Freitag, 11. Februar 2011

Gauner, nicht Narren

Eine Ansicht nimmt an, dass die Führungskräfte der grössten Banken im Vorfeld der Krise von 2008 glücklose Narren gewesen sind. Sie waren sich nicht bewusst, wie die Finanzinnovationen toxische Produkte geschaffen und das Finanzsystem grundlegend instabil gemacht haben. Sie haben munter Schulden aufgenommen und versehentlich grössere Risiken eingegangen. Die alternative Sichtweise ist, dass diese Menschen vielmehr Gauner als Narren gewesen sind. Sie haben zu einem grossen Teil genau verstanden, was sie und ihre Unternehmen getan haben und sie haben in mehreren Fällen wegen der Anreize bis zur letzten Minute durchgehalten. Neue Belege verweisen auf die zweite Interpretation, dank den Bemühungen von Sanjai Bhagat (University of Colorado) und Brian Bolton (University of New Hampshire), die vorsichtig durch die Vergütungsstruktur von Führungskräften bei Top 14 Finanzinstituten in den USA zwischen 2000 und 2008 gegangen sind, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay  (“Ship of Knaves”) in New York Times (NYT). Das wichtigste Ergebnis ist, dass die CEOs „30 Mal häufiger in einen Verkauf Handel (sell trade) verwickelt waren als in einen vergleichbaren Kauf Handel (buy trade) mit den Aktien der eigenen Bank. Und der Dollar-Wert der verkauften Aktien, die den CEOs gehören, ist rund 100 Mal wie der Dollar-Wert der Käufe auf dem offenen Markt.


Cumulative Portfolio Returns (2000-2008), Graph: Prof. Sanjai Bhagat & Prof. Brian Bolton

Wenn die CEOs wirklich daran geglaubt hätten, was ihre Banken getan haben, hätten sie die eigenen Aktien gehalten oder sogar noch mehr gekauft, erklärt Johnson.  Unverhältnismässig mehr Verkäufe als Käufe legen eindringlich nahe, dass die CEOs die Aktien ihrer Bank eher als überbewertet als unterbewertet empfunden haben.

Die Professoren Bhagat und Bolton erklären, dass es eine Tatsache ist, dass die CEOs insbesondere aufgrund der Vergütungsstruktur die Aktien mit wenig Einschränkung verkaufen können. Bhagat und Bolton deuten v.a. auf das Anreizproblem hin: Gemeinsam haben die CEOs von 14 Finanzinstitutionen zwischen 2000 und 2008 mehr als 2'600 Mio. US-Dollar eingesteckt. Es ist wahr, dass der Papierwert des Vermögens im Jahr 2008 gesunken ist. Dennoch hat ein CEO einen satten Gewinn von 650 Mio. $ eingestrichen. Im Gegensatz haben es die langfristigen Aktionäre in bezug auf die 14 Banken sehr schlecht gehabt. Sie sind deutlich schlechter als die Investoren in kleineren Banken bedient worden. Die Autoren schlagen daher vor, dass die Vergütung der CEOs aus nur „restricted stocks“ und „restricted stock options“ bestehen sollte, indem Sinne, dass die CEOs die Aktien nicht verkaufen können oder die Optionen nicht ausüben können, 2 bis 4 Jahre, nach dem sie ihren letzten Arbeitstag im Amt gehabt haben.

Wer aber entwickelt die Entschädigungspakete, die in Frage stehen? Wer handelt die Vergütungen für die CEOs aus? Die Führungskräfte, von denen hier die Rede ist, ernennen Leute wie Steven Eckhaus, einen Top Wall Street Rechtsanwalt, der sich in einer temperamentvollen Weise für die gegenwärtige Praktiken ins Zeug legt, wie er es zuletzt in einem Artikel in WSJ zum Ausdruck gebracht hat: „Es ist absurd, die Wall Street für die Finanzkrise verantwortlich zu machen“, schreibt der Rechtsanwalt.

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Führungskräfte des Finanzsektors überhaupt daran interessiert wären, in einer verantwortlichen Art und Weise, die die Shareholder Value besser schützen würde, entschädigt zu werden. Die CEOs wollen sich bei jeder Gelegenheit das Geld auszahlen lassen.

Exkurs zur Abbildung:

Die Abbildung stellt die relativen Portfolio-Erträge von drei verschiedenen Banken-Portfolios von 2000 bis 2008 dar.

Die grüne Linie stellt die gesamten Portfolio-Erträge von 37 Nicht-TARP-Institutionen dar oder von solchen, die nie staatliche TARP-Finanzhilfe bekommen haben.

Die blaue Linie in der Mitte stellt die gesamten Portfolio-Erträge von 49 TARP-Institutionen dar oder von solchen, die die staatliche TARP-Finanzhilfe erst nach Oktober 2008 bekommen haben.

Die gestrichelte Linie unten stellt die gesamten Portfolio-Erträge von 14 TARP-Institutionen dar oder von solchen, die als TBTF gelten.

Verwendet wurden die monatlichen Erträge von gleichgewichteten Portfolios. 


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Für diese tolle Erkenntnis( Gauner,nicht Narren)muß man wahrscheinlich Professor sein um jetzt dahinterzukommen.Die wichtige Frage ist nicht die nach den Anreizen,sondern warum diese Leute bisher weder von den Eigentümern (Shareholdern)noch von der Gesellschaft sanktioniert wurden ?