Mittwoch, 4. Oktober 2017

Feds Zinserhöhungen senken Inflationserwartungen


Die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank (Fed) versuchen, zu verstehen, warum die Inflation immer noch auf einem niedrigen Niveau verharrt und das schwache Lohnwachstum anhält.

Angesichts des Rückgangs der Arbeitslosigkeit wäre ein stärkeres Wachstum der Löhne angebracht. Auch die Inflation müsste vor diesem Hintergrund zulegen. 

Das ist aber nicht der Fall. Deshalb reden die Fed und die Zentralbanken in anderen fortentwickelten Volkswirtschaften von einem „Rätsel“.

Zur Erinnerung: Die Inflation in den USA verläuft seit fünf Jahren unterhalb des von der Fed angestrebten Zielwertes von 2 Prozent.

Neel Kashkari, Fed-Präsident Minneapolis schreibt dazu in seinem Blog, dass es für die anhaltend niedrige Inflation im Wesentlichen zwei Ursachen gibt:

Die unterausgelasteten Arbeitsmärkte (Unterbeschäftigung) und die fallenden Inflationserwartungen.

Warum fallen aber die Inflationserwartungen?

Die Beschäftigung, das Lohnwachstum und die Inflation sind heute niedriger als sonst, weil die Fed viel zu früh begonnen hat, die geldpolitischen Zügel anzuziehen, erklärt Kashkari, ohne mit der Wimper zu zucken.


US Inflationserwartungen, Graph: Neel Kashkari, Fed Präsident Minneapolis Oct 2017


Das heisst im Grunde genommen, dass die Fed via die Zinserhöhungen einen Rückgang der Inflationserwartungen ausgelöst hat. Das hört sich etwas merkwürdig an. 

Aber Kashkari bekräftigt seine Argumentation einleuchtend anhand von ein paar sehenswerten Charts.

Wie aus der ersten Abbildung hervorgeht, beginnt der Rückgang der Inflationserwartungen kurz nachdem der FOMC Anfang 2014 begonnen hat, die geldpolitische Akkommodierung zurückzufahren (*).

Kashkari betont mit Nachdruck, dass die US-Wirtschaft heute besser gefahren wäre, wenn die Fed die monetary policy accommodation nicht abgebaut hätte.


US Inflation, gemessen an PCE, Graph: Neel Kashkari, Fed Präsident Minneapolis


Der geldpolitische Kurswechsel in Richtung Straffung geschah über drei Arten von Massnahmen, die in der chronologischen Reihenfolge so aussehen:

Beendigung der QE-Politik (d.h. das Ende der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik), hawkish forward guidance und vier Zinserhöhungen (angefangen im Dezember 2016 bis hin durch Juni 2017).

So hat die Fed-Politik laut Kashkari in den vergangenen drei Jahren zum Rückgang der Inflationserwartungen, und damit sehr wahrscheinlich auch zu einem langsameren Lohnwachstum und zu Niedriginflation beigetragen.


Fed Funds Rate und Prognosen, Graph: Neel Kashkari, Fed Präsident Minneapolis



Die Volkswirte und Zentralbanker liefern seit einiger Zeit hauptsächlich fünf Erklärungen dafür, warum die Inflation immer noch niedrig bleibt:

  • Transitorische Faktoren (die im Wesentlichen Einmal-Effekte bedeuten, die keinen zugrundeliegenden Trend signalisieren).

  • Der technologische Wandel, der zum Rückgang der Produktionskosten führt.

  • Das globale Angebot an Arbeit, was auf dem Lohnwachstum laste.

  • Die Flaute am Arbeitsmarkt; damit ist v.a. die Unterbeschäftigung gemeint

  • Die fallenden Inflationserwartungen.




Fed Bilanzsumme, Graph: Neel Kashkari, Fed Präsident Minneapolis, Oct 2, 2017


Vier von den oben erwähnten fünf möglichen Erklärungen legen nahe, dass es keinen Grund gibt, die Zinsen zu erhöhen, bevor die Inflation ansteigt und die Löhne zunehmen.

Die einzige Erklärung, warum eine Straffung der Geldpolitik angebracht wäre, ist die von „transitorischen Faktoren“. Je länger aber die niedrige Inflation anhält, desto dünner wird die Geschichte, die hinter dieser Erklärung steht.

Kashkari’s Fazit lautet daher, dass die Beschäftigung, das Lohnwachstum, die Inflation und Inflationserwartungen heute niedriger sind als es sonst der Fall gewesen wäre, wenn die Fed die geldpolitische Akkommodierung nicht abgebaut hätte.

Damit widerspricht Fed Minneapolis Präsident auch dem Neo-Fisherian Ansatz, der vor ein paar Jahren von einer Reihe von Ökonomen vorgebracht wurde: wenn die Wirtschaft an die Nullzins-Grenze (zero lower bound) gerät, soll die Notenbank die Zinsen erhöhen, um damit die Inflation steigen zu lassen.






(*)

Die Wende in der Geldpolitik (das sog. QE-tapering) hat tatsächlich hat im Dezember 2013 begonnen, wobei Ben Bernanke bereits im Mai 2013 die Reduktion der Wertpapierkäufe durch die Fed angedeutet hatte.





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