Montag, 19. Dezember 2016

Kein Fiscal Stimulus im Euroraum 2017

Wie aus dem von der Europäischen Kommission im November vorgelegten Bericht hervorgeht, ist 2017 mit einem “neutralen Fiskalkurs” zu rechnen. 

Mit dem Ausdruck „fiskalischer Kurs“ wird die Ausrichtung der Finanzpolitik der EUR-Regierungen beschrieben, die durch diskretionäre Steuer- und Ausgaben-Entscheidungen geprägt wird.

Es gibt zwar in etlichen Ländern in Europa Spielraum für fiskalpolitische Massnahmen, aber der fiskalische Kurs scheint unwahrscheinlich expansiv zu werden, schreibt Morgan Stanley in einer am vergangenen Freitag präsentierten Analyse.

Bemerkenswert ist, wie in der zweiten Abbildung zu sehen ist, dass es keine Verknüpfung zwischen Haushaltsdefizit und Verschuldung gibt. 

Doch nach der Maxime des europäischen Fiskalpaktes müssen die Gürtel enger geschnallt werden, um eine eventuelle Krise in Zukunft zu vermeiden. Flexibilität in Sachen Krisenmanagement ist nicht gefragt, sondern nur eine regelgebundene Politik.


Structural Primary Balance im Euroraum: Der um die konjunkturellen Schwankungen bereinigte Haushaltssaldo (ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen), Graph: Morgan Stanley

Das heisst, was der Haushaltssaldo wäre, wenn die Zinszahlungen nicht berücksichtigt würden und die Wirtschaft Vollbeschäftigung hätte.

Währenddessen setzt sich der Anpassungsprozess in Europa fort, wobei vorwiegend die Länder an der Peripherie die Last der Kosten (in Form von „internal devaluation“) tragen.


Es gibt keine Korrelation zwischen Haushaltsdefizit und Verschuldung, Graph: Morgan Stanley

Das bedeutet nichts anderes als Nominallohnsenkung, wie es besonders in Portugal und Spanien deutlich zu beobachten ist.

Damit geht aber das internal „Devaluation Dilemma“ einher, wie Markus Brunnermeier in seinem lesenswerten neuen Buch („The Euro and The Battle of Ideas“) beschreibt.

Die niedrigeren Löhne erschweren die Bedienung der Schulden. Statt die Löhne an der Peripherie zu senken, wäre die Alternative, die Löhne im Kern der Eurozone zu erhöhen, so der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor weiter in seinem Buch.


Der Verlauf der Lohnstückkosten (unit labor cost) im Euroraum, Graph: Morgan Stanley

Doch die EU-Entscheidungsträger sehen sich in der Klemm sitzen: eine höhere Inflation im Kern versus Fiscal Transfer in die Peripherie.

Die höhere Inflation im Kern hat aber den Vorteil, dass die relative Lohnanpassung die Konkurrenzfähigkeit der Peripherie verbessert, während Fiscal Transfers die relative Preisanpassung auf die lange Bank schiebt, in Sachen Zuteilung zu Ineffizienzen führen kann und deshalb u.U. eine dauerhafte Notwendigkeit entstehen lässt.


Markus Brunnermeier: "The Euro and The Battle of Ideas", 2016,  Graph: Princeton University Press



Exkurs (nur für Streber)

Interne Abwertung versus Externe Abwertung

Interne Abwertung (internal devaluation)

Eine interne Abwertung bedeutet eine Nominallohnsenkung, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Inland unmittelbar trifft.

Die Folge ist (1) eine kräftige Reallohnsenkung, weil die Preise nach unten starr sind. Das heisst, dass Unternehmen nur verzögert mit Preisanpassungen nach unten reagieren. Und (2) ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit (wie die Erfahrung in Südeuropa zeigt), weil die Unternehmen auf die Kapazitäten, die nicht genutzt werden, mit Entlassungen reagieren.

Externe Abwertung (external devaluation)

Bei einer externen Abwertung werden die Löhne zunächst überhaupt nicht berührt. Deswegen wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Inland nicht getroffen. „Die Abwertung verringert die Löhne in internationaler Währung gerechnet, in der Binnenwirtschaft werden aber genau die gleichen Löhne gezahlt wie vorher. Es kommt nur dann zu einer spürbaren Reallohnsenkung, wenn weiterhin so viel importiert wird wie vorher, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog „Makroskop“ erläutert.

Der Erfahrung nach ist der Effekt ist aber klein. Selbst wenn die Reallöhne etwas zurückgehen sollten, ist der Gesamteffekt für die Konjunktur positiv, weil Exporte angeregt und Importe zurückgedrängt werden, was bei der internen Abwertung nicht der Fall ist.




4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Interne Abwertung versus Externe Abwertung"

-??? Die Rede ist doch von der Eurozone! Wie soll in der Eurozone externe Abwertung funktionieren? Bitte um Erklärung.

Anonym hat gesagt…

Es folgt ein Exkurs von mir (kein Streber aber an Logik interessiert)

-externe Abwertung bedeutet Auflösung der €-Zone

-ALLE Länder der €-Zone sind Opfer des €

-das €-Regime hat ALLEN Ländern die Möglichkeit der Makroökonomischen Gestalltung der Geldpolitik und der Fiskalpolitik genommen (Verzicht auf die nationale ZB; Maastrichter 3%-Defizitgrenze verschärft durch Fiskalpakt uvm.)

-die Länder die € eingeführt haben, hatten unterschiedliche Inflationsdynamiken und D. war das Land mit der niedrigsten Inflation

-in der Währungsunion (WU) - Aufgrund deren Architektur - gibt es keine andere Möglichkeit auf Krisen und Rezessionen zu reagieren als mit ANGEBOTSPOLITIK(-Preissenkung/internal devaluation)!!!!. Deshalb hat D. in den frühen 2000-er Jahren mit Agenda-Politik auf die Rezession reagiert.

-die Anderen müssen das jetzt nachholen (eben durch internal devaluation)

-die interne Abwertung trifft genau das Problem der €-Zone. Wenn man nicht nominal abwerten kann (wie bei der externen Abwertung) dann bleibt den Ländern nichts anderes übrig als interne Abwertung = Lohnsenkung/Preissenkung zu erreichen.

-WU ist eine Falle, aus der es kein Entkommen gibt wenn's brennt (in einer Kriese) als durch die interne Abwertung weil die WU nichts anderes erlaubt! Heiner Flassbeck ist anscheinend nicht in der Lage diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen und wird uns die nächsten 15 Jahre das Gleiche erzählen, was leider total an der Realität vorbeigeht!

-aus diesen Gründen (und auch vielen anderen sicherlich auch) ist das Konzept der €-Zone so absurd und gemeingefährlich

-viele Fachleute haben vor dem € gewarnt, für viele war es eine "Schnapsidee" die nicht funktionieren kann und deshalb nicht realisiert wird. Keine einzige unabhängige Studie hat den € für sinnvoll gehalten und den europäischen Währungsraum für dafür optimal. Der € wurde aber trotzdem eingeführt. Aus welchen Gründen? - aus rein politischen! Der € ist also ein politisches Projekt, mit ökonomischen Vernunft hat er gar nichts zu tun.

-die letzte Frage ist: welche politischen Vorteile bietet uns der € ??????



(und wie verhält es sich mit dem fiscal stimulus im euroraum 2017)

Acemaxx-Analytics hat gesagt…

Die externe Abwertung wird hier nur der Vollständigkeit halber, aus didaktischen Gründen erklärt, als Ergänzung und eine Art Gegenüberstellung.

Anonym hat gesagt…

Beantworten Sie die einfache Frage: wenn der € aus ökonomischer Sicht keinen Sinn macht, welche politischen Vorteile bietet er uns? Politisch bietet Europa zur Zeit ein katastrophales Bild ab!!!

Was den Fiskalstimulus anbetrifft - der ist UNMÜGLICH- garantiert- s.o.