Mittwoch, 23. August 2017

Inflationserwartungen und Digital-Defizit in Deutschland


Während die deutschen Politiker die gegenwärtige Geldpolitik der EZB beschimpfen und sich damit über die „zu niedrige Zinsen“ heftig auslassen, verflacht sich die „Inflationskurve“ in Deutschland weiter.

Die Bundesbank macht in der aktuellen Ausgabe des Monatsberichts darauf aufmerksam, dass die Termin-Inflationsraten (für 5 Jahre), die sich aus Inflation Swaps (5y5y forward inflation swap) herleiten, zuletzt um 4 Basispunkte auf 1,6% gestiegen sind.

Die auf Optionsdaten basierenden Deflationswahrscheinlichkeit über die nächsten 5 Jahre lag laut Bundesbank im August auf einem Mehr-Jahrestief.

Wie sehen die Realrenditen aus? 

Die inflationsindexierten Bundeswertpapiere geben heute die folgenden Werte an:

3 Jahre: -1,28%
5 Jahre: -1,1%
10 Jahre: -0,86%
30 Jahre: -0,28%


Inflationserwartungen in Deutschland, Graph: Deutsche Bundesbank in: Monatsbericht August 2017


Wenn wir gestützt darauf die Inflationserwartungen (gemessen an Breakeven-Sätzen) berechnen, ergibt sich das folgende Bild (*):

5 Jahre: 1,40%
10 Jahre: 0,47%
30 Jahre: 0,87%

Das bedeutet weit und breit keine Inflationsgefahr. 

Die Zielinflationsrate der EZB beläuft sich auf ca. 2 Prozent.

Die Dringlichkeit, die die Politik unumwunden hervorhebt, die Ausgaben zu kürzen, um damit die Inflation zu bekämpfen, wird vom Markt nicht geteilt.

Manche sehen offenbar vor lauter Bäumen den Wald nicht. Nicht das Haushaltsdefizit ist das Gebot der Stunde, sondern die Investitionslücke und neuerdings das Digital-Defizit.

Deutschlands digitale Infrastruktur platzt aus sämtlichen Nähten.

Berlin hat es versäumt, die von einem anderen Zeitalter der Telekommunikation übrig gebliebene Infrastruktur zu ersetzen. Die alten Kupferlinien wurden nicht durch das viel schnellere faseroptische (fibre-optic) Netzwerk ausgetauscht.

Im vergangenen Jahr waren nur 1,8% der Breitband-Verbindungen in Deutschland faser-optisch, im Vergleich zu mehr als 50% in anderen europäischen Ländern wie z.B. in Schweden und Lettland, wie es aus den OECD-Daten hervorgeht.


Deutschlands Digital-Defizit im internationalen Vergleich, Graph: FT 


Digital ist nicht der einzige unterversorgte Teil der deutschen Infrastruktur. Der IWF und die EZB kritisieren Berlin seit einer langen Zeit für Unterinvestitionen in allen Bereichen.


Deutschlands Digital-Defizit im EU-Vergleich, Graph: FT 



(*)

Das sind die sog. Inflation-Spreads (d.h. nom. Rendite minus Real-Rendite).

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