution Aveneu marschiert, schildert Duy.


Die aktuellen Prognosen der US-Notenbank vom 20. Juni 2012, Graph: Federal Reserve Bank

Bond Vigilantes und Deutschland


An einer Industrie-Konferenz in Monaco am Dienstag sollen mehr als 50% der Hedge Funds Manager abgestimmt haben, dass die Rendite der deutschen Staatsanleihen sich innert Jahresfrist verdoppeln werde.

Die führenden Hedge Funds Manager wetten auf einen Ausverkauf von German Bonds in den kommenden Monaten, berichtet FT aus London. Jedes analytische Modell von Hedge Funds signalisiere, dass der Markt für deutsche Staatspapiere „zu teuer“ sei. Das Rendite-Niveau sei deshalb so gedrückt, weil „eine grosse Kapitalflucht“ aus dem Rest der Eurozone stattgefunden habe. Die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist am ersten Juni auf 1,13% gefallen. Aktuell notiert die Rendite auf 1,61%.

Die Funds Manager vertreten die Ansicht, dass die Euro-Krise zu weit gegangen sei, um keine Auswirkung auf Deutschland zu entfalten. John Paulson taucht unter den Namen von Hedge Funds Managern, die die German Bonds angeblich leerverkaufen (d.h. „shorten“), auf. Auch Bill Gross von PIMCO ist „bearish“ auf deutsche Staatsanleihen.

Es sind v.a. die Verfechter der Austerität, die im Angesicht der Massenarbeitslosigkeit in der Eurozone eine scharfe Kürzung der Staatsausgaben fordern. Das Argument lautet: Der Haushalt muss konsolidiert werden, um die Anleihemärkte zufriedenzustellen. Die Anleihemärkte selbst scheinen aber damit nicht einverstanden zu sein. Ganz im Gegenteil: Deutschland soll mehr Kredit aufnehmen. Bereinigt um die Inflation ergeben sich zur Zeit sogar negative Renditen.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Parallelen zwischen 1931 und 2012


Es gibt in der Tat Parallelen zwischen Europa 1931 und Europa 2012. In diesem Sinne befasst sich James Hamilton in seinem Blog mit der Rolle des Goldstandard vis-à-vis EWU.

Im Jahr 1931 hatten Länder Bedenken, ob sie am Goldstandard festhalten und eine Wahl hätten, entweder Gold aufzugeben oder zuzulassen, dass der Binnenwirtschaft mehr Schaden in Form von monetärer Kontraktion und Deflation zugefügt wird. Die Zweifel kamen schlussendlich so zum Tragen, dass die Bedenken von Land zu Land wie ein Tischtennisball hin und her gewandert sind, schildert Hamilton.

Im Jahr 2012 haben Länder Zweifel daran, ob sie in der EWU bleiben und eine Wahl hätten, entweder die Gemeinschaftswährung zu verlassen oder zulassen, dass der Binnenwirtschaft weiterer Schaden in Form von mehr fiskalischer Kontraktion zugefügt wird. Diese Ängste und ihre Folgen wandern heute laut Hamilton von Land zu Land in Echtzeit.

Allerdings gibt es einen grossen Unterschied: Eine Vorliebe für Gold gegenüber Bankeinlagen hat nicht mehr von dem gelben Metall geschaffen. Das Ergebnis war, dass der Goldpreis sich im Verhältnis zu hergestellten Gütern verteuert hat. Das heisst, dass die Länder, die am Goldstandard festgehalten hatten, gezwungen waren, Deflation hinzunehmen, erklärt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor.

Heute hingegen kann eine Vorliebe für Euro-Einlagen in Deutschland gegenüber den auf Euro lautenden Staatsanleihen aus der Peripherie von der EZB unendlich elastisch untergebracht werden.