Montag, 2. Mai 2016

Draghi-Bashers und taumelnde Geldpolitik

Während die wilde Kritik durch die Politiker und Banker an Mario Draghi und der EZB anhält, verstecken sich EZB-Vertreter nicht.

Benoit Cœure, EZB-Direktoriumsmitglied hat gestern in FAZ Sonntagszeitung bekräftigtdass die Geldpolitik wirksamer wäre, wenn alle Länder, die über einen fiskalpolitischen Spielraum verfügen, mit anpacken würden. Die Niedrigzinsen seien ein Symptom der makroökonomischen Interdependenzen, die weit über die Geldpolitik hinausgehen.

Peter Praet, EZB-Direktoriumsmitglied hat am 29. April in einem Expansion-Interview gesagt, dass eine Zinserhöhung heute die wirtschaftliche Erholung in Europa ohne Zweifel gefährden würde.

Das ist in der Tat die Frage, die sich stellt: Was würde passieren, wenn die EZB im heutigen Umfeld der Wirtschaft die Zinsen erhöhen würde?

Paul Krugman liefert in seinem Blog dazu eine hervorragende Abbildung, die uns die BIP-Lücke zwischen den USA und dem Euroraum zeigt.

Dass die Eurozone hinter der US-Wirtschaft zurückgefallen ist, war nicht von Anfang an so. Was ist also 2011-2012 geschehen?



BIP-Lücke zwischen der amerikanischen und der europäischen Wirtschaft, Graph: Paul Krugman in NYTimes



Erstens: Der harsche Sparkurs (fiscal austerity), den die Eurozone eingeschlagen hat.

Zweitens: Die völlig danebenliegenden Zinserhöhungen der EZB (im April und im Juli).

Drittens: Die Verweigerung durch die EZB (Jean-Claude Trichet lässt grüssen), die „lender of last resort“-Rolle zu übernehmen.

Es war Mario Draghi, der mit der Amtsübernahme versucht hat, die fehlgeleitete Geldpolitik zu korrigieren, die Austerität abzufedern und die Anleihe-Märkte mit der inzwischen viel zitierten Aussage „whatever it takes“ zu beruhigen.

Es liegt jedoch auf der Hand, wie Krugman betont, dass die wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen von 2011-2012 der europäischen Wirtschaft einen schrecklichen Schock versetzt haben: Die Inflation ist um rund 100 Basispunkte (d.h. ca. 1%) gesunken und einer dauerhaften Wachstumsschwäche wurde der Weg gebahnt.

Und es ist in der Tat verdammt schwer, sich von Deflation-Fehlern zu erholen, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.

Und es hätte auch Amerika so ergehen können, wenn sich die Bernanke-Kritiker auf der rechten Seite des politischen Spektrums sich durchgesetzt hätten, so das Fazit von Krugman. Nun denken wir in Europa ein paar Minuten darüber nach, was in Europa sonst passieren würde, wenn die Zinsen heute wider besseres Wissen angehoben würden.


PS:


Auch Jens Weidmann, Präsident der Bundesbank hat am 29. April gesagt, dass von einer Enteignung der Sparer keine Rede sein kann. Die Geldentwertung durch die Inflation sei gegenwärtig so gering, dass die reale Verzinsung von Spareinlagen über null liege und damit höher als in den 1970er Jahren und auch in den Jahren 2011 bis 2014.


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