Dienstag, 10. Mai 2016

Finanzmarkt und Unabhängigkeit der Zentralbank

Es liegt auf der Hand, dass die Zentralbanken aus makroökonomischer Sicht nicht allein für die Niedrigzinsen verantwortlich sind.

Da aber Ökonomen und Politiker in Deutschland das gegenwärtige Zinsniveau seit paar Wochen besonders heftig beklagen, bemüht sich die EZB neuerdings tüchtig um Aufklärung.

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund der gestrige Vortrag von Vitor Constancio in London. EZB-Vizepräsident unterstreicht mit Nachdruck, dass eine wachstumsfreundliche Fiskalpolitik vonnöten ist, um eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft zu fördern. Dass die Geldpolitik inzwischen ausgeschöpft ist, wurde in den vergangenen Tagen von anderen EZB-Direktoriumsmitgliedern bekräftigt.

Was aber in diesem Kontext nicht vergessen werden darf, ist der Einfluss des Finanzsektors auf die Geldpolitik. Simon Wren Lewis erinnert in seinem Blog daran, dass die Mainstream-Ökonomen viel zu viel die Unabhängigkeit der Zentralbank von der Politik hervorheben, aber zu wenig Wert auf die Unabhängigkeit vom Einfluss des Finanzwesens und der Banker legen.


Inflation im Euro-Raum, Graph: ECB


Es wäre wahrscheinlich, fair zu sagen, dass Ökonomen vor der Finanzkrise ziemlich gut mit dem Finanzsektor auskamen. Es gab ein gemeinsames Interesse an der Geldpolitik. Der Finanzsektor galt als eine nützliche Quelle der Mittel für Konferenzen und Beratungsaufträge. Die meisten Ökonomen schauten sich den Finanzsektor deshalb nicht kritisch an. Es wurden kaum ernste Fragen aufgeworfen, erklärt der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Situation hat sich aber nach dem Ausbruch der Krise aus naheliegenden Gründen gewandelt. Ökonomen hinterfragen nun das Geschäftsmodell der Banken. Insbesondere rückt die Frage ins Zentrum der Diskussion, warum Banken z.B. in Sachen Eigenkapital unterschiedlich behandelt werden sollen als andere Unternehmen.

Dass die EZB im Vergleich zu den USA, Japan und Grossbritannien so schlecht abgeschnitten hat, liegt nicht an Mangel an Strukturreformen, sondern an der relativen Zurückhaltung der EZB, die Wirtschaft anzukurbeln, argumentiert Wren-Lewis weiter. Und das hat viel mit dem Einfluss des Finanzsektors zu tun.

Zur Erinnerung: Die EZB hat im Jahr 2011 die Zinsen erhöht. Und die Umsetzung der QE-Politik wurde bis 2015 hinausgeschoben. Das alles geht auf die Kappe der Banker zurück. Der aktuelle Artikel von David Folkerts-Landau, Chefvolkswirt der Deutschen Bank in FT bietet dabei einen hoffnungslos tragischen Fall für den Versuch des Finanzsektors auf die Geldpolitik der EZB Einfluss zu nehmen.

Die Überzeugung, dass die Banker, weil sie an den Finanzmärkten beteiligt sind, auch genau wissen müssen, wie die Gesamtwirtschaft (macro economy) funktioniert, wie im oben erwähnten Kommentar unterstellt wird, ist eindeutig falsch.











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