Freitag, 13. März 2020

Erdölpreise und die neue deflationäre Welt


Inzwischen ist es offensichtlich, dass die die Nachfrage nach dem Erdöl aufgrund der wachsenden Unsicherheiten (*) in Verbindung mit dem globalen Ausbruch des Coronavirus gefallen ist.

Und die Investoren machen sich Sorgen über die negativen Auswirkungen der fallenden Ölpreise auf die gesamte Wirtschaft, zu Recht.

Das Ölkartell OPEC und Russland konnten sich auf eine Kürzung der Förderung nicht einigen, um die Ölpreise zu stabilisieren.

Interessant ist aus heutiger Sicht die Erinnerung an den Ölpreisschock von 1973 (und aber auch 1979): hohe Erdölpreise waren schlecht für die Wirtschaft und niedrige Ölpreise gut. 

Die „economics of oil prices“ ist aber heute auf den Kopf gestellt, wie Paul Krugman in Newsletters von NYTimes beschreibt. 

Der Rückgang der Ölpreise schadet der US-Wirtschaft. Warum? Weil wir uns heute keine Sorgen mehr um die Inflation machen.

In den 1970er Jahren wurden die Verbraucherpreise von steigenden Ölpreisen in die Höhe getrieben. Und die Fed hat darauf, besorgt über eine Lohnpreis-Spirale bzw. „Stagflation“ (eine Kombination aus Inflation und höherer Arbeitslosigkeit), mit Zinserhöhungen reagiert. 


Inflationserwartungen in den USA für die nächsten 10 Jahre fallen zum ersten Mal seit 2009 unter 1% Prozent, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion, March 12, 2020 


Heute konzentriert sich die Fed auf die Kerninflation (core inflation) und ignoriert die durch die Ölpreise verursachten Schwankungen. 

Aufgrund des zunehmenden Frackings sind ölpreisbezogene Investitionen zu einem Haupttreiber der US-Wirtschaft geworden, argumentiert Krugman. Es handele sich dabei um einen bedeutenden Anteil der gesamten Unternehmensinvestitionen.

Der Fall der Ölpreise nach 2014 hat einen Investitionsrückgang ausgelöst, der wiederum zur Mini-Rezession von 2015-16 geführt hat, was wahrscheinlich bei der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten eine Rolle gespielt hat, legt der an der City University of New York forschende Wirtschaftsprofessor weiter dar.


IG-Kredit-Spreads, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion, March 12, 2020 


Warum der Ölpreisabsturz einen „financial stress“ auslöst, ist klar: Energieunternehmen haben eine Menge Schulden aufgenommen, die sie bei aktuellen Ölpreisen nicht bedienen könnten. 

Achten wir daher auf hoch-rentierende (high yield) Obligationen der Kreditnehmer im Energiesektor. Wenn sie in Verzug geraten, bedeutet dies Verluste für ihre Gläubiger, die den gesamten Kreditmarkt betreffen könnten.

Der starke Anstieg der Versicherungskosten (CDS: credit default swaps) belastet die Stimmung wesentlich und reflektiert die Erwartungen in Bezug auf ein verlangsamtes Wachstum, niedrigere Rohstoffpreise und volatile Finanzmärkte.


CDS für "Schrott-Anleihen" (Junk Bonds) steigen rasant, Graph: FT, March 13 2020 



(*) Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat unterdessen einen internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen.



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