Donnerstag, 30. September 2010

Adam Posen für mehr geldpolitische Stimulierung

Adam Posen, ein amerikanischer Ökonom, der als Berater im Dienste der britischen Zentralbank (BoE: Bank of England) steht, ist besorgt, dass die globale Wirtschaft zu schwach ist und weiterhin Unterstützung braucht. In einer am Dienstag in London gehaltenenen Rede hat er für mehr QE (quantitative easing), d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik plädiert. Sein Hauptargument ist, dass die aktuelle makroökonomische Diskussion den Punkt zu meist fehlt. „Unsere Situation (GB, USA und in dem meisten grossen westlichen Volkswirtschaften) ist, wo politische Entscheidungsträger einem langen Kampf gegenüberstehen, in welchem lockere Geldpolitik weiterhin eine Rolle spielt, selbst wenn sie keine Erholung auf eigene Faust bringt“, so  Posen. Unzureichende monetäre Massnahmen bergen das Risiko, zu einem anhaltend niedrigen Wachstum und zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung in der Nähe von Deflation zu führen, erklärt Posen weiter. Das ist in Japan in den 1990er Jahren, in den USA und Europa in den 1930er Jahren geschehen.


Wirtschaftliche Erholung: Grossbritannien vs Japan, Graph: Adam Posen, Bank of England

Aufkaufprogramm der Fed und Inflationserwartungen

Deflation bedeutet einen anhaltenden Rückgang des Preisniveaus über längere Zeit. Deflation ist also das Gegenstück zur Inflation. In der Blogosphäre findet zur Zeit eine Debatte darüber statt, ob Deflation für das schwache Wachstum der Wirtschaft verantwortlich ist oder ob sie nur ein Symptom anderer Faktoren ist, die auf Wachstum lasten. Einige Ökonomen glauben, dass Deflation das Wirtschaftswachstum verlangsamt, indem sie die Realzinsen (d.h. nominaler Zins minus Inflation) in die Höhe treibt. Wenn das stimmt, müsste man dafür sorgen, dass die Inflationserwartungen steigen, indem die Konsum-Nachfrage und Investitionen gefördert werden, schreiben Massimo Guidolin und Christopher Neely in einer kürzlich vorgelegten Studie. Ein Vorschlag für die Vermeidung von negativen Folgen der Deflation wäre, eine grosse monetäre Stimulierung (monetary stimulus) einzuleiten, um „gesunde“ (positive) Inflationserwartungen zu erzeugen, welche die realen Zinsen reduzieren und damit das Wachstum ankurbeln würden, bemerken die Ökonomen, die bei der Fed St. Louis tätig sind.


10 Jahre TIPS-Inflationserwartungen, Graph: Massimo Guidolin & Christopher Neely

Brad DeLong: Depression Economics

Die Arbeitslosenquote liegt derzeit in den USA bei 9,6%. Das Hauptaugenmerk gilt heute daher Depression Economics. Die anderen Teile der Ökonomie Inflation Economics, Government Budget Economics und Growth Economics stehen definitiv im Hintergrund. Das wird jedoch nicht immer der Fall sein, bemerkt Brad DeLong. Der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor bietet dazu eine grandiose Lektüre:  Sechs Vorlesungen über „Depression Economics“. Unbedingt lesenswert!

Inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (TIPS): Performance

Der TIPS-Market galt von Anfang an als die ultimative Anlageklasse mit geringem Risiko. Investoren suchten TIPS, um sich gegen die Inflation zu schützen, im Bewusstsein dessen, dass die Rendite niedriger ist als die der US-Treasury Bonds. Die Zeiten sind aber mittlerweile vorbei. Warum? Weil die TIPS (inflationsgeschützte Staatsanleihen) keine Prämie fordern, v.a. in Krisen, erklärt Anton Heese, Morgan Stanley in einer neulich vorgelegten Studie. Die Renditen der TIPS sind schwankungsanfälliger als die der US-Treasury Bonds. Und die TIPS haben in den vergangenen Jahren mehr Ertrag abgeworfen als US-Staatsanleihen und die wichtigsten Anlageklassen. Erwähnenswert ist zudem, dass die TIPS auf einer risiko-adjustierten Basis (sharpe ratio) sehr wettbewerbsfähig sind, so Heese.

10 Jahre TIPS versus Verbraucherpreisindex (CPI), Graph: Anton Heese, Morgan Stanley

Mittwoch, 29. September 2010

Wirtschaft ist keine Tugendhaftigkeit

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die NYT, jedesmal wenn Paul Krugman den Zweiten Weltkrieg in seinen Stellungnahmen zum aktuellen Geschehen der Wirtschaft erwähnt, eine Menge e-mails bekommt, die den Nobelpreisträger als „Kriegstreiber“ beschuldigen. Brad DeLong ist es aufgefallen, wie ein Kommentator in der Blogosphäre behauptet, dass Krugman den „Krieg als Lösung unserer Probleme“ befürwortet. Das ist natürlich eine perfide Unterstellung. Krugman will die Gelegenheit nicht auslassen, zu betonen, dass die Wirtschaft keine Sittlichkeit, keine Tugenhaftigkeit ist. „Es ist nicht eine Happy Story, in der Tugend belohnt und Laster bestraft werden“, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. „Die Marktwirtschaft ist ein System für organisierte Aktivität ohne moralische Bedeutung, ein ziemlich gutes System für die meiste Zeit, aber nicht immer", so Krugman.


Ungerechte Einkommensverteilung

Mark Thoma macht in einem lesenswerten Eintrag in seinem Blog darauf aufmerksam, wie sich die Einkommensverteilung in den vergangenen Jahrzehnten verschoben hat. In einem Essay („What the Rich Don’t Need“) in  NYT widerlegt Richard Thaler geschickt die Argumente für die jährliche Mittelbeschaffung in Zig Milliarden Dollar, um die Steuersenkungen des Präsidenten Bush an die wohlhabendsten 2% der Leute aufrechtzuerhalten. „Wollen wir eine Gesellschaft, in der die Reichen einen immer grösseren Anteil am Kuchen bekommen oder wollen wir lieber zu den Bedingungen zurück, die allen Klassen erlauben, an einem steigenden Lebensstandard teilzunehmen?“, fragt Thaler zu Recht. Wie Chuck Marr  schon mal bemerkt hatte, hat in den USA in den letzten drei Jahrzehnten eine erstaunliche Verschiebung des Einkommens stattgefunden, aus der Mittelschicht zu den wenigen an der Spitze der Einkommensklasse.


Der durchschnittliche Gewinn oder Verlust im Jahr 2007 aus der Einkommensverschiebung seit 1979, Graph: Chuck Marr, off the charts

Dienstag, 28. September 2010

Israel: Makroökonomische Prognosen für 2010 und 2011

Die israelische Notenbank (BoI) hat heute ihre Wirtschaftsprognosen im Hinblick auf das zweite Quartal aktualisiert und das Wachstum und die Handelsvoraussagen angepasst.

Prognosen für 2010: Die Daten wurden aufgrund eines starken BIP-Wachstums im Verbindung mit einer niedrigen Arbeitslosenquote nach oben korrigiert. Das BIP dürfte demnach um 4,0% (bisher: 3,7%) zulegen. Die Arbeitslosigkeit dürfte im Durchschnitt auf 6,3% fallen. Der Leistungsbilanzüberschuss dürfte sich voraussichtlich auf 6,8 Mrd. $ belaufen.


Israel BIP pro Quartal, Graph: Bank of Israel Prognose, Sept 29, 2010

Das Trickle-Down Argument

Die Befürworter der Bush-Steuersenkungen behaupten, dass das Verfallen der Steuersenkungen für die oberen Einkommensgruppen ein schwerer Rückschlag für die Wirtschaft bedeuten würde, weil diese Steuerzahler einen grossen Anteil an Verbraucherausgaben ausmachen. Wenn sie ihre Ausgaben nicht steigern, dann käme die Erholung der Wirtschaft zum Stillstand, lautet das Argument weiter. Folglich würden alle darunter leiden. Ein ähnliches Argument war auch bei Steuersenkungen während der Reagan-Ära zu hören. Was weiss man aber heute über das Verhältnis der Steuersätze und der Konsumausgaben. Wie gross ist der Trickle-down Effekt, falls messbar? Die New York Times (NYT) befragt dazu eine Reihe von renommierten Experten wie Laura Tyson, Mark Zandi, William Gale, Linda Beale  und Matthew Weinzierl. James Galbraith nimmt dazu mit einem Keynes Zitat (1919) Stellung:


Zinsstruktur-Erwartungstheorie: Kein Crowding-out

Während Menzie Chinn zur Zeit die graphischen Darstellungen für seinen  „money and banking“ Kursus aktualisiert, präsentiert er in seinem Blog vielsagend die folgende Abbildung, um die „enormen Auswirkungen der staatlichen Kreditaufnahme auf die Zinssätze“ via Portfolio Crowding Out zu zeigen. Die „enormen Auswirkungen“ sind aber jetzt nicht sichtbar. Vielleicht in Zukunft, bemerkt er etwas spöttisch. Denn es gibt kein Crowding Out. Privatwirtschaftliche Aktivitäten werden durch staatliches Handeln (zunehmende Staatsverschuldung) nicht verdrängt. Es ist sinnvoll, daran zu erinnern, dass der Zinssatz für Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit, unter Zinsstruktur-Erwartungstheorie („expectation hypothesis of the term structure“), dem Durchschnitt der erwarteten kurzfristigen Zinssätze über die nächsten 10 Jahre entspricht.


US-Treasury Bonds (10 Jahre) mit konstanter Fälligkeit, Graph: Prof. Menzie Chinn

Eurodollar Futures und Erwartungen

Der Markt erwartet, dass der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der US-Notenbank (Fed) die aussergewöhnlich niedrige Zinssätze für eine „längere Zeit“ aufrechterhalten wird. Die Erwartungen werden in den Eurodollar Futures deutlich widergegeben, schreiben Ben Craig und Matthew Koepke in einer aktuellen Studie, die bei Fed Cleveland neulich veröffentlicht wurde. Eurodollar Futures sind Forward Rate Aggrements (FRA), die Marktteilnehmern erlauben, sich gegen Schwankungen der kurzfristigen Zinsen abzusichern oder darauf zu spekulieren, ergänzen die Ökonomen. Im Falle von Eurodollar Futures schliessen die Investoren Wetten auf das Risiko mit kurzfristigen Veränderungen im Liborsatz ab. Der Libor (einer der wichtigsten Zinssätze für den Geldmarkt) reflektiert die Kosten der Kreditaufnahme in US-Dollar für private, hochqualifizierte Kreditnehmer.


Eurodollar Forward Rate Curve, Graph: Ben R. Craig & Matthew Koepke, Fed Cleveland

US-Anleihemarkt: Auktion von 2-jährigen Treasuries

Bei der Auktion zweijähriger US-Treasuries im Volumen von 36 Mrd. $ hat sich gestern eine rekordtiefe Rendite von 0,441% ergeben. Nachdem die Ratingagentur Moody’s die Bonitätsnote für die schwer angeschlagene Anglo Irish Bank um drei Stufen verschlechtert hat, wurde am Montagabend eine starke Nachfrage nach US-Treasury Bonds verzeichnet. Das Verhältnis der Gebote zum Angebot (bid-to-cover-ratio) lag auf der Versteigerung mit 3,78x (der höchste Wert seit August 2007) deutlich höher als auf der letzten Versteigerung von August (3,12x). Der jährliche Durchschnittswert beträgt 3,23x. Die indirekten Gebote (dahinter stecken ausländische Zentralbanken) stieg auf 39%. Die direkten Gebote verbuchten 11% und die Dealers 50%. Die Rally setzte sich nach dem Ende der Auktion fort.

US-Treasury 2 Jahre Stop-Outs, Graph: Igor Cashyn & Jim Caron, Morgan Stanley

Montag, 27. September 2010

Strukturelle Arbeitslosigkeit und (fehlende) Anzeichen

Basic-Macro Lehrbücher beschreiben, wie zu unterscheiden ist zwischen Rezessionen, die durch Angebotsschocks und Rezessionen, die durch Nachfrageschocks verursacht worden sind. Man beachte die Inflation, erklärt Paul Krugman in seinem Blog. Wenn Sie Stagflation haben, mit einer zunehmenden Arbeitslosigkeit in Verbindung mit einer sich beschleunigenden Inflation, dann handelt es sich dabei um das Anzeichen eines Angebotsschocks. Wenn Sie Arbeitslosigkeit haben, mit Disinflation, dann ist es das Anzeichen eines Nachfrageschocks. Was sehen wir heute? Man müsste diese grundlegende Beobachtung heute ahnen können, wenn es starke direkte Beweise für irgendeine Art von „labor mismatch“ geben würde, argumentiert Krugman: Entlassungen in einigen Branchen kombiniert mit Arbeitskräftemangel in anderen. Hohe Arbeitslosigkeit mit einer bestimmten Art von Arbeit kombiniert mit starren Marktverhältnissen und steigenden Löhnen für andere Märkte. Hohe Arbeitslosigkeit in manchen Regionen, aber aussergewöhnlich gute Anstellungen in anderen. Keines dieser Dinge ist aber sichtbar, wie der EPI-Bericht zeigt, so Krugman.

Strukturelle Arbeitslosigkeit: Ein Schwindel-Argument

Was ist wegen Massenarbeitslosigkeit zu tun? Schlauberger behaupten suggestiv, dass es keine einfache und rasche Antwort darauf gibt. Es gebe zwar Arbeit, zu tun, aber die Arbeitnehmer seien nicht bereit, die Jobs anzunehmen. Weil sie am falschen Ort sind und die falschen Fertigkeiten haben. Unsere Probleme seien „strukturell“ und es werde daher mehrere Jahre dauern, um das Problem zu lösen. Gibt es aber Beweise, die diese schwachen Unterstellungen rechtfertigen? Nein. „Ganz im Gegenteil ist die hohe Arbeitslosigkeit das Ergebnis einer unzureichenden Nachfrage. Punkt“, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („Structure of Excuses“) in  NYT. „Die Krise unserer Arbeitslosigkeit könnte sehr rasch gelöst werden, wenn wir die geistige Klarheit und den politischen Willen zum Handeln hätten“, bemerkt Krugman weiter.

Sonntag, 26. September 2010

Default: Zahlungsversäumnis als Weg aus der Krise?

Die Frage nach den Ursachen der Finanzkrise ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, wie der zwischen den „Freshwater“ und „Saltwater“-Ökonomen mit harten Bandagen geführte Diskur in der Blogosphäre zeigt. Doch eine Mehrheit der Ökonomen scheint zu denken, dass eine übermässige Verschuldung des privaten Sektors eine Schlüsselrolle für das Abgleiten der Wirtschaft in den Schlamassel gespielt hat. Und „sie spielt immer noch eine Rolle, indem sie uns daran hindert, davon loszukommen“, wie Paul Krugman in seinem Blog hervorhebt. Eine naive Ansicht legt nahe, dass das, was wir brauchen, eine Rückkehr zu einer Tugend ist: Jeder soll mehr sparen, seine Schulden tilgen und die eigene Bilanz bereinigen. Das Problem mit dieser Ansicht ist die „Fallacy of Composition“, erklärt Krugman. Wenn  alle gleichzeitig versuchen, die Schulden zurückzuzahlen, ergibt sich daraus eine depressive Wirtschaft. Und die fallende Inflation sorgt dafür, dass die Schulden im Verhältnis zum Einkommen steigen. 


Ausstehende Kreditkarte-Schulden, Graph: NYT, Sept. 24, 2010

Samstag, 25. September 2010

Schweiz: Kapazitätsauslastung und Produktionslücke

Die Kapazitätsauslastung hat sich in der Schweiz in der Industrie im zweiten Quartal etwas verbessert. Die Auslastung, die im ersten Quartal noch 80,7% betragen hatte, stieg im zweiten Quartal um 2% auf 82,7% an. Gemessen am langfristigen Durchschnitt von 83,9% sind die Kapazitäten in der Industrie jedoch noch immer unterausgelastet. Schätzungen des Produktionspontezials lassen laut SNB darauf schlissen, dass das BIP auch im zweiten Quartal unter dem Produktionspotenzial lag, die Produktionslücke aber gegenüber dem Vorquartal weiter geschrumpft ist. Die Produktionslücke betrug je nach Verfahren zur Schätzung des Produktionspotenzials -0,7% (Produktionsfunktion), -0,4% (Hodrick-Prescott-Filter) und -0,3% (multivariater Filter).


Kapazitätsauslastung Schweiz, Graph: SNB, Quartalsheft Sept 2010

Freitag, 24. September 2010

Fed, Finanzinnovationen und nächste Rezession

Die Fed wurde im Jahre 1931 geschaffen, um die Auswirkung der Finanz-Paniks zu begrenzen. Es hat eine Weile gedauert, bis die Fed dieses Ziel erreicht hat, erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit Hilfe der Regierung, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („The Fed, Innovation and the Next Recession“) in NYT. Heute hat die Fed diese Spur nicht nur verloren, sondern sie betreibt eine Politik, die den Zyklus des Überschwangs und der unvorsichtigen Kreditvergabe verschlimmert, was die nächste grosse Krise (vermutlich eine schwere Rezession) bringen dürfte, argumentiert der ehem. IWF-Chefökonom. Plötzlicher Vertrauensverlust in das Finanzsystem war bis Ende des 19. Jahrhunderts nicht unüblich. Während der private Sektor in der Lage war, eine komplette Katastrophe abzuwehren, hat sich das Blatt im Jahr 1907 gewendet, beschreibt Johnson weiter. Die Frage des Tages war, wie viel staatliche Aufsicht die Banker im Gegenzug für die Schaffung einer Zentralbank zu akzeptieren hätten.

Donnerstag, 23. September 2010

QE II und Erwartungen in den Aktien- und Anleihenmärkten

Der geldpolitische Ausschuss der US-Notenbank (Fed) hat auf ihrer Sitzung vom 21. September den Leitzins (Fed Funds Rate) bei 0 bis 0,25% unverändert belassen und sich bereit erklärt, neue Massnahmen zu treffen, um die Wirtschaft anzukurbeln. An den Finanzmärkten wird nun erwartet, dass die Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 2./3. November eine Wiederauflage der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (quantitative easing), genannt „QE II“ beschliessen dürfte. Die Fed hat zwar nicht explizit den erneuten Kauf von Anleihen am offenen Markt erwähnt. Aber es gab eine wichtige Änderung in Wortwahl, was die Entwicklung der Inflation betrifft. Der Markt hat darauf so reagiert, dass die Renditen der 10-jährigen US-Treasury Bonds um 15 Basispunkte nachgelassen haben. Eine Vielzahl der Anleger betrachtet demnach die extrem niedrigen Zinsen als Anzeichen der schwachen Wirtschaft.


US-Treasury Bonds versus TIPS (inflationsgeschützte Treasuries) Graph: Greg Peters, Morgan Stanley

Mittwoch, 22. September 2010

Interview : Prof. Jeffrey Frankel, Harvard University

Jeff Frankel is Professor of Capital Formation and Growth, Kennedy School of Government Harvard University

The NBER announcement of the end of the recession coincides with the beginning of the loud weeping of the rich (1%), as everyone can watch in the blogosphere right now. How bizarre is this recession?

Yes, the recession was unusual in a number of respects.    But I am not sure what is the coincidence you speak of. As for the richest 1%, they would have no chance of winning the benefit of an extension of all the Bush tax cuts if it were not for the fact that a huge chunk of the American electorate has gotten into the habit of voting against their own economic interests, and those of their grandchildren.

What has to be done, in order to strengthen the “slow continuation of the current (inadequate) recovery”?

The desirable policy response to our current situation is a combination of (1) sensible fiscal stimulus today, designed to maximize bang for the buck (where “bang” is adding to demand for goods and services and “buck” is how much the spending adds to the national debt), and simultaneously (2) taking steps today to put the long-term fiscal path back on a more responsible footing, analogous to the steps taken in the 1990s but reversed in 2001.    In my view the best way of doing that would be reform of social security and the health care system.   But the Republicans in the Congress block almost every attempt by the Obama Administration to do these things.

Dienstag, 21. September 2010

Staatsanleihen aus Irland im Stress

Die Angst und die Erwartungen vor Zahlungsausfall und Umschuldung in Europa legen sich nicht ab. Die Risikoaufschläge auf Staatsanleihen aus Irland und Portugal sind heute höher als vor der Bekanntgabe des internationalen Rettungspakets im Frühjahr 2010. Irland sieht derzeit wie ein zweiter Fall Griechenland aus. Dennoch hat sich das stark verschuldete EU-Land heute am Kapitalmarkt neue Mittel in Höhe von insgesamt 1,5 Mrd. Euro besorgen können. Es ist Dublin gelungen, Staatspapiere mit 4 (500 Mrd. Euro) und 8 Jahren (1 Mrd. Euro) Laufzeit zu begeben, wie FT Alphaville berichtet. Die Anleihe mit der Laufzeit bis 2018 wurde im Durchschnitt mit einer Rendite von 6,023% plaziert, während die Rendite der Anleihe mit der Laufzeit von 4 Jahren 4,767% betrug. Die hohe Nachfrage darf aber nicht überschätzt werden, zumal die EZB derzeit Anleihen der finanzschwachen EU-Staaten kauft und der IWF und die EU seit dem Frühjahr Garantien im Wert von 750 Mrd. Euro für die EU-Peripherie in Aussicht stellen.


Irland Staatsanleihen (10Jahre) Rendite, Graph: Bloomberg.com

NBER: Was die Verkündung vom Ende der Rezession bedeutet

Nachdem das private Forschungsinstitut NBER gestern mitgeteilt hat, dass die Rezession im Juni 2009 zu Ende gegangen ist, tauchen viele Fragen auf. Jeff Frankel, der ein Mitglied des NBER ist, erklärt in seinem Blog, was es mit der NBER-Verkündung auf sich hat.

Wer braucht das NBER, das uns sagt, was wir bereits wissen?

„Es ist wahr, dass das BIP seit 5 Quartalen wächst und die meisten Ökonomen daher die Rezession für beendet halten“, erläutert  Frankel. Aber es ist nicht einfach, die Talsohle zu benennen, und zwar aus mehreren Gründen: Daten werden überarbeitet. Verschiedene Indikatoren sagen verschiedene Dinge hinsichtlich des genauen Zeitpunktes des unteren Ende. „Wir konnten uns bisher nicht überzeugen, dass ein hypothetisch neuer Abschwung als eine zweite Rezession zählen würde statt einer Fortsetzung des ersten Abschwungs“, erklärt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor. Sieht die 15-monatige Verzögerung dieser Ankündigung wie eine lange Zeit aus? Frankel erinnert daran, dass es damals 18 Monate gedauert habe, bis das Ende der Rezession von 2001 für beendet erklärt wurde.

Schweiz: Kerninflation fällt im August weiter

Die Trimmed Mean Inflation fällt in der Schweiz weiter. Im August wurde ein Wert von 0,5% verzeichnet, nachdem die Trimmed Mean Inflation im Vormonat um 0,4% und davor vier Monate in Folge um 0,7% gefallen ist, wie dem von der SNB heute vorgelegten Statistischen Monatsheft September 2010 zu entnehmen ist.

Auch die Kerninflation (0,1%) setzt ihren abwärtsgerichteten Trend fort. Die Kernrate spiegelt die Preisentwicklung ohne Nahrung, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie und Treibstoffe wider. Bei der Berechnung der Trimmed Mean Inflation (Methode des getrimmten Mittelwertes) schliesst die SNB die Güter mit den stärksten Preisschwankungen nach oben und unten (je 15%) aus dem Landesindex der Konsumentenpreise aus.


Schweiz: Konsumentenpreise und Kerninflation, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft Sept. 2010

Unterbeschäftigung: Eine Folge der schwachen Nachfrage

Warum ist die Arbeitslosigkeit in dieser Rezession so schlimm? Mike Konczal erklärt in einem lesenswerten Essay in Rortybomb, dass es aktuell zwei Theorien gibt. Die erste betrifft die gesamtwirtschaftliche Nachfrage (aggregate demand). Die zweite die von Nichtübereinstimmung (Fehlanpassung) von Fähigkeiten (Fertigkeiten) (skills mismatch). Um diese Frage zu untersuchen, betrachtet Konczal nur diejenigen, die unterbeschäftigt sind. Insbesondere werden diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen Teilzeitarbeit verrichten,welche vom BLS (Bureau of Labor Statistics; Arbeitsministerium) als „beschäftigt“ eingetragen werden, in Betracht gezogen. In der Abbildung werden sowohl der Prozentsatz der Beschäftigten dargestellt, die aus wirtschaftlichen Gründen Teilzeitarbeit leisten, als auch der Prozentsatz der Beschäftigten, die aus wirtschaftlichen Gründen, insbesondere aber wegen „slack work“ oder „business conditions“ Teilzeitarbeit leisten.


Prozentzahl der Beschäftigten (Teilzeitarbeit aus ökonomischen Gründen), Graph: Arjun Jayadev & Michael Konczal

Montag, 20. September 2010

NBER verkündet das Ende der Rezession

Das NBER (National Bureau of Economic Research) hat heute das Ende der Rezession in den USA verkündet. Das NBER ist eine amerikanische private, überparteiliche Nonprofit-Organisation. Die Rezession, die im Dezember 2007 begonnen hat, ist laut Experten der Forschungsgruppe im Juni 2009 zu Ende gegangen. Die Entscheidung basiert i.d.R. auf die Prüfung von vier Kriterien: (1) BIP, (2) Einkommen, (3) Beschäftigung, (4) industrielle Produktion und (5) Grosshandel-Einzelhandel. „Es ist wichtig, zu beachten, dass es sich dabei um einen Versuch handelt, den Tiefstpunkt der Erholung zu identifizieren“, erklärt Mark Thoma in einem lesenswerten Eintrag in cbs moneywatch. „Es sagt nicht aus, dass wir uns nun erholt haben. Nur, dass wir um die Ecke gebogen sind“, erläutert Thoma weiter. Und es sagt nichts darüber aus, wie lange es noch dauern wird, bis die Vollbeschäftigung erreicht ist, so der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.


US Rezessionswahrscheinlichkeiten, Graph: Prof. Jeremy Piger, University of Oregon

Bestand der ausländischen Zentralbanken an US-Treasury Bonds

Die ausländischen Zentralbanken haben ihre Bestände an Papieren der staatlichen Hypothekenfinanzierer (agency debts) für die Woche zum 15. September um 57 Mrd. $ abgebaut, während sie ihre Bestände an US-Treasury Bonds um 40 Mrd. $ aufgestockt haben. Das bedeutet eine grosse Umverteilung. Der Zeitpunkt der Umschichtung (weg von GSE ab in die UST) deckt sich mit den derzeitigen Erwartungen am Markt im Hinblick auf eine Wiederauflage der mengenmässigen Lockerung (QE=quantitaive easing) der Geldpolitik (genannt QE II) durch die Fed. Der gelpolitische Ausschuss der amerikanischen Notenbank trifft sich am Dienstag zusammen, um über die Geldpolitik zu beraten. Auf ihrer Sitzung von August hatte die Fed beschlossen, die Einnahmen aus fällig werdenden Papieren wieder zu investieren.


Bestände der ausländischen Zentralbanken an US-Treasury Bonds, Graph: Igor Cashyn, Morgan Stanley

EFSF: European Financial Stability Facility neu mit „AAA“-Rating

Die Ratingagentur Moody’s hat heute laut Bloomberg mitgeteilt, dass sie EFSF (European Financial Stability Facility) vorläufig mit einem Rating von „AAA“ benotet. Die EFSF ist eine in Luxemburg errichtete societe anonyme (d.h. eine Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht). Es handelt sich dabei um eine Zweckgesellschaft, welche im Rahmen der Einführung des Europäischen Stabilisierungsmechanismus vom Mai 2009 im Frühjahr 2010 gegründet wurde, um Staatshilfe an die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes zu gewähren. Die Stabilitätshilfe wird demnach während einer begrenzten Zeit in Form von Vereinbarungen über eine Darlehensfazilität in einer Höhe von bis zu 440 Mrd. Euro ausgereicht.


Das Jammern von 1 Prozent

Zorn fegt Amerika. „Immerhin ist diese Weissglut-Wut ein Minderheits-Phänomen, welches nicht die meisten Bürger des Landes charakterisiert. Aber die zornige Minderheit ist in der Tat zornig, bestehend aus Menschen, die fühlen, dass die Dinge, auf die sie Anspruch haben, ihnen weggenommen wird. Nun sind sie auf Rache“. Die Rede ist nicht von der Tea Party Bewegung. Paul Krugman beschreibt in seiner lesenswerten Montagskolumne („The Angry Rich“) in NYT die gegenwärtige Gemütslage der Reichen in den USA. Das sind schlimme Zeiten für viele Menschen im Land. Armut ist während der Wirtschaftskrise gestiegen. Millionen von Menschen haben ihr Zuhause verloren. „Doch wenn man reale politische Wut sucht, findet man sie nicht unter diesen Amerikanern, die leiden. Man findet sie stattdessen unter den sehr privilegierten Menschen, die keine Sorgen haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, aber empört, ja entsetzt sind von dem Gedanken, etwas höhere Steuern zu zahlen“, erklärt Krugman. Die Wut der Reichen wächst seit dem Amtsantritt des Präsidenten Obama. Zunächst war sie auf die Wall Street beschränkt.

Sonntag, 19. September 2010

Basel III: Der fatale Fehler

Das als „Basel III“ bekannte Regelwerk hat zu einem unbefriedigenden Ergebnis gehetzt, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Eintrag („Basel III: The Fatal Flaw“) in seinem Blog The Baseline Scenario. Falls die neuen Vorschrifen wirksam sein sollten, müssen die USA und andere Länder mit wichtigen Finanzplätzen erhebliche zusätzliche Eigenkapitalanforderungen auf nationaler Ebene hinzufügen, bemerkt der ehem IWF-Chefökonom. Das Herzstück der inhaltlichen Diskussion ist laut Johnson, ob die Straffung der Eigenkapitalanforderungen und die Puffer für etwaige Verluste, welche die Banken verpflichtet sind, einzuhalten, eine negative Auswirkung auf die Wirtschaft entfalten wird oder nicht. Die Banken bestehen darauf, dass de Forderung nach mehr Eigenkapital die Kreditvergabe und daher das Wirtschaftswachstum verlangsamen werde. Diese Behauptung hat jedoch keine Substanz, erläutert Johnson.


Erhöhte Kapital- und Liquiditätsanforderungen und Auswirkungen auf Wachstum, Graph: Bank for International Settlements (BIS), Sept 2010

Armut in den USA: Der höchste Stand seit 1994

Die amerikanische Durchschnittsfamilie wird ausgehöhlt. Während Millionen-Boni für die Bank-Manager ausgeschüttet werden, die die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds gebracht haben, ist die Armut in den USA auf den höchsten Stand seit 1994 geklettert. Wie die Volkszählungsbehörde (Census Bureau) am  Donnerstag mitteilte, lebten im vergangenen Jahr 43,6 Mio. Amerikaner (14,3% der Bevölkerung) unter der Armutsgrenze. Das bedeutet einer von sieben Einwohner, wie NYT berichtet. Ein Fünftel aller Kinder lebt demnach in Armut. Die Armutsgrenze für einen alleinstehenden Erwachsenen betrug 2009 bei einem Jahreseinkommen von 10'830 $, für eine 4-köpfige Familie bei einem Jahreseinkommen von 22'050 $. Im Zuge der schlimmsten Wirtschaftskrise fanden sich zusätzlich 4 Mio. Amerikaner in Armut.


Armut in den USA, Graph: Census Bureau, Sept 2010

Samstag, 18. September 2010

Schuldenstand: USA versus Europa

Greg Peters, Morgan Stanley liefert die folgenden zwei Abbildungen, indem er die Schuldenproblematik in den USA und Europa vergleicht. Seine Schlussfolgerungen lassen sich kurz in drei Punkten zusammenfassen: (1) USA und Europa haben ein vergleichbares aggregiertes Verschuldungsniveau und Dynamik, sodass die Abwicklung eine lange Zeit in Anspruch nehmen wird, (2) Beide Banking-Systeme standen im Mittelpunkt der Finanzkrise und Rezession. Während aber europäische Banken direkt an die Staatsschuldenkrise gebunden sind, hat die Heilung im amerikanischen Bankensystem bereits begonnen, (3) Politik bildet eine entscheidende Variable, welche auf die Wirtschaft und die Märkte auswirkt, mit potentiell guten und üblen Folgen kurz- und langfristig.


Schulden-Zyklus, Graph: Greg Peters, Morgan Stanley

FDIC: Anzahl Bankschliessungen klettert auf 125

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post sechs Banken (drei in Georgia, jeweils eine in New Jersey, Ohio und Wisconsin) geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2010 verstaatlicht wurden, auf 125 gestiegen. Die sechs verstaatlichten Banken verfügen über ein Anlagevermögen von insgesamt 1'343,8 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Banken beträgt für die öffentliche Hand 347,60 Mio. $.

Bankpleiten:
2010: 125
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 17. September 2010

Median CPI und Trimmed Mean CPI im August

Der Disinflationstrend hält in den USA im August an. Der Median CPI (Median Konsumenten-Preisindex) stieg im vergangenen Monat nach heute vorgelegten Angaben der Fed Cleveland leicht um 0,1% (Jahresrate: 1,8%). Der 16%-Trimmed Mittelwert legte mit 0,1% (Jahresrate: 1,2%) geringfügig zu.

Bei Median CPI und 16%-Trimmed Mean CPI handelt es sich um Messgrössen der Kerninflation. Die Daten der Fed Cleveland beruhen auf Inflationswerte, die von Bureau of Labor Statistics (BLS) monatlich veröffentlicht werden.

In den vergangenen 12 Monaten:
Median CPI: 0,5%
Trimmed Mean CPI: 0,9%
CPI : 1,1%
CPI (Kern) : 0,9%


Median CPI, Graph: Cleveland Fed, Brent H. Meyer, Sept 17, 2010


Basel III und Auswirkungen im Anleihemarkt

Das jüngst vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht verabschiedete Regelwerk hat unterschiedliche Auswirkungen auf unterschiedliche Marktteilnehmer. Die entscheidende Frage aus Sicht der Bond-Märkte ist, ob „Basel III“ die Banken veranlassen wird, US-Treasury Anleihen zu kaufen. Wenn ja, am kurzen oder am langen Ende der Kurve? „Basel III“ wird Banken (1) am Rande Anreize schaffen, mehr kurzfristige als langfristige Anleihen zu kaufen und (2) dafür sorgen, dass Banken mehr Darlehen vergeben werden anstatt Wertpapiere zu kaufen, schätzt Jim Caron, Head Global Interest Rate Strategy, Morgan Stanley ein. Da unter „Basel III“ unrealisierte Gewinne und Verluste Einfluss auf das regulatorische Kapital haben und kurzfristige Staatsanleihen weniger schwankungsanfällig sind, dürften Banken laut Caron kurzfristige Staatspapiere vorziehen.

Türkische Zentralbank senkt Leitzinsen

Die türkische Zentralbank (CBT) hat gestern ihre Leitzinsen erstmals seit November 2009 gelockert. Der Satz für die Tagesgeldeinlagen (overnight borrowing rate) wurde um 0,25% von 6,5% auf 6,25% und der Tagesgeldausleihsatz (overnight lending rate) wurde von 9,0% auf 8,75% gesenkt. Der neue Zielsatz (one-week repo rate: Reposatz für eine Woche) bleibt bei 7,0% unverändert.


Türkei Leitzinsen, Graph: CBT, Sept 16, 2010

Schweden: Der höchste Dividenden-Anstieg in Westeuropa

Der weltgrösste Computer-Netzwerkausrüster Cisco Systems will erstmals in seiner Unternehmensgeschichte eine Dividende zahlen. Das Technologie-Unternehmen verfügt über Barguthaben von rund 40 Mrd. $. In welcher Höhe die Dividende pro Aktie ausgeschüttet werden soll, wird in den kommenden Monaten festgelegt. In Zeiten niedriger Zinsen gewinnen Dividenden-Aktien an Attraktivität. Wo gibt es aber die höchsten Dividendenzuwächse? In Schweden, bemerkt Bloomberg in einem lesenswerten Bericht. Warum? Weil Schweden angesichts der anhaltenden Finanzkrise die Staatsausgaben erhöht und keine fiskalischen Sparmassnahmen (fiscal austerity) ergriffen hat. Das Haushaltsdefizit beträgt in Schweden 2,1%. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf 42% des BIP.


BIP Schweden, Graph: Bloomberg.com

Donnerstag, 16. September 2010

Israel: Wirtschaft wächst im zweiten Quartal um 4,6 Prozent

Die Inflation in Israel ist im August auf dem niedrigsten Wert seit fast drei Jahren geblieben. Wie das Central Bureau of Statistics heute mitgeteilt hat, betrug der Konsumentenpreis-Index (CPI) im vergangenen Monat 1,8% wie im Juli. Damit bleibt die Teuerungsrate innerhalb des Zielbandes von 1 bis 3%. Die Bank of Israel (BoI) erwartet jedoch einen Anstieg der Inflation auf 2,8% in den kommenden 12 Monaten. Die nächste Sitzung der israelischen Zentralbank (BoI) findet am 27. September statt. Stanley Fischer, BoI-Gouverneur hatte zuletzt im Juli die Leitzinsen auf 1,75% angehoben.


CPI Israel, Graph: Bloomberg.com

SNB setzt die expansive Geldpolitik fort

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat heute mitgeteilt, dass sie ihre expansive Geldpolitik fortsetzt. Das Zielband für den 3-Monats-Libor bleibt bei 0%-0,75% unverändert. Die SNB strebt an, den Libor im unteren Bereich des Bandes um 0,25% zu halten. Die wirtschaftliche Erholung setzt sich etwas weniger stark fort, als die SNB an der letzten Lagebeurteilung angenommen hatte. Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur bleiben hoch. Die wirtschaftliche Erholung ist noch nicht nachhaltig. Die Risiken sind v.a. nach unten gerichtet. Falls Abwärtsrisiken eintreten und zu erneuten Deflationsgefahr führen sollten, würde die Nationalbank die notwendigen Massnahmen ergreifen, um die Preisstabilität zu gewährleisten, heisst es in der Pressemitteilung.


Schweiz Zinssätze, Graph: SNB
Blaue Linie: Rendite Staatsanleihen (1,52%: 10J), Rote Linie: SARON (0,07%: Repo Overnight) und Grüne Linie: 3-Monats-Libor (0,19%)


Kompetitive Abwertung versus mengenmässige Lockerung

Jeden Tag sieht es so aus, als wären wir zum Scheitern verurteilt, oder soll man sagen, verdammt, die katastrophale Wirtschaftsgeschichte der 1930er Jahre wieder abzuspielen?, bemerkt Barry Eichengreen in einem lesenswerten Essay („Competitive devalution to the rescue“)  in guardian: „Börsencrash wie 1929, Bankkrise vergleichbar mit 1931, wirtschaftliche Kernschmelze im Osten Europas wie im Jahre 1931. Und wenn all dies nicht genug wäre, haben wir jetzt das gefürchtete Gespenst der kompetitiven Abwertung“, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. In den 1930er Jahren hat ein Land nach dem anderen versucht, seine Währung in einem verzweifelten Versuch abwerten zu lassen, um einen Weg aus der Depression zu finden. Die Abwertung der Währung eines jeden Landes hat die Probleme seiner Handelspartner, welche ebenfalls in der Depression standen, aber verschlimmert. Selbst Länder, die ihre Währung aufgewertet haben, sahen sich gezwungen, in gleicher Weise zu reagieren.

Kleinunternehmen: Das grösste Problem ist Nachfrageschwäche

Das grösste Problem, welchem Amerika’s kleine Unternehmen gegenüberstehen, ist nicht Steuern oder Überregulierung, sondern geringe Nachfrage. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die von National Federation of Independent Business (NFIB) durchgeführt wurde, wie Catherine Rampell von NYT berichtet.


Prozent der kleinen Unternehmen, die jenes Thema als das wichtigste Problem benennen, Graph: Catherine Rampell, Economix, NYT

Brady Bonds statt Bankenrettungspakete

Die Krise im Euroraum ist nicht vorbei. Das alles wieder unter Kontrolle sei, entspreche keineswegs den Tatsachen. Das Risiko eines staatlichen Zahlungsausfalls für Irland, Griechenland und Portugal ist höher denn je, schreiben Simon Johnson und Peter Boone in einem lesenswerten Essay („Brady Bonds For the Eurozone“) in  Project Syndicate. Die Märkte meinen heute, dass Griechenland mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% in den nächsten fünf Jahren in Zahlungsverzug gerät. Die Wahrscheinlichkeit für Irland beträgt aus demselben Grund 25%. Die EZB ist heute durch den Kauf irischer Staatsanleihen Irlands grösster Kreditgeber, heben die Autoren hervor. Irland hat bisher mehr EZB-Mittel erhalten als Griechenland. Die Gegenleistung für das billige EZB-Geld ist, dass die irische Regierung die europäischen Gläubiger schützen muss, argumentieren Johnson und Boone. Die Stabilität des europäischen Finanzsystems ist an das Überleben der insolventen Banken gebunden, so die beiden Ökonomen.

Mittwoch, 15. September 2010

Japanische Zentralbank interveniert am Devisenmarkt

Der Yen war zuletzt auf ein 15-Jahres-Hoch zum US-Dollar gestiegen. Nun will die Bank of Japan (BoJ) eine weitere Aufwertung der japanischen Währung stoppen. Die Währungshüter haben beschlossen, um erstmals seit sechs Jahren erneut am Devisenmarkt zu intervenieren. Während der Yen verkauft wird, wird der Dollar gekauft. Die ersten Transaktionen, die im Namen des Finanzministeriums unilateral um rund 23 Uhr während des asiatischen Handels stattfanden (d.h. ohne Unterstützung von anderen Notenbanken), führten dazu, dass der Yen gegen den Greenback um rund 3% an Wert verloren hat. Emma Lawson, Morgan Stanley, die sich mit dem Wirkungsgrad der Interventionen befasst, schreibt in einem aktuellen Paper, dass der Erfolg nicht garantiert ist. Studien zeigen, dass der Erfolg eher wahrscheinlich ist, wenn die Interventionen koordiniert und/oder gross angelegt werden. Der jüngste Schritt erfolgte unilateral, betont sie.

USD / Yen Wechselkurs, Graph: finance.yahoo.com


QE-II

„Der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der Fed wird unserer Ansicht nach die Geldpolitik über unkonventionelle Massnahmen Ende 2010 oder Anfang 2011 wieder leicht lockern“, verkündet Jan Hatzius, Chef-Ökonom von Goldman Sachs in einem Gespräch mit FT aus London. Hatzius geht davon aus, dass Käufe von US-Staatsanleihen im Wert von 1'000 Mrd. $ oder mehr wahrscheinlich sind. Die nächste FOMC-Sitzung vom 21. September dürfte zu früh sein, aber das Datum vom 2./3. November sei eine Möglichkeit dafür, dass die Fed den Eckpfeiler des Programms ankündigt. Was ist daraus zu erwarten? Nach Hatzius Einschätzung dürfte die Massnahme zu einem BIP-Wachstum um knapp 0,5% führen. Das heisst ½ % Wachtum pro 1'000 Mrd. $!

„Basel III“ und verlogene Rechnungslegung

Nach der Bekanntgabe des Beschlusses des neuen Regelwerkes für die Banken durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht legten die Bankaktien kräftig zu. Warum? Weil das den Namen „Basel III“ tragende Regelwerk (u.a. für Mindeskapitalanforderungen) schwach ist. „Bestenfalls bewegt uns die nominale Kapitalanforderung von „Basel III“ zurück zum Niveau von „Basel I“ und niemand glaubt ernsthaft, dass „Basel I“ Finanzkrisen verhindern würde“, schreibt William Black in einer lesenswerten Analyse („The Big Bang Leads to the Big Whimper“ aka: Basel III) in benzinga. “Ja, „Basel II“ war wahnsinng. Und es war weitgehend durch dieselben Leute zu Stande gebracht worden, welche nun „Basel III“ gestaltet haben“, argumentiert der ehem. Senior S&L-Regulierer. Die Krise wäre aber auch dann geschehen, wenn „Basel III“ vor einem Jahrzehnt verabschiedet worden wäre. Und die Annahme von „Basel III“ wird Krisen in Zukunft nicht verhindern. Nichts in „Basel III“ adressiert grundlegend perverse Anreize, welche Finanzkrisen verursachen und intensivieren“, erklärt der an der University of Missouri, Kansas City lehrende Rechtsprofessor. „Die Betrüge („control frauds“) während der Enron-Ära hätten uns lehren sollen, dass wir Finanzkrisen auch ohne Bankpleiten haben können“, so Black weiter.