Montag, 19. September 2011

Warum die Wirtschaft der Liquiditätsfalle nicht entkommt

Paul Krugman kann es nicht fassen, dass das Faktum, dass die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, geleugnet wird, wie er in seinem Blog in NYT zum Ausdruck bringt.

Das Kennzeichen einer solchen Falle ist, dass die Menschen das Geld nicht um des Moneyness willen, sondern einfach als Wertaufbewahrungsmittel halten und die herkömmliche Geldpolitik keine Wirkung entfaltet, was einschliesst, dass das Geld für non-money Vermögenswerte wie US-Treasury Bills getauscht wird. Die Geldpolitik zeigt keine Wirkung, weil der eine Vermögenswert mit Null-Zinsen mit dem anderen getauscht wird, hält Krugman noch einmal mit Nachdruck fest.

Als Bestätigung deutet Krugman auf einen aktuellen Bericht von LA Times hin: Bankeinlagen legen kräftig zu. Die Menschen halten im Grunde genommen monetäre Vermögenswerte einfach als einen sicheren Ort, um ihr Vermögen dort zu parken und die Banken haben keine Lust, diese Gelder arbeiten zu lassen.


Umlaufsgeschwindigkeit der Geldmenge M2, Graph: Prof. Paul Krugman

Das lässt sich auch anhand von Daten ablesen, wenn man sich z.B. die Umlaufsgeschwindigkeit von M2 (das Verhältnis des nominalen BIP zu Geldmenge) anschaut. Das ist die von Milton Friedman bevorzugt betrachtete Geldmenge.

Der Monetarismus beruhte auf der Annahme, dass es eine einigermassen stabile Beziehung zwischen der M2 und dem BIP gab. Was jetzt geschieht, ist, dass die Bankeinlagen kräftig wachsen, aber nirgendswo wandern, so dass die Umlaufsgeschwindigkeit (die ja in den 1990er Jahren dank dem Aufstieg des Schatten Bankensystems) des Geldes abstürzt.

Wie sieht es mit Inflation aus? Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass die Frage der Inflation zu einem gewissen Grad von der Problematik der Liquiditätsfalle unabhängig ist, hebt Krugman hervor: Die Wirtschaft kann in einer Liquiditätsfalle stecken, mit einer herkömmlichen Geldpolitik, die unwirksam ist, während immer noch ein wenig Inflation wegen des Kostendrucks existieren kann.

Heisst das, dass die Inflation höher notiert als erwartet? Ja. Soll man wegen eines bevorstehenden, galoppierenden Inflationsprozesses sich Sorgen machen? Nein.

Die IWF-Studie („Still Minding the Gap“) von PLOGS (prolonged large output gaps) fasst die von Krugman vertretene Ansicht angemessen zusammen: man erwartet, dass eine anhaltend rückläufige Wirtschaft (depressed economy) eine fallende Inflation aufweist, obwohl die Teuerungsrate tendenziell einen kleinen positiven Wert anzeigt. Es kann dabei auch Episoden von steigenden Inflationsraten geben, aber diese reflektieren i.d.R. besondere und vorübergehende Faktoren, gewöhnlich die Ölpreise und/oder die Währungsabwertungen.

Es gibt aber keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale. Die Löhne verbleiben sehr schwach.


Der durchschnittliche Stundenverdienst der Produktion und der nicht-aufsichtführenden Arbeitnehmer, Graph: Prof. Paul Krugman

Die Inflation würde also nachlassen. Das ist auch die Erwartung von Investoren.

Dennoch bleibt die Angst vor Inflation bei Menschen mit einem starken Einfluss auf die Politik ein wichtiger Faktor, argumentiert Krugman und macht auf Paul Volckers aktuellen Artikel („A Little Inflation Can Be a Dangerous Thing“) in NYT aufmerksam, welcher einen klaren Beweis dafür bereitstellt, wie schwer es ist, der genannten Falle zu entkommen.

Im Prinzip kann die Geldpolitik noch immer, selbst in einer Liquiditätsfalle wirksam werden. Die Wirksamkeit hängt aber von den Erwartungen ab, von einem glaubwürdigen Versprechen für eine Inflation auf mittlere Sicht, sodass das Sitzen auf dem Geld an Attraktivität verliert, erläutert Krugman. Und diese Glaubwürdigkeit ist schwer aufrechtzuerhalten, wenn auch gute Jungs, die ja nicht besser auftreten als Paul Volcker, auf Weiterfeiern bestehen, wie wenn es 1979 wäre. Ganz abgesehen von denjenigen wie Rick Perry, der die Fed mit Lynchjustiz bedroht hat.

Der Glaube, dass es schwierig wäre, die Art von Glaubwürdigkeit zu erlangen, damit die Geldpolitik an Wirksamkeit gewinnt, ist, warum Krugman und andere wie z.B. Mike Woodford denken, dass fiskalpolitische Anreize (fiscal stimulus) am ehesten die Option sind, der Liquiditätsfalle aus dem Weg zu gehen.

Das ist aber nicht passiert. Nun hoffen die Menschen wieder, dass die Fed den Tag rettet, auch wenn es wahrscheinlich ist, wie Tim Duy darlegt, dass „wir bloss eine Umlagerungen der Liegestühle haben werden“, fasst Krugman zusammen: „Vielleicht werden die Dinge schlimmer, bevor sie besser werden. Vielleicht wird ein Euro-Kollaps die Politiker, antreiben, die Politik endlich in Bewegung zu bringen“.

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