Dienstag, 13. Februar 2018

Staat benötigt keine Steuern für Ausgaben


The Economist, die renommierte Wirtschaftszeitschrift aus London hat neulich berichtet, dass der seit langem bestehende Widerstand in Grossbritannien gegen Steuererhöhungen langsam bröckelt.

Protagonisten sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums sähen sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, mehr Geld zu beschaffen, so das Blatt.

Die damit zusammenhängende Gedankeneinheit ist bekannt: Staatsausgaben können nur durch Steuererhöhungen finanziert werden. 

Das Argument wird v.a. seit der Great Financial Crisis (GFC) von 2008 öfters vorgetragen, um zu zeigen, wie der Staatshaushalt in Ordnung gebracht werden kann.

Im Grunde genommen wird damit das Geschehen um Staatshaushalte mit der Situation der Privathaushalten gleichgesetzt. Das ist aber ein Trugschluss der Verallgemeinerung ("fallacy of composition"). 

Warum? Das erklärt Ann Pettifor in ihrem Blog.

Politiker, die sich als "umsichtig" Geltung verschaffen wollen, wollen die "Staatsbücher" möglichst als ausgeglichen halten. Das heisst eine Art "schwarze Null"-Politik.


Überschuss im Privatsektor gleicht das Defizit im öffentlichen Sektor aus, Graph: Goldman Sachs via Business Insider



Wenn die Wirtschaft gut läuft, wenn Investitionen, Beschäftigung und Löhne hoch sind, und die Banken die Wirtschaft unterstützen, dann sind die Bücher des Staates "balanciert". 

Wenn aber die Wirtschaft schlecht läuft, Investitionen fallen und die Beschäftigung niedrig ist und die Löhne gedruckt werden, und wenn die Realzinsen hoch sind, und der Finanzmarkt ausser Kontrolle gerät, dann sinken die Steuereinnahmen des Staates und die Bücher werden nicht ausgeglichen, beschreibt Pettifor.

Ein gewichtiges Argument gegen Steuererhöhungen im gegenwärtig schwachen Umfeld der Wirtschaft ist, dass eine solche Massnahme auf (Steuer-) Einnahmen der öffentlichen Hand lasten würde, wo die privaten Haushalte angesichts der hohen Verschuldung eingeschränkt sind und die Investitionen weiterhin auf einem niedrigen Niveau verharren.

Was The Economist mit dem Argument zugunsten von Steuererhöhungen übersieht, ist, dass der Staat sich seine Ausgaben (oder Aktivitäten) nicht durch Steuereinnahmen finanzieren muss.

Die meisten grossen Ausgaben der öffentlichen Hand werden durch die Ausgabe von Staatsanleihen (in Grossbritannien: Gilts) finanziert. Mit dem Verkauf von Gilts sichert sich der Staat seine Investitionen und Ausgaben, so Pettifor weiter.

Zugleich werden damit sichere Vermögenswerte (safe haven) für z.B. Pensionsfonds bereitgestellt, die die Spareinlagen mit solchen Papieren hinterlegen.

Es sind öffentliche Investitionen und Ausgaben, gekoppelt mit privaten Investitionen und Ausgaben, die das Einkommen des Staates generieren, hält Pettifor als Fazit fest.

Denn staatliche Investitionen und Ausgaben schaffen und finanzieren Arbeitsplätze. Und die Erwerbstätigen zahlen Steuern, und lösen damit Steuereinnahmen für die öffentliche Hand aus, wenn sie Ausgaben für Unterkunft, Nahrung und andere Güter und Dienstleistungen tätigen.

Denn wenn die Ausgaben Gewinne erwirtschaften, zahlen Ladenbesitzer und Unternehmen Körperschaftssteuer. So profitiert der Staat von einem weiteren Einkommensstrom.

Wenn aber der private Sektor zu zurückhaltend ist, zu investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen, und damit Steuereinnahmen zu generieren, dann ist der Staat am Ball, Finanzmittel zu beschaffen und zu investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen und dadurch Einkommen zu generieren, in Form von Steuereinnahmen.

Fazit: Steuern bilden keine Quelle für die Staatsfinanzierung und sind nicht notwendig, damit der Staat Ausgaben tätigen kann.

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