Donnerstag, 29. September 2011

Braucht eine Zentralbank Eigenkapital?

Ein wesentlicher Grund für die Eskalation der Finanzkrise war die mangelhafte Ausstattung der Banken mit Eigenkapital. „Eine wichtige Lehre aus der jüngsten Krise ist, dass die Banken über mehr Eigenkapital (EK) verfügen müssen“, bemerkte Thomas Jordan, Vizepräsident der SNB in einem Referat („Braucht die Schweizerische Nationalbank Eigenkapital?“) gestern in Basel.

Da die SNB als Folge der Frankenstärke und der Bewertungsveränderungen auf ihren Devisenbeständen selber grosse Verluste hat schreiben und daher einen massiven EK-Schwund hinnehmen müssen, kam es in den Medien die Befürchtung auf, dass die SNB bald negatives EK ausweisen müsse.

Vor diesem Hintergrund ist Jordan in seinem Referat auf die Frage eingegangen, ob die SNB durch ein negatives EK ihre Handlungsfähigkeit verlieren kann?

Die kurze Antwort lautet nein. Denn die SNB ist nicht mit einer Geschäftsbank oder einem privaten Unternehmen vergleichbar. Die Zentralbanken können (1) nicht illiquid werden. Das hat zur Folge, dass eine Zentralbank nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn ihr EK vorübergehend negativ wird.

Eine Zentralbank hat (2) aufgrund des Notenmonopols gegenüber normalen Unternehmen einen Finanzierungsvorteil und kann laut Jordan nach Verlusten langfristig immer wieder EK aufnehmen.

Stilisierte Notenbankbilanz, Graph: Prof. Thomas Jordan, SNB, Sept 28, 2011, Basel

Ein über lange Zeit anhaltender Zustand von negativem EK ist natürlich auch für eine Zentralbank nicht unproblematisch, weil die Glaubwürdigkeit und die Unabhängigkeit der Notenbank gefährdet werden kann.

Es gibt zwei wesentliche Gründe für die Sonderstellung einer Zentralbank:

(I) Es kann bei einer Zentralbank keine Liquiditätsengpässe (d.h. kurzfristige Zahlungsprobleme) entstehen. Die Zentralbank kann sämtlichen Zahlungsverpflichtungen jederzeit nachkommen, weil sie die benötigte Liquidität selber schaffen kann.

Dieser Unterschied zu privaten Unternehmen ist ganz entscheidend, hebt Jordan hervor. Wie kommt es dazu? Während ein Unternehmen einen Kredit aufnimmt, wobei Zins, Laufzeit und Kredithöhe vertraglich definiert sind, besteht das FK der SNB i.d.R. hauptsächlich aus den in Verkehr gesetzten Banknoten und den Sichtgutaben der Banken (sog. Giroguthaben) bei der SNB.

Diese zwei Komponenten ergeben zusammen die Notenbankgeldmenge, was sich mit Schulden eines gewöhnlichen Unternehmens nicht vergleichen lässt. Die SNB leistet auf diesen Verbindlichkeiten keinen Zins. Und die Laufzeit ist nicht begrenzt und die „Kredithöhe“ kann von der SNB bestimmt werden.

Im Unterschied zu einem privaten Unternehmen oder einer Geschäftsbank hat sich die SNB in ihren geldpolitischen Entscheiden nie von Gewinnüberlegungen leiten zu lassen. Sie hat vielmehr die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Da es sich bei Noten und Giroguthaben um gesetzliche Zahlungsmittel handelt, sind diese Verbindlichkeiten nicht einforderbar.

Wenn z.B. Sie der SNB eine Banknote zurückgeben wollen und den entsprechenden Gegenwert einfordern, händigt Ihnen die SNB einzig eine neue Banknote mit gleichem Nennwert aus. Sie haben also keinen Anspruch darauf, eine Banknote im Austausch gegen einen anderen Vermögenswert zurückzugeben.

Ein anderes Beispiel: Wenn eine Bank ihre Banknoten „einlösen“ will, so bekommt sie eine Gutschrift auf ihrem Girokonto. Die Notenbankgeldmenge bleibt unverändert.

(II) Die SNB hat von Gesetzes wegen das Recht, ausstehende Forderungen mit der Schöpfung von Franken „aus dem Nichts“ zu begleichen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch davon, dass eine Zentralbank „Geld drucken“ kann, erklärt Jordan. Die SNB gerät also dank dieser autonomen Geldschöpfungsmöglichkeit, dem Notenmonopol nicht in Liquiditätsengpässe.

1 Kommentar:

weico hat gesagt…

Vielleicht sollte Herr Jordan mal bei James Steuart (An Enquiry into the Principles of Political Economy) oder Walter Bagehot(Lombard Street - A Description of the Money Market) nachlesen.

Eigenkapital ist für eine Zentralbank nur solange eine nachrangige Grösse,WENN die eingereichten Sicherheiten ihre emittierten Noten auch "decken".


weico