Donnerstag, 9. April 2020

Wer bezahlt die Hilfspakete für die Coronavirus-Krise?


Die Regierungen rund um die Welt versuchen derzeit mit einer Reihe von Hilfspaketen, Unternehmen und privaten Haushalten finanziell unter die Arme zu greifen.

Wichtig ist dabei, den Überblick nicht zu verlieren. Denn die „pandemic economics“ erfordert nicht die übliche Vorgehensweise zur Bekämpfung der Rezession.

Beispielsweise sind Steuersenkungen für Unternehmen nicht die richtige Antwort, während Millionen von Menschen aufgrund einer Sperrung („lockdown“) notwendigerweise untätig bleiben, um die Virus-Infektion zu begrenzen.

Olivier Blanchard, Paul Krugman und Larry Summers sind, um ein paar prominente (Keynesian) Ökonomen zu nennen, sich weitgehend einig, dass wir uns nicht auf wirtschaftliche Anreize („economic stimulus“) konzentrieren sollten:

Während ein Teil der Wirtschaft vorerst geschlossen („shut down“) bleibt, sollten wir das Augenmerk auf Katastrophenhilfe richten, auf die Menschen, die ihre Einkünfte verlieren.  

Mit Fiscal Stimulus in Form von Infrastruktur-Ausgaben, wie wünschenswert sie auch sein mögen, werden die unmittelbaren Probleme nicht angegangen, wenn wir über die Natur der aktuellen Krise nachdenken, erläutert Krugman.


Fiscal Stimulus im Länder-Vergleich: GFC 2008 versus Corona-Krise 2020, Graph: Morgan Stanley, Apr 06, 2020


Im Mittelpunkt des aktuellen Problems stehen verbesserte Arbeitslosenunterstützung und Hilfe für kleine Unternehmen. Und das ist es, was seriöse Volkswirte in der Tat empfehlen.

Wie wird aber das alles finanziert? Wer zahlt die Hilfspakete?

Der Grossteil der finanziellen Mittel kommt direkt oder indirekt von den Zentralbanken; das Geld wird also aus dem Nichts geschaffen, schildert Heiner Flassbeck im Blog Makroskop


Inflationserwartungen gemessen an Breakeven-Sätzen, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion, April 08, 2020 


Der Staat muss also die Massnahmen zur Abfederung der Corona-Krise via Zentralbank finanzieren.

Die direkte Finanzierung der Staaten durch die Zentralbank ist zwar im Vertrag von Maastricht verboten. Aber was ist der Unterschied zur indirekten Finanzierung via Quantitative Easing (QE), dem Ankauf von Staatsanleihen am Markt durch die Zentralbank?

Selbst die konservative FT aus London bemerkt jetzt in einem aktuellen Leitartikel, dass das Geld-Drucken eine gültige Antwort auf die Coronavirus-Krise sei. 

In Notfällen sollte diese Art von Geldfinanzierung den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung stehen können, so die Stellungnahme weiter.


Wegen der Coronavirus-Krise haben in den USA innert zwei Wochen 10 mio Menschen einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt, Graph: Bloomberg TV, Apr 09, 2020

Wenn eine Regierung sich durch Geldschöpfung selbst finanzieren kann, ist die Gefahr von Hyperinflation ohne Zweifel nicht ausgeschlossen. Aber die Risiken bleiben heute überschaubar. Die QE-Politik des letzten Jahrzehnts hat die Inflation trotz Prognosen nicht über die 2-Prozent-Zielmarke der Zentralbanken angehoben.

Das Geld, das in die Volkswirtschaft der industrialisierten Welt gepumpt wurde, wurde durch eine erhöhte Nachfrage gedeckt.

Der Unterschied zwischen QE und direkter Geldfinanzierung besteht hauptsächlich in der Darstellung: ob der Ankauf von Vermögenswerten als vorübergehend oder dauerhaft angesehen wird.

Das Ausmass des heutigen Abschwungs bedeutet, dass selbst die direkteste Geldfinanzierung wie „Helicopter Money“ oder die Übergabe von Bargeld an die Öffentlichkeit eine Option bleiben sollte, unterstreicht das FT-Editorial als Schlussfolgerung.

Fazit: Die Hilfspakete werden sich auszahlen. Wie? Dadurch, dass die wirtschaftliche Erholung am Schluss dafür sorgen wird. Und Investitionen in die Vollbeschäftigung werden dazu beitragen. 

Denn Menschen wollen Jobs, die angemessen entlohnt sind. Wer einen Job mit einem ordentlichen Lohn hat, wird auch konsumieren und damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ankurbeln.

Und das bedeutet im Endeffekt erhöhte Steuereinnahmen für den Staat, der angesichts der Pandemic Krise im Vorfeld die Ausgaben erhöht hat. Das heisst, dass die Ausgaben des öffentlichen Sektors die Einnahmen selbst generieren werden. Und so schliesst sich der Kreislauf.


PS: Andrew Bailey, BoE-Gouverneur hat am Sonntag in einem Meinungsartikel bei FT die Idee abgelehnt, die ökonomischen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie mit geldpolitischer Finanzierung (monetary financing) einzudämmen. 

Am Donnerstag hat die BoE angekündigt, die Ausgaben der Regierung direkt zu finanzieren. Grossbritannien ist damit das erste Land, in dem die Notenbank (BoE: Bank of England) im Zuge der Coronavirus-Krise die Staatsausgaben vorübergehend direkt durch die Notenpresse finanziert.


BoE verlängert das Konto  („Ways and Means Facility“, eine Art Dispo) des britischen Finanzministeriums bei der Zentralbank – Damit wird das Konto der Regierung bei der BoE um einen unbegrenzten Betrag ausgedehnt. Das Schatzamt kann nun mehr Geld ausgeben als sonst, ohne den GILT-Markt (Markt für britische Staatsanleihen) anzapfen zu müssen, Graph: FT, Apr 09, 2020 

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