Samstag, 21. Februar 2015

Der makroökonomische Hintergrund der deutschen Verhandlungsposition

Es mag sich spekulativ und klischeehaft anhören, aber es lohnt sich, die Art von Dingen, über die in akademischen Kreisen auf wissenschaftlichen Konferenzen gesprochen wird, aus aktuellem Anlass wieder in Erinnerung zu rufen, schreibt Tony Yates in seinem Blog.

Worum geht es? Der an der University of Bristol lehrende Ökonom versucht vor dem Hintergrund der europäischen Verhandlungen mit Griechenland, die Wurzeln des deutschen geld- und fiskalpolitischen Konservatismus zu ergründen.

Ausgangpunkt ist die Beobachtung des Autors, dass die anglo-amerikanische und lateinische Welt Geld- und Fiskalpolitik als das beste antizyklische Instrument betrachtet, um „booms and busts“ zu glätten.

Was Griechenland demnach braucht, ist eine expansive Fiskalpolitik, nicht einen Primärüberschuss (primary surplus) und Erlass von Schulden.

Diese Ansicht stammt aus dem New Keynesianism, der in den USA durch führende Wissenschaftler erfunden wurde, erklärt Yates. Die einflussreichen Jobs in Sachen Money und Finance werden hingegen in Deutschland entweder von Senior deutschen Akademikern oder von denjenigen, die mit Ihnen in Verbindung stehen, bekleidet.

Die deutsche akademische Welt, die unverhältnismässig von den in Deutschland ausgebildeten Einheimischen belegt wird, ist von der amerikanischen akademischen Welt auf ungewöhnliche Art und Weise abgeschnitten, argumentiert Yates weiter. Aus diesem Grund fanden New Keynesianism und seine wirtschaftspolitischen Konzepte auf dieser Seite des Atlantiks keinen Anklang. Und daher hat die deutsche Wirtschaftspolitik keinen Wandel entwickeln können.

Es gibt im Wesentlichen zwei Ideen, die in Deutschland nicht Schule machen konnten: Die eine ist der überholte Ansatz einer geplanten Geldmengensteuerung (an einem weit gefassten Geldmengenaggregat wie z.B. M3) als nominalen Anker mit einer vordefinierten Zielinflation (inflation targeting):

Warum? Weil die neukeynesianische Idee wegen des Übergewichts der Zwei-Säulen-Strategie aus der Issing-Ära ein Gräuel für die Bundesbank und die von Deutschland beherrschten EZB war, erinnert sich Yates aus der Zeit seines Aufenthalts in Frankfurt im Jahr 2002.

Die zweite Idee, die in Deutschland nicht angekommen ist, ist der Einsatz von antizyklischer Fiskalpolitik. Der Abdruck ist im Stabilitäts- und Wachstumspakt deutlich zu erkennen.

Es ist zwar einfach eine Theorie, aber Yates möchte trotzdem unterstreichen, dass die jüngste deutsche Verhandlungsposition um das Thema Griechenland zum Teil ein Ausfluss der deutschen isolierten akademischen Tradition ist, völlig verlassen vom modernen Denken.

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