Donnerstag, 25. Januar 2024

Europa mit fiskalischer und monetärer Austerität in der Rezession.

Die Disinflation lässt den realen Leitzins noch restriktiver werden.


Der deutsche Finanzminister Christian Lindner wehrt sich gegen die Aussage in Mainstream-Media, die Wirtschaft seines Landes sei zum "kranken Mann Europas" geworden.

Deutschland sei «ein müder Mann nach einer kurzen Nacht», sagte er auf dem letzten Panel des Weltwirtschaftsforums in Davos am Freitag.

«Was wir brauchen, ist eine gute Tasse Kaffee, das heißt Strukturreformen», so der deutsche Politiker der FDP.

Die Botschaft ist klar: Die deutsche Fiskal-Politik ist und bleibt restriktiv

Doch auch die Geldpolitik ist derzeit restriktiv, trotz aller Widrigkeiten einer seit langer Zeit stagnierenden Wirtschaft Europas.


Die Geldmärkte erwarten die erste Lockerung der Geldpolitik durch die EZB für April 2024, Graph: Reuters, Jan 20, 2024.



Eine Geldpolitik gilt als restriktiv, wenn die Zentralbank Maßnahmen zur Erhöhung der Zinssätze ergreift, um die Inflation zu bremsen oder eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern.

Das Hauptziel einer restriktiven Geldpolitik besteht darin, übermäßige Ausgaben und Kreditaufnahmen einzudämmen, die zu einem Inflationsdruck führen könnten.

Die Zentralbanken erhöhen häufig die Leitzinsen, um die Kreditaufnahme zu verteuern. Dies wiederum führt zu einem Rückgang der Verbraucherausgaben und der Unternehmensinvestitionen, was zur Abkühlung einer überhitzten Wirtschaft beiträgt.

In einigen Fällen kann eine restriktive Geldpolitik zu einer Aufwertung der Landeswährung führen, was aus Sicht der Unternehmen in der Eurozone nicht begrüssenswert wäre, weil ein teurer Euro auf dem Export-Geschäft lasten würde.


Die Eurozone dürfte letztes Jahr in eine Rezession geraten sein – die Geschäftstätigkeit blieb im Dezember rückläufig, was auf einen starken Rückgang des BIP im vierten Quartal 2023 hindeutet, Graph: Reuters, Jan 20, 2024


Eine Tatsache ist, dass die europäische Wirtschaft alles andere als «überhitzt» ist. 

Deutschland, die grösste Volkswirtschaft Europas ist gerade in eine Rezession gerutscht. Und die Inflation, besser gesagt der prompte Preisanstieg, ausgelöst durch die Störungen der globalen Lieferketten, bedingt durch die COVID19 Pandemie, war transitorischer Natur und hat sich inzwischen von dem Peak-Level vor 12 Monaten mehr als halbiert.

Wie restriktiv der Geldpolitik der EZB ist, lässt sich dem folgenden Chart entnehmen.

Auch wenn die EZB-Vertreter darauf hinweisen, dass "r-star" ein nicht-beobachtbares und schlüpfriges Konzept sei, bedeutet ihre grobe Annahme eines langfristigen neutralen Wertes von 2% (oder eines realen Leitzinses von Null), dass die aktuellen Zinssätze mindestens 100 Basispunkte "restriktiv" sind.


EZB’s Geldpolitik ist so restriktiv wie seit 15 Jahren nicht mehr, Graph: Reuters, Jan 20, 2024


 

Die grobe Schlussfolgerung ist, dass beide Zentralbanken die nominalen Leitzinsen bequem senken könnten, während sie weiterhin öffentlich darauf bestehen, wie das EZB-Protokoll am Donnerstag andeutete, dass sie "für einige Zeit eine restriktive Haltung beibehalten werden".

Wir verfolgen auf «Social Media», dass die Zentralbanker sicher sein wollen, dass die Inflation nicht wieder ansteigt.

Wie können aber die Verantwortlichen der Zentralbank sicher sein, dass die Inflation nicht wieder ansteigt, wenn sie keine Gelegenheit auslassen, immer wieder die Unsicherheit zu betonen.


Genau wie die Fed scheint sich auch die EZB in den kommenden Monaten erheblichen rhetorischen Spielraum zu lassen, Graph: Reuters, Jan 20, 2024



Was ist aber die Abhilfe? 

Eine "Überstraffung" («over-tightening») der Geldpolitik und damit ein Anstieg der Arbeitslosigkeit?

Strukturreformen (bekannt als Sparmaßnahmen plus Lohnkürzungen) sind wirtschaftlich schädlich und fördern tendenziell eine Politik der Vorurteile - sie könnten die Unterstützung für die Rechtsextremen stärken - die AfD ist auf dem besten Weg, im Jahr 2024 drei wichtige Landtagswahlen in Ostdeutschland zu gewinnen.

Wahr ist aber auch, dass eine weitere Disinflation von nun an die realen Leitzinsen noch restriktiver machen wird, wenn es nicht zu einer Senkung des Nominalzinses kommt – kaum das, was die EZB zum jetzigen Zeitpunkt anstrebt. Oder?



Finanzminister Lindner in Davos: «Deutschland ist nur müde nach einer kurzen Nacht und braucht eine Tasse Kaffee», Graph: Bloomberg, Jan 19, 2024











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