Freitag, 5. September 2014

Warum investieren Unternehmen nicht?

Fast sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise gibt es immer noch kein Licht am Ende des Tunnels im Euroraum. Was auffält, sind fehlende Investitionen. Warum investieren aber Unternehmen trotz historisch niedrigen Zinsen nicht?

Mark Dittli geht heute in einem lesenswerten Blog-Beitrag der Frage der Investitionsflaute nach und erklärt, anhand von ein paar sehenswerten Charts, dass das Verhalten der Unternehmen im kurzfristigen Anreizsystem der Topmanager liegt. Unternehmensführer schütten Dividenden aus und kaufen am Markt eigene Aktien zurück, anstatt Kapitalinvestitionen zu tätigen.

Die historisch niedrigen Zinsen bieten in Grunde genommen eine günstige Gelegenheit, grosse Investitionsprogramme zu starten. Die deutsche Regierungen kann sich z.B. für 10 Jahre zu 0,93% Geld leihen. Öffentliche Investitionen als Teil des BIP gehören in Deutschland zu den niedrigsten der ganzen Eurozone.

Ein anderer wichtiger Faktor in Europa, warum Kapitalinvestitionen fehlen, ist die dogmatische Austeritätspolitik der europäischen Liquidationisten: Die Gürtel müssen enger geschnallt werden. Die Inflation lauert um die Ecke. Der Haushalt muss ausgeglichen werden.  Südeuropa hat gesündigt und es muss gebüsst werden. Einen schlechteren Ansatz zur Lösung der Euro-Krise gibt es eigentlich nicht.



Europäische Unternehmen; Bargeld, Kreditaufnahme, Kapitalinvestitionen und Aktienrückkäufe, Graph: Mark Dittli Finanz und Wirtschaft

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel hat vergangene Woche auf dem Treffen der Wirtschaftsnobelpreisträger in Lindau ohne mit der Wimper zu zucken, behauptet, dass die deutsche Erfahrung zeige, dass Haushaltskonsolidierung mit Wirtschaftswachstum vereinbar sei. Die bittere Enttäuschung der Ökonomen wird von Frances Coppola in einem aktuellen Blog-Beitrag dargelegt. Unbedingt lesenswert.

Wenn der Privatsektor aber auf kurzfristige Zeiträume fixiert ist (als fatale Auswirkung des Shareholder-Konzeptes der 1980er Jahre auf langfristige Strategien), dann ist es umso wichtiger, dass der öffentliche Sektor die vorhandenen Ersparnisse aufnimmt (sich verschuldet) und ausgibt (investiert).

Die Geldpolitik hat bei Nominalzinsen nahe null (zero lower bound) längst an Wirksamkeit verloren. Die Epiphanie der EZB kommt zu spät. Die Angebotspolitik (ausgeglichene Haushalte und Strukturreformen) der EU-Behörden ist kläglich gescheitert. Jetzt muss die gesamtwirtschaftliche Nachfrage endlich angekurbelt werden, um das Wirtschaftswachstum anzuregen.


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