Montag, 24. Dezember 2018

Prosperity


Buchbesprechung:

Colin Mayer: Prosperity – better business makes the greater good, Oxford University Press, Jan 2019


Das Gesetz gilt der Gerechtigkeit, wie die Medizin der Gesundheit, wie das Unternehmen .... Nun, ja, wie würden Sie diesen Satz vervollständigen?

Der Friedman-Doktrin nach besteht der Geschäftszweck darin, Geld zu verdienen und den Gewinn für die Aktionäre zu maximieren. 

Das ist ein Missverständnis, unterstreicht Colin Mayer. 

Der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor für Management Studies schreibt in seinem neulich veröffentlichten Buch, dass die Friedman-Auffassung hoffnungslos naive ist. Denn sie beruht auf einer Konzeption der Welt, die einfach elegante ökonomische Modelle erzeugt, welche sich aber in der Praxis nicht bewähren.

Die „Friedman-Doktrin“ verstehe nicht, was die Menschen motiviert, was für ein gutes Geschäft sorgt und was Regulierung zustande bringen kann. Natürlich seien Geld und Gewinne wichtig. Sie sind jedoch nicht die Hauptmotivation der Menschen oder die Hauptquelle für den Erfolg von Unternehmen, argumentiert Mayer.

Die Verwirrung zwischen Zweck und Produkten ist eine natürliche Folge eines wirtschaftlichen Paradigmas, in dem Unternehmen und Einzelpersonen Waren und Dienstleistungen zu bestimmten Preisen handeln und die unsichtbare Hand sie in Richtung auf das Erreichen ihrer Wert- und Nutzen-Ziele führt (Maximierung).

Aber in einer Welt der Schöpfung und nicht des Konsums, in denen Unternehmen und Individuen Neuerungen einbringen (d.h. Innovationen) und nicht nur implementieren, kann diese mechanische Auffassung von Institutionen und Individuen, gesteuert von nicht-beobachtbaren Kräften, nicht gelten.

Finanzkapital war während der 19. und 20. Jahrhundert Ära der Produktionsunternehmen knapp. Es wird jedoch neuerdings zunehmend überschüssig. Die Verknappung hat sich aber laut Autor gewandelt, weg von Kapital, ab in Richtung Human-, Natural- und Sozial-Capital.

Wir sollten daher auf die Demokratisierung und Diversifizierung der Unternehmensform und die Befreiung von Unternehmenszwecken von der Vorherrschaft der Aktionäre für das kollektive Interesse aller Mitglieder eines Unternehmens achten.

Mayer zeigt auf, dass die konventionelle Sicht der Wirtschaftssysteme, die eine Trennung zwischen der öffentlichen Rolle der Festlegung der Spielregeln und der privaten, der Gewinnmaximierung bei gleichzeitiger Einhaltung der Spielregeln, sieht, die Ursache des Problems ist.

Und dies hat seiner Meinung nach zu einer völlig unangemessenen Betonung von Privatisierung, Regulierung, Wettbewerbspolitik, Unternehmensführung und Anlegerschutz geführt, um die Probleme der Welt zu lösen.

Die herkömmliche Lehre hat eine Trennung zwischen Finanzen und Investitionen und den Finanz- und Realsektoren der Wirtschaft gefördert und begünstigt, wo sie im Grunde genommen wechselseitig wirken und Integration und Zusammenarbeit erforderlich ist.

Der vorherrschende Ansatz der neoklassischen Wirtschaftspraxis zieht eine scharfe Grenze um das Unternehmen, definiert Aktiva und Passiva entsprechend und bestimmt, dass diese und nur diese intern sind, während der Rest extern ist, sodass die externen Effekte, die entstehen, nicht in der Verantwortung der Unternehmen, sondern der öffentlichen Hand liegen.

Die gegenwärtige Lehre erkennt nicht an, dass eine vorrangige Rolle der Unternehmen darin besteht, externe Effekte zu internalisieren, sie zu suchen und zum Nutzen von Unternehmen und der Gesellschaft zu handhaben.

Der Autor beschreibt schrittweise, wie Eigentümerschaft, Governance, Bewertung, Gesetz, Regulierung, Besteuerung und Partnerschaft sowohl private als auch öffentliche Zwecke fördern können.

Das Unternehmen ist nicht nur eine Maschine zur Profitgenerierung. Es ist eine lebendige, sich entwickelnde Entität, die sich ihrer Lebensumgebung bewusst ist und zu deren Potenzial beitragen kann.

Der Zweck des Unternehmens besteht darin, Maßnahmen zu ergreifen, um die Probleme zu lösen, mit denen wir als Kunden und Gemeinschaften, Lieferanten und Aktionäre, Mitarbeiter und Rentner konfrontiert sind. Dabei werden Gewinne erwirtschaftet, aber Gewinne sind nicht der Zweck von Unternehmen an sich. Sie sind das Produkt ihres Zwecks.

Genau das tun einige der erfolgreichsten Unternehmen der Welt. Beispiele sind Bertelsmann, Medienunternehmen, Bosch, der Automobilzulieferer, Carlsberg, die Brauerei und Tata, der indische Mischkonzern und Eigentümer von Jaguar-Land Rover.

Das Buch ist sehr kompakt geschrieben, und daher zum Teil schwer zu lesen. Doch es gelingt dem Autor, die Fehlvorstellungen der neoklassischen Wirtschaftstheorie sachlich vor Augen zu führen. Die Krise ist m.a.W. die Krise der ökonomischen Lehre. Und der Autor fordert aufrichtig radikale Veränderungen. Ein starkes Buch, dass mehr als nur die Herausforderung, die die Prinzipal-Agent Theorie hervorhebt, anpackt.


Colin Mayer: Prosperity, Oxford University Press, Jan 2019 

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